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06/16/2004 14:46

epiGen-Schalter überführen Krebs

Claudia Brettar Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes

    Die meisten Krebsarten sind heute heilbar - wenn die Tumoren rechtzeitig erkannt werden. Künftig könnte hierfür ein einfacher Bluttest ausreichen: Eine neue Methode zur Krebsfrüherkennung, die ohne Biopsie auskommt, steht im Zentrum eines vom Bundesforschungsministerium mit 2,7 Millionen Euro geförderten Projektes, an dem der Saarbrücker Genetiker Prof. Jörn Walter gemeinsam mit der von ihm mitgegründeten Berliner Firma Epigenomics und dem Bremer Professor Albert Jeltsch arbeitet.
    Basis des Vorhabens ist die Epigenetik - nach der Entzifferung des menschlichen Genoms ist diese Forschungsrichtung, die sich damit befasst, wie die in den Genen liegende Information abgelesen und weiterverarbeitet wird, der Schlüssel zu bislang noch ungelüfteten Geheimnissen des Lebens - etwa des Wachstums, des Alterns oder auch der Entstehung von Krankheiten.

    Für eine frühe Diagnose einiger Krebsarten machen sich die Forscher eine Eigenart der Tumoren zu Nutze: Sie geben Zellen ins Blut ab. Diese Spur kann den Krebs überführen, da in diesen Zellen häufig spezielle Gene angeschaltet sind, die ein unkontrolliertes Wachstum der Tumorzellen ermöglichen. Die Fehlfunktion lässt sich mit Hilfe epigenetischer Analysen an den Genen sichtbar machen; erforderlich sind hierfür lediglich einige Tropfen Blut. Normalerweise sorgen molekulare "Schalter", so genannte DNA-Methylierungen*, dafür, dass die Informationen geordnet angeschaltet und abgelesen werden. Entlang der Chromosomen geben diese Schalter die richtigen "An"- und "Aus"-Befehle und es entsteht aus der Vogelperspektive ein für jede Zelle charakteristischer Ablese-Code.
    Professor Walter, der international zu den führenden Epigenetikern zählt und u.a. das Schwerpunktprogramm "Epigenetik" der Deutschen Forschungs-gemeinschaft initiierte, das er seit 2002 auch koordiniert, hat bereits vor einiger Zeit gemeinsam mit Forscherkollegen eine Technik entwickelt, die es möglich macht, diese Codes zu lesen. Die Wissenschaftler blicken regelrecht in die Zellen hinein und sehen, ob die epigenetischen Ablese-Programme fehlerhaft oder korrekt sind. Allerdings sind die bisher zur Verfügung stehenden Methoden noch nicht empfindlich genug, um die wenigen entarteten Krebszellen im Blut aufzuspüren. Hier setzen die Forscherteams aus Saarbrücken, Berlin und Bremen jetzt an: Gemeinsam arbeiten sie an einer grundlegend neuen Methode, durch die die Methylierungs-Codes im Reagenzglas vervielfältigt und besser sichtbar gemacht werden sollen. Durch diese neue Möglichkeit, die winzigen Krebs-Spuren zu erkennen und zu untersuchen, können die Codes verdächtiger Krebszellen dann ähnlich wie Fingerabdrücke in einer Fahndungsliste katalogisiert werden.
    Mit ihrem Verfahren betreten die Wissenschaftler Neuland: Bei der bereits existierenden DNA-Kopiermethode, der so genannten Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR), werden nämlich die epigenetischen Informationen, die auf der DNA aufsitzen, nicht mitkopiert. Die Forscherteams wollen nun einen neuartigen Cocktail von Enzymen entwickeln, in dem besondere Komponenten in die Kettenreaktion mit eingebaut werden, die die Methylierungen und damit die Ablese-Codes erhalten. So wird in jedem Kopierschritt der DNA-Bausteine auch das alte Methylierungs-Muster im Reagenzglas kopierbar.

    Die Arbeitsgruppe um Professor Walter wird darüber hinaus im Rahmen des Projekts Hefen, die normalerweise keine Enzyme für Methylierungskopien besitzen, mit eben solchen Enzymen von Säugern und auch vom Menschen ausstatten. Walter hofft, so ein "lebendes" Kopiersystem in der Hefe zu etablieren, das eine Vervielfältigung menschlicher Methylierungs-Muster in Hefezellen ermöglicht. Hierdurch würden Krebszellen-Referenzbanken möglich, die einen unverfälschten Eindruck von den menschlichen Zell-Informationen und ihrem methylierten Zustand wiedergeben. Solche Banken könnten dann als epigenetisches Krebsregister fungieren.
    Zusätzlich zu der bio-medizinischen Bedeutung des Projekts im Bereich der Diagnose erhofft sich Walter auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Evolution von genetischen Kontrollmechanismen: Den Saarbrücker Epigenetiker interessieren bei dem Vorhaben auch grundlegende biologische Fragen, etwa wie Hefezellen reagieren, wenn sie ein fremdes Kopiersystem "eingepflanzt" bekommen oder warum einige Organismen ein solches Kopiersystem besitzen und andere nicht.

    Mehr zu den Forschungen von Prof. Walter, insbesondere auch zu den von ihm entdeckten "epigenetischen Waffen der Frau":
    http://www.uni-saarland.de/verwalt/presse/campus/2001/4/22-Epigenetik-f.html
    http://www.uni-saarland.de/fak8/genetik/

    Sie haben Fragen? Dann setzen Sie sich bitte in Verbindung mit Professor Jörn Walter:
    Telefon: 0681-302 4367
    Telefax: 0681-302 2703
    E-Mail: j.walter@mx.uni-saarland.de

    * DNA-Methylierungen: Die abgeschalteten Gene sind markiert durch Methylgruppen, bestehend aus jeweils einem Kohlenstoff- und drei Wasserstoffatomen, die an bestimmte Bausteine (Basen) der Gene angeheftet sind. Als Folge dieser Markierung, auch DNA-Methylierung genannt, wird das Genom an diesen Stellen wie mit einem Passwort geschützt und die dort gespeicherten Informationen sind gesperrt. Im Menschen wird die Methylierung bei jeder Zellteilung auf der kopierten Erbinformation beibehalten. Im Verlauf der Entstehung von Krebs kommt es häufig zu einem unkontrollierten Entfernen der Methylgruppen, so dass Gene (Information) freigeschaltet werden, die Tumorzellen einen Wachstumsvorteil bieten.


    More information:

    http://www.uni-saarland.de/verwalt/presse/campus/2001/4/22-Epigenetik-f.html
    http://www.uni-saarland.de/fak8/genetik/


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    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry, Information technology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

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