Ein Forscherteam hat eine neue Methode namens WildDISCO entwickelt, die herkömmliche Antikörper und fluoreszierende Marker verwendet, um den gesamten Körper eines Tieres bildlich dazustellen. Diese revolutionäre Technik liefert detaillierte 3D-Karten für ein besseres Verständnis von biologischen Systemen und Krankheiten. Mit WildDISCO können komplexe Prozesse in gesunden und kranken Körpern leichter aufgefasst und verstanden werden, wodurch die Technik eine Möglichkeit für bedeutsame Fortschritte in der medizinischen Forschung bietet. Die Technologie wurde nun in der Fachzeitschrift Nature Biotechnology vorgestellt.
In der Vergangenheit waren Wissenschaftler:innen auf genetisch veränderte Tiere oder spezialisierte Marker angewiesen, um bestimmte Strukturen und Zellen im gesamten Körper eines Tieres sichtbar zu machen. Diese Ansätze sind jedoch teuer und zeitaufwendig, insbesondere wenn es sich um körperweite Systeme wie das Nervensystem handelt. Ein Team aus Forschenden von Helmholtz Munich, dem LMU Klinikum und der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) hat nun eine neue Methode namens WildDISCO veröffentlicht, die herkömmliche Antikörper verwendet, um den gesamten Körper von Mäusen zu visualisieren. Dadurch können detaillierte dreidimensionale Karten von gesunden und kranken Strukturen im Körper von Säugetieren auf einfache und kostengünstige Weise erstellt werden.
Im Detail umfasst der Versuchsablauf von WildDISCO die Verteilung von Antikörpern gekoppelt mit fluoreszierenden Markern im gesamten Körper des nicht mehr lebenden Tieres über das Blutgefäßsystem. Im nächsten Schritt werden die Tiere optisch transparent gemacht, indem sie mit bestimmen Chemikalien behandelt werden, um das Gewebe durchlässiger für Lichteinstrahlung zu machen. Daraufhin wird ein Lichtscheibenfluoreszenzmikroskop für die Untersuchung eingesetzt, wobei die Wissenschaftler:innen ein Fluoreszenzsignal detektieren, wo ein spezifischer Antikörper an die Struktur, das Molekül oder die Zelle von Interesse bindet. Fortgeschrittene computergestützte Werkzeuge erstellen körperweite Karten über die Lokalisation der Moleküle, die von Interesse sind.
Der entscheidende Faktor für den Erfolg dieses Projekts war es einen Weg zu finden, wie man einen relativ großen Antikörper gleichmäßig in jeder Zelle eines Tieres verteilt. Prof. Ali Ertürk und sein Team identifizierten ein spezielles Molekül, das die Durchlässigkeit von Zellmembranen erhöht und eine tiefe und gleichmäßige Verteilung von standardmäßigen Antikörpern ohne Aggregation ermöglicht. Ali Ertürk erklärt die Vision hinter dem Projekt: "Zu wissen, wo jedes Protein im Körper vorhanden ist, ist entscheidend, um ein umfassendes Verständnis für die Funktionen des Körpers und die Veränderungen bei komplexen Krankheiten zu erhalten."
WildDISCO stellt Ganzkörper-Atlanten für die wissenschaftliche Gemeinschaft online zur Verfügung
Mit WildDISCO waren die Forscher:innen in der Lage, detaillierte Karten der zellulären Strukturen und schließlich Ganzkörper-Atlanten von Mäusen zu erstellen mit Fokus auf dem Nervensystem, den lymphatischen Gefäßen, den Blutgefäßen und den Immunzellen. Mit dieser Methode entdeckten sie bereits, dass das Darmmikrobiom eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung des enterischen Nervensystems, dem Netzwerk an Nerven entlang des Magen-Darm-Trakts, spielt. Außerdem wurden Tumor-assoziierte lymphoide Strukturen (TLS) im Zusammenhang mit der Ausbreitung von Brustkrebs kartiert, was wiederum Einblicke in die Auswirkungen dieser Strukturen auf die Immunantwort auf Tumore liefert.
Zudem werden diese Atlanten auch über Helmholtz Munich hinaus verwendet, und haben somit einen bedeutenden Einfluss auf die gesamte wissenschaftliche Gemeinschaft. Die hochauflösenden Bilder in Form von Atlanten sind online auf einer Website verfügbar. Die beiden Erstautoren Dr. Hongcheng Mai und Dr. Jie Luo aus dem Labor von Ertürk bei Helmholtz Munich betonen die Vorteile von den Ganzkörper-Atlanten: "Unsere online verfügbaren Atlanten haben bereits Daten für diverse Veröffentlichungen generiert. Wissenschaftler:innen konnten relevante Daten aus unseren Atlanten ziehen, was Zeit und Ressourcen spart und zu einem reduzierten Einsatz von Tieren in der Forschung führt."
Mit Hilfe von KI können Krankheitsverläufe ohne den Einsatz von Tiermodellen vorhergesagt werden
Die Methode bietet bereits jetzt eine Grundlage für die Modellierung von komplexen biologischen Systemen und Krankheiten, indem beispielsweise der Verlauf von Krebsmetastasierung vorhergesagt werden kann und Entscheidungen zur Effektivität bei Krebs-Mikrometastase erleichtert werden. Das Team von Helmholtz Munich arbeitet derzeit daran, das Potenzial von WildDISCO noch weiter zu verbessern. Die Wissenschaftler:innen streben eine gleichzeitige Verwendung mehrerer Antikörper zur Modellierung diverser komplexer Systeme in der Zukunft an.
Darüber hinaus ist das hochwertige und umfangreiche Bildmaterial, das durch WildDISCO generiert wird, genau das, was für das Training von KI-Algorithmen benötigt wird, die von großen Datensätzen profitieren. "Man stelle sich einmal vor, was wir mit diesen Karten erreichen können, wenn wir sie mit der Leistungsfähigkeit des Deep Learning kombinieren," sagt Ertürk. Das Forscherteam will die Kraft der künstlichen Intelligenz nutzen, um komplexe biologische Systeme zu simulieren. Das ultimative Ziel besteht darin, Krankheiten zu verstehen und neue Behandlungsmethoden effizienter zu entwickeln, indem computergestützte Vorhersagen verwendet werden, wodurch auch Tierversuche in der Forschung deutlich reduziert werden können.
Prof. Dr. Ali Ertürk, Leiter des Instituts für Tissue Engineering and Regenerative Medicine bei Helmholtz Munich und Professor am Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung am LMU Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)
Kontakt: ali.erturk@helmholtz-munich.de
Dr. Jie Luo und Dr. Hongcheng Mai, Postdocs am Institut für Tissue Engineering and Regenerative Medicine bei Helmholtz Munich
Mai and Luo et al. (2023): Whole-body cellular mapping in mouse using standard IgG antibodies. Nature Biotechnology. DOI: 10.1038/s41587-023-01846-0
Whole-body map of the mouse nervous system
Ali Ertürk
Helmholtz Munich | ©Ertürk Lab
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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