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02/28/2023 11:02

„To translate Science into Product Candidates! “

Karola Neubert Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Zentrum für Infektionsforschung

    Ein Gespräch mit dem neuen Leiter der Impfstoffentwicklung im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF).

    Im Oktober 2022 hat Dr. Klaus Schwamborn die Leitung der Impfstoffentwicklung im Translational Project Management Office (TPMO) des DZIF übernommen. Das TPMO unterstützt die Produktentwicklung, von Wirkstoffen bis hin zu Impfstoffen, und berät oder unterstützt die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler insbesondere bei der Translation von der Forschung in die Klinik, aber auch bei operativen und produktrelevanten Aspekten. Neben Impfstoffen wird Klaus Schwamborn auch die Entwicklung von therapeutischen Antikörpern begleiten. Wir sprachen mit ihm über seine Pläne.

    Herr Schwamborn, Sie sind für das DZIF mit der ganzen Familie und Sack und Pack von Frankreich nach Deutschland umgezogen. Was hat Sie an der neuen Aufgabe als „Produktentwickler“ gereizt?

    Ich bin bei der französischen Firma Valneva, die vor allem Impfstoffe entwickelt und vermarktet, über fast zehn Jahre gewesen und da fragt man sich natürlich, wie möchte man sich weiterentwickeln, was möchte man gern erreichen und wie kann man seine Erfahrung am besten einbringen. Was mich immer sehr stark interessiert hat ist die Translation, also Wissenschaft und Innovation in einen Produktkandidaten zu bringen. Das ist ein wichtiger Punkt, der mich beim DZIF gereizt hat: Diese Translationskandidaten, insbesondere Vakzine, voranzubringen in die Klinik und in Zusammenarbeit mit Partnern oder Ausgründungen weiter auf den Markt. To translate Science into Product Candidates! Und da bringe ich viel Erfahrung von Valneva und anderen Firmen mit, die ich frühzeitig beisteuern möchte und damit auch die Richtung der Innovationen beeinflussen kann. Das ist für mich so interessant, dass ich den Umzug und alles, was damit auch für meine Familie zusammenhängt, in Kauf genommen habe. Momentan fühle ich mich tatsächlich eher noch etwas als Stranger im eigenen Land nach so vielen Jahren im Ausland.

    Welche Erfahrungen aus Ihrer Arbeit in verschiedenen Pharmafirmen möchten Sie konkret in das DZIF einbringen?

    Ich bin jetzt rund zwanzig Jahre in der Industrie und es ist definitiv noch einmal eine große Herausforderung und Umstellung, aus der Industrie in diesen Non-Profit-Bereich zu wechseln. In der Industrie geht es in erster Linie darum, kommerziellen Erfolg zu haben. Das DZIF hat dagegen den Ansatz, sich sehr breit aufzustellen, auch was Krankheiten und Indikationen angeht, und es hat andere Möglichkeiten, auch Dinge zu bearbeiten, die nicht unbedingt zu Blockbustern führen. Trotzdem ist dieser translationale Gedanke, das heißt die Entwicklung zum Produkt hin, ein wesentliches Ziel im DZIF. Ich kann natürlich sehr viel aus dieser produktorientierten Herangehensweise mitbringen. Im Translational Project Management Office haben wir das Ziel, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler frühzeitig darauf hinzuweisen, wie ein Produktkandidat entwickelt wird. Das fängt ganz einfach damit an, welche Experimente auch in der Präklinik gemacht werden müssen, um kompetitiv zu sein. Die translationale Forschung ist sehr wichtig und wir sollten das Ziel haben, Kandidaten in die Klinik zu bringen. Ultimativ sollten diese Produktkandidaten mit industriellen Partnern auf den Markt kommen. Deswegen bin ich geholt worden, um mit der industriellen Erfahrung die Wissenschaftler zu begleiten als auch natürlich neue Impulse zu geben.

    Wann sind Sie Ansprechpartner für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler?

    Ich bin prinzipiell immer bereit für ein Brainstorming. Das kann sehr früh sein, wenn jemand eine Idee hat: Wir haben einen neuen viralen Vektor, ein Antigen identifiziert, welche Plattform sollten wir benutzen, welche Immunantwort ist zu erwarten, welche regulatorischen Fragen müssen wir beantworten? Es kann aber auch zu einem Zeitpunkt sein, wo eine Marktanalyse notwendig wird. Man muss versuchen, diese Marktanalysen frühzeitig mit einzubringen: Wird der Kandidat gebraucht, gibt es Individuen, die so einen Antikörper, eine Vakzine benötigen, wer arbeitet sonst daran? Ich bin Ansprechpartner für alle Phasen des Projektes, vom Anfang bis zum Ende. Ich kann nur alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen ermutigen, frühzeitig mit mir Kontakt aufzunehmen.

    Welche Projekte im DZIF haben für Sie derzeit Priorität?

    Wir haben Leuchtturmprojekte, die wir ständig begleiten. Bei Vakzinen halte ich zum Beispiel zurzeit drei Projekte für sehr vielversprechend. Zum einen die Entwicklung eines Impfstoffes gegen das Epstein-Barr-Virus (EBV), ein Virus, das in Jugendlichen eine relativ harmlose Krankheit verursacht, aber später zu chronischem Erschöpfungssyndrom führen kann. Zudem steht EBV im Zusammenhang mit verschiedenen Krebsentstehungen und es gibt Hinweise darauf, dass das Virus in einem Zusammenhang mit Multipler Sklerose steht. Eine Vakzine ist daher wichtig und der Kandidat, der im DZIF von Wolfgang Hammerschmidt entwickelt wurde, ist sehr aussichtsreich. 2024 könnte er in die Klinik gehen. Ein anderes Projekt, eine therapeutische Impfung gegen chronische Hepatitis B, wird von Ulrike Protzer entwickelt. Wenn das klappt, wäre es ein echter Game-Changer. Sehr interessant ist auch eine Vakzine gegen das MERS-Coronavirus, die momentan noch in Phase I ist, aber die Vorbereitungen für Phase II innerhalb eines Konsortiums sind auf dem Wege. Die saudi-arabischen Behörden sind sehr interessiert daran, denn dort ist es definitiv eine Bedrohung. Das Virus wird von Dromedaren auf Menschen übertragen, kann aber auch von Mensch zu Mensch übertragen werden.

    Wie wollen Sie neue produktorientierte Projekte identifizieren?

    Man muss sehr sorgfältig Projekte evaluieren und die Kriterien der Förderung genau anschauen. Ich sehe in einigen Projekten einen Mangel an Geldern, Aufstockungsanträge sind zeitaufwändig und mit sehr viel Bürokratie verbunden. Ich denke, dass die Rahmenbedingungen der Förderung des DZIF in Zukunft unbürokratischer werden müssen. Zum anderen muss man sich frühzeitig mit anderen Industrien und Venture Capital verbinden, denn das DZIF kann es mit seinen Mitteln nur bis Phase I, maximal Phase II bringen – und dies meist nur in Verbindung mit Finanzierungen von außerhalb. Wir müssen uns auch über die gesamte Pipeline Gedanken machen, die Identifizierung und Priorisierung neuer Kandidaten und damit verbunden auch über das jeweils notwendige Budget. Ich möchte auf jeden Fall dazu beitragen sicherzustellen, dass die Pipeline nicht trocken läuft.

    Ist das DZIF strukturell gut aufgestellt, um diese Ziele zu erfüllen?

    Das DZIF hat hervorragende Arbeit geleistet in den letzten zehn Jahren. Manche Ziele wird man aber mit der derzeitigen Struktur des DZIF wahrscheinlich nur schwierig erreichen. Das DZIF ist als Netzwerk aufgebaut und man sollte sich zum Beispiel überlegen, mit welchen adaptierten Strukturen wir stärkere Hebel implementieren können. Dabei können wir auch von der Entwicklung anderer Non-profit-Organisationen lernen.
    Wagen Sie einen Blick in die Zukunft: Wo sehen Sie das DZIF in zehn Jahren?
    Ich bin schon mit der Idee gekommen, in den nächsten fünf bis zehn Jahren Visionen mit allen wichtigen Stakeholdern zu realisieren. Die Visionen sind da, die Frage ist, wie mutig wir sind. Das DZIF sollte sich in den nächsten Jahren noch stärker internationalisieren. Und man muss sehr smart und fokussiert sein. Wir dürfen nicht versuchen, alles zu machen. Das DZIF muss strategische Entscheidungen treffen, um den Translationsgedanken erfolgreich voranzutreiben. Mein Anspruch als Leiter der Impfstoffentwicklung im DZIF: Wir wollen in die Klinik und Produktkandidaten generieren! Dann kann das DZIF sich in den nächsten Jahren weiter zu einer Top-Adresse in Europa etablieren.

    Zur Person:
    Nach einem Studium der Molekular- und Zellbiologie in Köln und Göttingen zog es Klaus Schwamborn als Postdoc an das Institut Pasteur in Paris. Danach ging er im Jahr 2001 als Wissenschaftler zu Celgene (heute BMS) in die USA, wo er erste industrielle Erfahrungen erwarb. Im Jahr 2007 übernahm Klaus Schwamborn die Rolle als Direktor und Chef-Entwickler bei Pepscan Therapeutics (heute BIOSYNTH) in den Niederlanden. Seit 2013 bis 2022 arbeitete er für die französische Firma Valneva in Nantes, als Vice President war er vor allem zuständig für die Forschung, Innovation und das Scouten neuer Impfstoffe. Im Oktober 2022 konnte das DZIF Klaus Schwamborn für die Leitung der Impfstoffentwicklung gewinnen.


    Contact for scientific information:

    Dr. Klaus Schwamborn
    E-Mail: klaus.schwamborn(at)dzif.de


    Images

    Dr. Klaus Schwamborn
    Dr. Klaus Schwamborn
    Stefanie Lohde
    HZI


    Criteria of this press release:
    Business and commerce, Journalists
    Medicine
    transregional, national
    Personnel announcements
    German


     

    Dr. Klaus Schwamborn


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