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06/03/2004 14:22

RUB-Medizin: Neue Impulse für Körper und Seele

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    "Die Bedeutung der psychosozialen Fächer in Deutschland nimmt endlich wieder zu", sagt Prof. Dr. Monika Hasenbring (Abteilung für Medizinische Psychologie und Soziologie der RUB). Im maroden deutschen Gesundheitssystem und in der Medizinerausbildung spielen die Erkenntnisse der medizinischen Psychologie und Soziologie eine zentrale Rolle, um neue Wege in der Patientenversorgung zu gehen. Eine aktuelle Bestandsaufnahme tragen Experten auf dem Kongress "IMPULSE" ab heute in der Ruhr-Universität Bochum zusammen (bis 5.6.).

    Bochum, 03.06.2004
    Nr. 175

    Neue Impulse für Körper und Seele
    RUB-Kongress: Medizinische Psychologie und Soziologie
    Patientenversorgung und psychosoziale Faktoren im Gesundheitswesen

    "Die Bedeutung der psychosozialen Fächer in Deutschland nimmt endlich wieder zu", sagt Prof. Dr. Monika Hasenbring (Abteilung für Medizinische Psychologie und Soziologie der RUB). Im maroden deutschen Gesundheitssystem und in der Medizinerausbildung spielen die Erkenntnisse der medizinischen Psychologie und Soziologie eine zentrale Rolle, um neue Wege in der Patientenversorgung zu gehen. Eine aktuelle Bestandsaufnahme tragen Experten auf dem Kongress "IMPULSE" ab heute in der Ruhr-Universität Bochum zusammen (bis 5.6.). Es ist der dritte gemeinsame Kongress der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Psychologie (DGMP) und der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS).

    Programm im Internet

    Das ausführliche Kongressprogramm steht im Internet unter
    http://www.dgmp-dgms-2004.rub.de/

    Neu belebte psychosoziale Fächer

    "Veränderungen in der Medizin sind seit jeher Impulsgeber für Neuerungen in den psychosozialen Fächern", sagt Organisatorin und Veranstalterin Prof. Monika Hasenbring. "Aktuell stehen wir vor einer Vielzahl von Entwicklungen in medizinischer Forschung und Entwicklung - zum Beispiel durch fachübergreifende Zusammenarbeit von Ärzten, das so genannte "shared decision making", durch molekularbiologische Arbeiten zur Genetik, durch neue bildgebende Verfahren, die psychische Vorgänge anschaulich machen: Damit wird ein beinah vergessenes Forschungsgebiet mit neuem Leben erweckt." Das zeige sich unter anderem daran, dass Medizinische Psychologie und Soziologie im Ausbildungsgang für Ärzte etabliert habe - als "Reaktion auf die zunehmende Technisierung der Medizin", so Hasenbring. Die Methoden und Ansätze der psychosozialen Fächer spielen daher eine zentrale Rolle in neuen Lehrkonzepten: "von der Approbationsordnung für Ärzte mit ihrer Betonung der Interdisziplinarität, der Kliniknähe des Unterrichts bis hin zu den neuen Modellstudiengängen, zum Beispiel an der RUB, an denen unsere Fächer wesentlich beteiligt sind."

    Die kranke Krankenversorgung

    Der Kongress in Bochum legt zugleich den Finger in die Wunde des Gesundheitswesens. "Das deutsche Gesundheitssystem ist krank", sagt Prof. Dr. Holger Pfaff (Abteilung für Medizinische Soziologie der Universität zu Köln und 1. Vorsitzender der DGMS). "Die Situation im Gesundheitswesen ist durch Rat- und Hilflosigkeit gekennzeichnet", so Pfaff. "Diese Hilflosigkeit resultiert daraus, dass man nicht genug darüber Bescheid weiß, wie das komplizierte Gesundheitswesen funktioniert." Die drei zentralen Fragen - was geschieht im Versorgungssystem, warum und mit welchen Folgen? - könnten derzeit nicht ausreichend beantwortet werden. Damit die Wissenschaft eine Lösung für dieses Problem anbieten kann, sei eine Neuorganisation der Forschung nötig: "Sie muss das psychologische Wissen über das Verhalten des Menschen und das soziologische Wissen über soziale Systeme (zum Beispiel Arztpraxis, Krankenhaus, Gesundheitswesen) bündeln und lösungsorientiert ausrichten", sagt Pfaff. Der gemeinsame Kongress der beiden Gesellschaften habe sich daher der Aufgabe verschreiben, die Versorgungsforschung voranzubringen.

    Gesundheitliche Ungleichheit in Deutschland

    Ein Aspekt der aktuellen Situation im Gesundheitswesen ist die soziale Ungleichheit: Unterscheide zwischen Personen mit niedrigem und hohem sozialen Status erforscht Dr. Andreas Mielck (GSF - Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Neuherberg). Zwar gewährleiste die gesetzliche Krankenversicherung das "Solidaritätsprinzip" - ein Angebot der gesundheitlichen Versorgung, das weitgehend unabhängig vom Einkommen ist. "Gleiches Angebot bedeutet jedoch nicht gleiche Inanspruchnahme", so Mielck. Studien zeigten, dass "untere Statusgruppen" weniger Leistungen in Anspruch nehmen, zum Beispiel bei Früherkennungsuntersuchungen für Kinder, Maßnahmen der Früherkennung und Gesundheitsförderung für Erwachsene oder Sanierung erkrankter Zähne. Mielck fordert größere Anstrengungen, um die "gesundheitliche Ungleichheit" in Deutschland zu verringern. "Andere westeuropäische Staaten unternehmen mehr", so Mielck, "dort gibt es zum Beispiel nationale Forschungsprogramme, evaluierte Projekte, umfassende Berichte mit konkreten Empfehlungen und vor allem auch Programme der Regierung, diese Empfehlungen umzusetzen."

    Länger leben durch richtiges Verhalten

    Zu den gesellschaftlichen kommen die psychologischen Faktoren in der Patientenversorgung, die entscheidend Einfluss auf Therapie und Genesung haben. Wie wichtig das individuelle Verhalten und die innere Einstellung sind, zeigt eine Studie des Deutschen Herzzentrums Berlin mit herzimplantierten Patienten: Wer seine Angst zulässt, statt sie zu verleugnen und zu verdrängen, lebe nach der schweren Operation länger, so Dr. Wolfgang Albert: "Das Ausschalten von Gefühlen ist ein schlechter Prognosefaktor für das Überleben nach einer Herztransplantation." Eine gute physische und psychische Langzeitlebensqualität zeigten die Patienten, die sich ihren Problemen aktiv stellen, ein unterstützendes soziales Umfeld haben und die vor der Operation eine "der bedrohlichen Situation angemessene Angst bzw. depressive Gestimmtheit zeigen", so Albert zu den Ergebnissen der Studie.

    Psychobiologie des Schmerzes

    Wie verhalte ich mich richtig, wenn die Kopf- oder Rückenschmerzen immer wieder kommen? Statt Schmerz, insbesondere chronischen Schmerz, nur als "Körperliche Gesundheitsstörung" zu betrachten, ist der Ansatz der psychosozialen Fächer ein anderer: "Wir haben neue Erkenntnisse, dass wir den Schmerz als ein Wechselspiel des Körpers, der Seele und sogar des sozialen Umfelds begreifen müssen", sagt Prof. Dr. Thomas Kohlmann (Institut für Community Medicine, Universität Greifswald): "Ergebnisse von Studien zeigen, dass psychosoziale Faktoren wie chronische Alltagsbelastungen, die Körper- und Selbstwahrnehmung oder auch die Schmerzbewältigung eine zentrale Rolle spielen in der Entwicklung chronischer Schmerzerkrankungen.". In drei bundesweiten Netzwerken laufen derzeit Studien über die Ursachen, Diagnose und Therapie von Kopf-, Rücken- und neuropathischen Schmerzen ("Forschungsverbünde für Schmerzforschung", gefördert vom BMBF). "Psychosoziale Faktoren stehen in zahlreichen Projekten dieser Forschungsverbünde im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses", so Kohlmann, was die aktuelle Bedeutung der Medizinischen Psychologie und Soziologie verdeutliche.

    Weitere Informationen

    Prof. Dr. Monika Hasenbring, Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Medizinische Fakultät der RUB, MA 0/145, Tel. 0234/32-25439, E-Mail: monika.hasenbring@rub.de


    More information:

    http://www.dgmp-dgms-2004.rub.de/


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    Criteria of this press release:
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Psychology, Social studies
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Scientific conferences
    German


     

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