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03/20/2023 15:56

Neutrinos erstmals in Teilchenbeschleuniger nachgewiesen

Nathalie Matter Media Relations, Universität Bern
Universität Bern

    Ein Team mit Beteiligung von Forschenden der Universität Bern hat erstmals Neutrinos nachgewiesen, die von einem Teilchenbeschleuniger erzeugt wurden, namentlich vom Large Hadron Collider (LHC) des CERN. Die Entdeckung wird dabei helfen, das Verständnis dieser Elementarteilchen zu vertiefen, die zu den am häufigsten vorkommenden Teilchen im Universum gehören. Und sie wird zur Beantwortung der Frage beitragen können, warum es mehr Materie als Antimaterie gibt.

    Neutrinos sind Elementarteilchen, die in der Frühphase des Universums eine wichtige Rolle spielten. Sie sind der Schlüssel, um mehr über grundlegende Naturgesetze zu erfahren, wie etwa die Fragen danach, wie Teilchen Masse erlangen und warum es im Universum mehr Materie als Antimaterie gibt. Obwohl sie zu den am häufigsten vorkommenden Teilchen im Universum gehören, sind Neutrinos sehr schwer zu erforschen, da sie selten mit anderer Materie interagieren. Sie werden daher oft als «Geisterteilchen» bezeichnet.

    Ihre Existenz ist schon seit mehreren Jahrzehnten bekannt, und Neutrinos waren sehr wichtig für die Etablierung des Standardmodells der Teilchenphysik. Aber die meisten bisher von Physikerinnen und Physikern untersuchten Neutrinos waren niederenergetische Neutrinos. Noch nie konnte bisher ein Neutrino nachgewiesen werden, das an einem Teilchenbeschleuniger bei hoher Energie erzeugt wurde. Nun ist genau das einem internationalen Team mit Beteiligung von Forschenden des Laboratoriums für Hochenergiephysik (LHEP) der Universität Bern gelungen. Mit dem FASER-Teilchendetektor am CERN in Genf konnte das Team erstmals sehr hochenergetische Neutrinos nachweisen, die von einer neuen Quelle erzeugt wurden: dem Large Hadron Collider (LHC) des CERN. Dieses Ergebnis gab die internationale FASER-Kollaboration am Sonntag, 19. März 2023 auf der MORIOND EW-Konferenz in La Thuile, Italien, bekannt.

    FASER ermöglicht Untersuchung von hochenergetischen Neutrinos

    Die Eigenschaften von Neutrinos werden seit ihrer Entdeckung 1956 durch die Physiker Clyde L. Cowan und Frederick Reines in zahlreichen Experimenten untersucht. Eines der führenden Experimente ist das Deep Underground Neutrino Experiment (DUNE), das gerade in den USA gebaut wird. Die Universität Bern leistet dazu einen wesentlichen Beitrag. Experimente wie DUNE sind darauf ausgerichtet, viele verschiedene Eigenschaften von Neutrinos aus unterschiedlichen Quellen untersuchen können. Jedoch sind diese Experimente nicht auf sehr hochenergetische Neutrinos zugeschnitten.

    Erzeugen kann solche hochenergetischen Teilchen beispielweise der LHC am CERN, indem man zwei Teilchenstrahlen mit extrem hoher Energie aufeinanderprallen lässt. Bisher wurden jedoch Neutrinos noch nie an einem Teilchenbeschleuniger wie dem LHC nachgewiesen, weil sie den grossen Detektoren entkommen, ohne Spuren zu hinterlassen.

    Um diese Lücke zu schliessen, wurde das FASER-Experiment ins Leben gerufen. «Im FASER-Experiment untersuchen wir Neutrinos, die vom LHC am CERN mit sehr hoher Energie erzeugt wurden. Ziel ist es, herauszufinden, wie diese Neutrinos entstehen, ihre Eigenschaften zu studieren sowie nach neuen Elementarteilchen zu suchen», sagt Akitaka Ariga, Leiter der FASER-Gruppe am Laboratorium für Hochenergiephysik (LHEP) der Universität Bern, welches Teil des Physikalischen Instituts und des Albert Einstein Center for Fundamental Physics (AEC) ist. «Das FASER-Experiment stellt eine einzigartige Idee dar, an der Schnittstelle zwischen den Teilchenbeschleunigern und der Neutrinophysik. Oft sind es genau diese neuen Ansätze, die neue Entdeckungen ermöglichen», sagt Michele Weber, Direktor des LHEP der Universität Bern.

    Versteckt sich mehr Physik in Neutrinos?

    Für die aktuelle Beobachtung von Neutrinos analysierte das FASER-Team Daten, die im Jahr 2022 am LHC aufgezeichnet wurden. Dabei konnte das Team 153 Ereignisse identifizieren, bei denen es sich mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit um Neutrino-Interaktionen handelt. Diese so von FASER entdeckten Neutrinos sind die energiereichsten, die jemals in einem Labor erzeugt wurden. Sie ähneln den Neutrinos, die als kosmische Strahlung auf die Erde treffen und sogenannte Teilchenschauer in der Atmosphäre bzw. Erde auslösen. Daher sind sie auch ein Werkzeug für Forschende, um Beobachtungen in der Astroteilchenphysik besser zu verstehen.

    «Diese Entdeckung ist ein Meilenstein, da wir eine Neutrinoquelle mit unerforschten Eigenschaften erschliessen», sagt Akitaka Ariga. Das neu präsentierte Ergebnis ist nur der Anfang einer Reihe von Untersuchungen, die noch durchgeführt werden. Das FASER-Experiment wird bis Ende 2025 Daten aufnehmen. «Vielleicht finden wir mit den hochenergetischen Neutrinos bisher ‘unentdeckte Physik’», sagt Akitaka Ariga.

    Dieses Projekt wurde vom Europäischen Forschungsrat (ERC) im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon 2020 der Europäischen Union gefördert (Fördervereinbarung Nr. 101002690, FASERnu)

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    Universität Bern leitet FASERnu-Experiment

    Das FASER-Experiment besteht aus dem FASER-Detektor, der speziell auf die Suche nach neuen Elementarteilchen, wie zum Beispiel Kandidaten für die dunkle Materie (dunkle Photonen), ausgerichtet ist, und dem Neutrinodetektor FASERnu. Dieser Detektor untersucht Teilchenkollisionen, die im Zentrum des grossen ATLAS-Teilchendetekors des Large Hadron Collider (LHC) am CERN stattfinden. Am ATLAS-Detektor ist eine Forschungsgruppe von Michele Weber beteiligt. Die Forschungsgruppe von Akitaka Ariga ist bereits seit der Konzeption im FASER-Experiment involviert und leitet das FASERnu-Experiment, welches zwischen 2022 und 2025 Daten sammelt. Mit dem FASERnu-Detektor können die Eigenschaften von allen drei verschiedenen Neutrino-Arten (Elektron-, Myon- und Tau-Neutrinos) mit bisher unerreichter Genauigkeit untersucht werden.

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    Das Laboratorium für Hochenergiephysik (LHEP)

    Das Laboratorium für Hochenergiephysik (LHEP) ist eine Abteilung des Physikalischen Instituts der Universität Bern gehört zum Albert Einstein Center for Fundamental Physics (AEC). Es forscht im Gebiet der experimentellen Teilchenphysik.

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    Albert Einstein Center for Fundamental Physics

    Das Albert Einstein Center for Fundamental Physics (AEC) wurde 2011 gegründet. Sein Ziel ist es, Forschung und Lehre in der Grundlagenphysik an der Universität Bern auf höchster Ebene zu fördern. Der Schwerpunkt liegt auf der experimentellen und theoretischen Teilchenphysik und ihren Anwendungen (z.B. Medizinphysik), sowie auf den damit verbundenen Spin-off- und Outreach-Aktivitäten.

    Das AEC wurde unter Mitwirkung des Instituts für Theoretische Physik (ITP) und des Labors für Hochenergiephysik (LHEP) der Universität Bern gegründet. Mit seinen über 100 Mitgliedern ist das AEC eine der grössten universitären Gruppen von Forschenden, die in der Schweiz auf dem Gebiet der Teilchenphysik arbeiten, und ein starker Akteur auf internationaler Ebene.


    Original publication:

    Prof. Dr. Akitaka Ariga (englisch)
    Universität Bern, Laboratorium für Hochenergiephysik (LHEP)
    Telefon: +41 31 684 46 04
    E-Mail: akitaka.ariga@lhep.unibe.ch

    Prof. Dr. Michele Weber (deutsch, englisch)
    Universität Bern, Laboratorium für Hochenergiephysik (LHEP)
    Telefon: +41 31 684 51 46
    E-Mail: michele.weber@lhep.unibe.ch


    More information:

    https://www.unibe.ch/aktuell/medien/media_relations/medienmitteilungen/2023/medi...


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    Der FASER-Detektor (Forward Search Experiment) im Tunnel des Large Hadron Collider (LHC) des CERN in Genf
    Der FASER-Detektor (Forward Search Experiment) im Tunnel des Large Hadron Collider (LHC) des CERN in ...

    © 2021-2023 CERN


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    attachment icon Medienmitteilung UniBE

    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Physics / astronomy
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

    Der FASER-Detektor (Forward Search Experiment) im Tunnel des Large Hadron Collider (LHC) des CERN in Genf


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