Gut ausgebaute digitale Infrastruktur mit einem leistungsfähigen Netz sowie die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte vor Ort sind Unternehmen bei der Auswahl ihres Standorts wichtiger als niedrige kommunale Steuern und Gebühren. Investitionen in die öffentliche Infrastruktur sind daher ein wirksameres Instrument als Steuervergünstigungen, um Unternehmen anzuziehen. Das belegt der März-Bericht des German Business Panel (GBP) an der Universität Mannheim.
Die kommunale Gewerbesteuer gilt häufig als Lockmittel für unternehmerische Investitionen. Ist sie niedrig angesetzt, bedeutet das weniger Kosten für Unternehmen und damit einen handfesten wirtschaftlichen Standortvorteil. Doch bei unternehmerischen Entscheidungen spielen auch andere regionale Gegebenheiten wie Infrastruktur, Schulen, Kitas, eine gute Autobahnanbindung oder Wirtschaftsförderung eine Rolle. Auf welche Faktoren Unternehmen besonders hohen Wert legen, zeigen die neuesten Erhebungen des GBP.
Demnach stellt eine leistungsfähige digitale Infrastruktur in den Kommunen den wichtigsten Standortfaktor dar. Unternehmen machen ihre Investitionsentscheidungen also davon abhängig, ob ein schnelles Internet mit Breitbandnetzen vor Ort vorhanden ist. „Verzögerungsfreie Datenübertragung ist vor allem deshalb entscheidend, weil viele zukunftsträchtige Anwendungen, wie etwa Cloud-Dienstleistungen, besonders datenintensiv sind“, sagt Prof. Dr. Johannes Voget, Inhaber des Lehrstuhls für Taxation und Finance an der Universität Mannheim und wissenschaftlicher Projektleiter des GBP. Die Erhebungen zeigen ferner, dass qualifizierte Arbeitskräfte vor Ort, eine gute Verkehrsinfrastruktur sowie geeignete Gewerbeflächen ebenfalls über die Attraktivität einer Gemeinde als potenzieller Unternehmensstandort entscheiden.
Im Vergleich dazu sind niedrige lokale Steuern und Gebühren nur von mittlerer Bedeutung. Die geringere Wichtigkeit von Steueranreizen zeigt sich auch daran, dass viele Unternehmen ihre Steuersparmöglichkeiten durch Wegzug zu niedrig ansetzen: Insgesamt 82 Prozent der Befragten unterschätzen den Anteil an Kommunen mit niedrigen Gewerbesteuerhebesätzen im bundesweiten Vergleich, wie die Daten des GBP im Vergleich mit den Daten der Gemeinden belegen. „Allein wegen einer günstigen Steuer ziehen nur wenige Unternehmen um“, erklärt Prof. Dr. Davud Rostam-Afschar, der die Studie durchgeführt hat. „Viele Unternehmen betrachten die öffentlichen Investitionen in bessere Standortbedingungen als Gegenleistung für die Steuern, die sie zahlen. Unter den Kommunen besteht also nicht nur der Wettbewerb um niedrigere Steuern, sondern auch um die Lebens- und Arbeitsqualität des Standortes, um Unternehmensinvestitionen anzuziehen“, so der Studienleiter weiter.
Gefragt wurde zudem, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Unternehmen in den folgenden zwei Jahren an bestimmten Standorten investieren wollen. Das Ergebnis: 15 Prozent von ihnen planen Investitionen außerhalb ihres Hauptstandorts. Für sie könnte die Wettbewerbsfähigkeit der Standorte letztendlich den Ausschlag dafür geben, wohin ihre mittelfristigen Investitionen gehen. Steuern spielen dabei eine geringere Rolle als bisher bekannt.
Der Bericht zeigt ferner, dass sich die betriebswirtschaftliche Lage der Unternehmen trotz konjunktureller Sorgen weiter stabilisiert hat: Aktuell rechnen Unternehmen in Deutschland damit, dass ihre Umsätze (+5,6 Prozent), Investitionen (+4,9 Prozent) und Gewinne (+1,5 Prozent) relativ zum Vorjahr steigen.
Weitere Informationen zum GBP-Monitor
Das German Business Panel befragt monatlich mehr als 800 Unternehmen zur Unternehmenslage in Deutschland und erhebt dabei Daten zu 1) erwarteten Umsatz-, Gewinn- und Investitionsänderungen, 2) unternehmerischen Entscheidungen, 3) der erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeit in der Branche und 4) der Zufriedenheit mit der Wirtschafspolitik. Zudem wird jeden Monat zu besonders aktuellen Fragen berichtet.
Hintergrundinformationen zum German Business Panel
Das German Business Panel ist ein langfristiges Befragungspanel des DFG-geförderten überregionalen Projektes „Accounting for Transparency“ (https://www.accounting-for-transparency.de/). Der Sonderforschungsbereich (SFB) „TRR 266 Accounting for Transparency“ startete im Juli 2019 und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für zunächst vier Jahre gefördert. Er ist der erste SFB mit betriebswirtschaftlichem Schwerpunkt. Am SFB sind rund 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von neun Universitäten beteiligt: Universität Paderborn (Sprecherhochschule), Humboldt-Universität zu Berlin und Universität Mannheim, zudem Forscherinnen und Forscher von der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie der ESMT Berlin, Frankfurt School of Finance & Management, Goethe-Universität Frankfurt am Main und WHU - Otto Beisheim School of Management. Die Forscherinnen und Forscher untersuchen, wie Rechnungswesen und Besteuerung die Transparenz von Unternehmen beeinflussen und wie sich Regulierungen und Unternehmenstransparenz auf Wirtschaft und Gesellschaft auswirken. Das Fördervolumen des SFBs beträgt rund 12 Millionen Euro.
Prof. Dr. Davud Rostam-Afschar
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1645
E-Mail: rostam-afschar@uni-mannheim.de
Prof. Dr. Johannes Voget
Lehrstuhl für ABWL, Taxation und Finance
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-3538
E-Mail: voget@bwl.uni-mannheim.de
Yvonne Kaul
Forschungskommunikation
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1266
E-Mail: kaul@uni-mannheim.de
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Criteria of this press release:
Journalists
Economics / business administration
transregional, national
Research results, Transfer of Science or Research
German
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