Die LEO-Studie 2018 hat einen grundlegenden Einblick in den Stand der Literalität Erwachsener in Deutschland gegeben. Aber die Daten können mehr. Ein interdisziplinäres Team hat mit verschiedenen, den Alltag betreffenden Themen wie familiärer Aufgabenverteilung, Zugang zum Arbeitsmarkt, Online-Banking oder Chatten die Daten erneut ausgewertet. Die entstandene Publikation „Interdisziplinäre Analysen zur LEO-Studie 2018 – Leben mit geringer Literalität“ (Edition ZfE) gibt ein differenziertes und vielfältiges Bild über von Literalität ausgehende weiterführende Fragen.
Die Daten, auf denen die Ergebnisse der LEO-Studie basieren, repräsentieren nur auf den ersten Blick ausschließlich Informationen zu dem eng umgrenzten Forschungsfeld der Literalitätsforschung. Sie bieten vielmehr auch Ausgangspunkte für interdisziplinäre Fragestellungen. In elf Beiträgen greift die Publikation „Interdisziplinäre Analysen zur LEO-Studie 2018 – Leben mit geringer Literalität“ diese auf.
Die Beiträge des Bandes folgen dem gegenwärtigen Grundbildungsdiskurs in Deutschland, der sich aus einer reinen Betrachtung der Lese- und Schreibkompetenz befreit und bildungsrelevante Bezüge zu diversen Lebensbereichen mit einbezieht. Dazu zählen Arbeit und Familie, Digitalisierung, Finanzen, Gesundheit, Politik sowie Migration und Mehrsprachigkeit. Für den Perspektivwechsel haben sich Autorinnen und Autoren aus verschiedenen Wissenschaftsgebieten zusammengefunden und interdisziplinäre Fragestellungen bearbeitet. Die Publikation ist in der Reihe „Edition ZfE“ der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft erschienen.
So lässt sich zeigen, dass die administrative Aufgabenverteilung in Familien vor allem genderabhängig ist – und zwar in besonderem Maße, wenn es um Aufgaben geht, bei denen Kinder im Mittelpunkt stehen, wie die Anmeldung zur Kita oder zur Schule. Ein anderer Beitrag fragt nach, inwiefern Fremd- und Zweitsprachen als Arbeitsmarktressource gelten können und arbeitet heraus, dass das für die englische Sprache sehr wohl zutrifft, weniger jedoch für andere Herkunftssprachen von Personen mit Migrationserfahrung. Im Zusammenhang mit Digitalisierung fragen zwei Beiträge nach der spezifischen Nutzung von als innovativ zu betrachtenden Kommunikationsformen der Chatkommunikation und zeigen: Die kulturpessimistische Befürchtung, dass die Nutzung von Emojis und Abkürzungen im Chat die allgemeine Lese- und Schreibkompetenz beschädige, lässt sich empirisch nicht unterfüttern.
Forschung zu Grundkompetenzen von Erwachsenen steht nicht erst seit der Ausrufung einer Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung durch Bund und Länder im Jahr 2016 auf der forschungspolitischen Agenda, hat seitdem aber deutlich an Aufmerksamkeit gewonnen. Internationale Studien wie die OECD-Studie PIAAC oder nationale Untersuchungen wie das Nationale Bildungspanel (NEPS) oder die LEO-Studien liefern seit Jahren Daten zum Kompetenzniveau von Erwachsenen. Die OECD attestierte bereits 2013 mehr als 15 Prozent der Erwachsenen sehr geringe Lesekompetenz. Die LEO-Studie untersucht ganz konkret diesen unteren Kompetenzbereich und berichtete zuletzt von mehr als sechs Millionen Deutsch sprechenden Erwachsenen, die beim Lesen und Schreiben die Ebene einfacher Sätze kaum überschreiten.
Klaus Buddeberg
Universität Hamburg
Fakultät für Erziehungswissenschaft
Tel.: +49 40 42838-9464
E-Mail: klaus.buddeberg@uni-hamburg.de
Anke Grotlüschen, Klaus Buddeberg, Heike Solga (Hrsg.) (2023): Interdisziplinäre Analysen zur LEO-Studie 2018 – Leben mit geringer Literalität. Vertiefende Erkenntnisse zur Rolle des Lesens und Schreibens im Erwachsenenalter. 1. Aufl. Wiesbaden: Springer VS (Edition ZfE). https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-38873-7
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-38873-7 - Originalpublikation
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Politics, Social studies, Teaching / education
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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