Physiker der Friedrich-Schiller-Universität Jena finden in einer europäischen Kooperation eine Lösung für das steuerbare Trennen von verklebten Nano-Bauteilen. Zum Einsatz kam ein Wasser-Öl-Gemisch, das sich nahe am kritischen Punkt befand.
Eine verblüffende Lösung, miteinander verklebte Nano-Bauteile voneinander zu lösen, entwickelten Physiker der Friedrich-Schiller-Universität Jena gemeinsam mit Fachkollegen aus Düsseldorf, Göteborg, Lyngby und Triest. Ihre Idee besteht darin, die Nano-Bauteile in ein Lösungsmittel zu tauchen, das sich in der Nähe des kritischen Punktes befindet. Im Versuchsaufbau gelang es, die verklebten Teile steuerbar voneinander zu trennen, indem die Temperatur des Lösungsmittels verändert wurde. Ihr erfolgreiches Experiment stellen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature Physics“ vor.
Am kritischen Punkt der Lösung trennen sich die Bauteile voneinander
„Wir haben nach einer Lösung gesucht, die unerwünschte Haftreibung von aneinander reibenden Nano-Teilchen aufzuheben“, erläutert Dr. Falko Schmidt vom Institut für Angewandte Physik der Universität Jena. Diese Haftreibung wird im Englischen stiction genannt, eine Zusammensetzung der Begriffe static und friction, hervorgerufen durch sogenannte Casimir-Kräfte. Diese Kräfte werden durch Fluktuationen hervorgerufen und führen unvermeidlich zum Zusammenkleben der Bauteile. Die Idee der Forscher war es nun, die Bauteile in eine Lösung zu geben, ein Wasser-Öl-Gemisch, in dem ebenfalls Fluktuationen auftreten. Diese Teilchenbewegungen lassen sich über die Änderung der Temperatur steuern. „Das Besondere ist also, dass wir die Fluktuationen nicht unterdrücken, sondern durch andere ersetzen“, sagt Falko Schmidt. Der gewünschte Effekt wurde im Experiment mit Hilfe eines beheizbaren Mikroskop-Objektivs erzielt. Es gelang, ein Goldplättchen über ein strukturiertes metallisches Substrat zu führen. Normalerweise würde das Goldplättchen am Substrat festkleben. Nähert sich die umgebende Flüssigkeit dem kritischen Punkt, also dem Temperaturbereich, bei dem sich Wasser und Öl entmischen, sind die Fluktuationen so stark, dass stiction vermieden wird. Das könne so wirksam sein, dass klebende Bauteile entfesselt und wieder bewegbar gemacht werden können, so das Fazit der Forschungsgruppe.
Ein langer Weg bis zur Lösung eines naheliegenden Problems
Die Experimente führte Dr. Falko Schmidt noch an der Universität Göteborg durch, wo er zudem neue experimentelle Methoden entwickelte, die schließlich zum Erfolg führten. „Die Idee zu diesem Projekt war schnell geboren, da dieses Problem aus der Nanoherstellung eindeutig ersichtlich war“, sagt Schmidt. Doch der Weg zur Lösung sei lang gewesen. Letztlich setzte sich der Ansatz durch, den kritischen Casimir-Effekt durch den quantenelek¬tro¬dynamischen Casimir-Effekt zu dominieren.
Angewendet werden soll die Idee zukünftig, um mikro- und nanoelektromechanische Systeme von mechanischen Reibungsblockaden zu befreien und damit neue wirkungsvolle funktionsorientierte Nano-Bauteile weiterzuentwickeln.
Dr. Falko Schmidt
Institut für Angewandte Physik der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Albert-Einstein-Straße 7, 07745 Jena
Telefon: 03641 / 947986
E-Mail: schmidt.falko@uni-jena.de
F. Schmidt, A. Callegari, A. Daddi-Moussa-Ider, B. Munkbhat, R. Verre, T. Shegai, M. Käll, H. Löwen, A. Gambassi, G. Volpe: „Tunable critical Casimir forces counteract Casimir-Lifshitz attraction“, Nature Physics, (2022), DOI: 10.1038/s41567-022-01795-6
Goldene Nanoteilchen (hexagonal) sind durch Casimirkräfte an Metallstreifen (farblich dargestellt) g ...
Dr. Falko Schmidt
Dr. Falko Schmidt trennt mit einem beheizbaren Mikroskop-Objektiv Nanobauteile voneinander.
Anne Günther/Universität Jena
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Physics / astronomy
transregional, national
Cooperation agreements, Research results
German
Goldene Nanoteilchen (hexagonal) sind durch Casimirkräfte an Metallstreifen (farblich dargestellt) g ...
Dr. Falko Schmidt
Dr. Falko Schmidt trennt mit einem beheizbaren Mikroskop-Objektiv Nanobauteile voneinander.
Anne Günther/Universität Jena
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