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07/03/2023 15:06

„Wir kannten nicht das Ausmaß dieser Brutalität“

Stefanie Terp Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin

    Das Buch „Atlas der Abwesenheit – Kameruns Kulturerbe in Deutschland“ ist ab jetzt im Buchhandel / Forscher*innen aus beiden Ländern untersuchten die Geschichte von 40.000 Objekten / „Eine neue Ära beginnt“

    Mehr als 40.000 Objekte wurden während der deutschen Kolonialzeit in Kamerun von 1884 bis 1919 nach Deutschland gebracht. Gezeigt wurden sie hier bisher kaum. Die meisten blieben unsichtbar. Diese Objekte und die nicht aufgearbeitete deutsche Kolonialgeschichte sichtbar zu machen, ebenso wie die Folgen der Abwesenheit ihres materiellen Erbes für die kamerunische Gesellschaft und deren Selbstverständnis, hat sich das deutsch-kamerunische Forschungsvorhaben „Umgekehrte Sammlungsgeschichte – Mapping Kamerun in deutschen Museen“ zur Aufgabe gemacht. Entstanden ist ein 520 Seiten starker „Atlas der Abwesenheit – Kameruns Kulturerbe in Deutschland“, der gedruckt jetzt, Anfang Juli 2023 in den Buchhandel kam.

    „Unsere Erkenntnisse sind so enorm, dass sich auf jeder der 520 Seiten des Buches schon drei bis vier weiterführende Projekte aufdrängen. Da gibt es detaillierte Einblicke über die schiere Gewalt, mit denen sich die Kolonialherren die Objekte angeeignet haben, und die sie anwendeten, um das Land zu beherrschen: Verbrennungen, Massenvergewaltigungen, Hunderte von Seiten über die sogenannten ‚Strafexpeditionen‘, die wirklich sehr verstörend sind. Wir wussten, dass Museumsobjekte mit Gewalt zusammenhängen, aber wir kannten nicht das Ausmaß dieser Brutalität. Denn obwohl die Museen immer argumentierten, zu sammeln, um die Sammlungen irgendwann wissenschaftlich zu bearbeiten, ist in den letzten 100 Jahren fast nichts gemacht worden“, so die Projektleiterin Prof. Dr. Bénédicte Savoy vom Fachgebiet Kunstgeschichte der Moderne der TU Berlin.

    „Jetzt fängt eine neue Ära an“
    „Ein Fazit, das wir auch im Atlas begründen, ist, dass die Beweislast umgekehrt werden soll. Es dürfen nicht mehr die Afrikaner sein, die den Museen sagen sollen, was dort unrechtmäßig steht. Sondern Museen müssen von sich aus zurückgeben, beziehungsweise die Herkunftsländer zumindest informieren, dass Objekte in ihren Depots stehen, die nach Afrika gehören. Vor unserer Forschungsarbeit war das nicht selbstverständlich. Wir waren unwissend. Doch jetzt liegen die Karten auf dem Tisch! Es gibt keine Ausreden mehr. Wir haben mit den 40.000 gefundenen Objekten nun eine Idee davon, was vorhanden ist. Und wir glauben sogar, dass es noch mehr ist. Auf jeden Fall fängt jetzt eine neue Ära an, die auf Ehrlichkeit und Transparenz beruht und mit einer neuen Diplomatie einhergeht“, kommentiert Projektleiter Prof. Dr. Albert Gouaffo, Fachgebiet Deutsche Literatur, Kulturstudien und Interkulturelle Kommunikation an der Université de Dschang/Kamerun.

    Vier Interviews mit den Forschenden
    Welche Bedeutung dieser Atlas hat, wie er zustande kam und welche Erfahrungen die Wissenschaftler*innen aus so unterschiedlichen Kulturen bei der Zusammenarbeit miteinander und auch mit den mehr als 40 Museen und Archiven gemacht haben, darüber erzählen einige von ihnen in den folgenden Interviews:

    Erschütternde Unkenntnis – in Deutschland und in Kamerun
    Projektleiterin Prof. Dr. Bénédicte Savoy, Fachgebiet Kunstgeschichte der Moderne der TU Berlin: https://www.tu.berlin/go227527/

    Wir suchen den Weg gemeinsam - der Anfang ist gemacht!
    Projektleiter Prof. Dr. Albert Gouaffo, Fachgebiet Deutsche Literatur, Kulturstudien und Interkulturelle Kommunikation an der Université de Dschang/Kamerun: https://www.tu.berlin/go227533/

    Unbekannte Geschichte – sowohl in Kamerun als auch in Deutschland wissen die Menschen wenig über die Kolonialzeit
    Dr. Richard Tsogang Fossi, Germanist mit den Schwerpunkten Literatur, Kultur, Kolonialgeschichte und Erinnerung, Post-Doc an der TU Berlin: https://www.tu.berlin/go227548/

    Agenten für die Seele - Viele Objekte haben rituelle, symbolische oder magische Bedeutung
    Mikaél Assilkinga, Germanist mit Schwerpunkt Literatur-, Kultur- und Medienwissenschaft von der Université de Dschang und dem KIT Karlsruhe. Er gehört zum Projektteam und promoviert zum Thema „Macht-Artefakte in deutschen Museen. Von der gewaltsamen kolonialen Ausbeutung bis zur postkolonialen Geschichte“: https://www.tu.berlin/go227542/

    Buchangaben:
    Andrea Meyer und Bénédicte Savoy: Atlas der Abwesenheit – Kameruns Kulturerbe in Deutschland, ISBN 978-3-496-01700-4
    Rezensionsexemplare sind beim Verlag erhältlich: https://www.reimer-mann-verlag.de/

    Kostenfrei als pdf ist das Buch hier erhältlich: Atlas der Abwesenheit - arthistoricum.net - ART-Books (uni-heidelberg.de): https://books.ub.uni-heidelberg.de/arthistoricum/catalog/book/1219

    Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
    Prof. Dr. Benedicte Savoy
    TU Berlin, Fachgebiet Kunstgeschichte der Moderne
    Mail: e.goulko@tu-berlin.de


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    Criteria of this press release:
    Journalists
    Art / design, Cultural sciences, History / archaeology
    transregional, national
    Research results
    German


     

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