Chemie-Nobelpreisträger Kurt Wüthrich spricht am 24. Juni in Jena im Ernst-Abbe-Kolloquium
Jena (18.06.04) Verdrehtes Eiweiß (Protein) - was so harmlos klingt, ist als neurologische Diagnose niederschmetternd. Die verdrehte Form des Prion-Eiweißes, die sich im Hirn ablagert, löst Rinderwahnsinn (BSE) und beim Menschen die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung (CJD) aus. Prionen finden sich zwar in allen Geweben der verschiedensten Lebewesen: in größter Konzentration im zentralen Nervensystem. Doch wenn diese Eiweiße in verdrehter Form auftreten, dann steht eine bisher unheilbare Krankheit bevor. Ob jedoch BSE für CJD verantwortlich ist, darüber ist sich die Wissenschaft noch nicht ganz sicher.
Fest steht aber: Die Struktur der Prionen beim Rind und beim Menschen gleichen sich wie Zwillinge. Ermittelt hat dies Professor Kurt Wüthrich (65). Der Biophysiker von der ETH Zürich und Strukturbiologe am kalifornischen Forschungsinstitut La Jolla erhielt für die Methode, mit der diese Entdeckung möglich wurde, 2002 den Nobelpreis für Chemie. Prof. Wüthrich wird am Donnerstag, den 24. Juni, um 17.00 Uhr im Jenaer Zeiss-Planetarium (Am Planetarium 5) über diese Methode, ihre Herkunft und ihre Zukunft reden. Sein Vortrag "Vom Hämoglobin zum Rinderwahnsinn - 35 Jahre NMR mit Proteinen" hält der vielfach ausgezeichnete Schweizer Wissenschaftler im Rahmen des Ernst-Abbe-Kolloquiums, das die Friedrich-Schiller-Universität Jena gemeinsam mit der Ernst-Abbe-Stiftung ausrichtet. Der Eintritt ist frei.
"Die chemische Struktur der Prion-Proteine von Mensch, Rind und Schwein sind sehr ähnlich", sagt Prof. Wüthrich. Um dies in jahrzehntelanger Arbeit aufzudecken, hat Kurt Wüthrich die Methode der magnetischen Kernresonanzspektroskopie (NMR) weiterentwickelt. NMR ermöglicht es über die Betrachtung der magnetischen Ausrichtung der Atomkernrotation, große, komplexe Moleküle - die aber für eine mikroskopische Betrachtung immer noch viel zu klein sind - dreidimensional darzustellen. Damit konnten die entarteten Formen von Prionen entschlüsselt werden. Dies ist für die Forschung wichtig, da sowohl die krankmachenden Eigenschaften dieses Eiweißes als auch die Fähigkeit, auf eine andere Art von Lebewesen überzuspringen, eng mit der räumlichen Struktur verknüpft zu sein scheinen. Scheinen, denn der endgültige Nachweis ist bisher nicht erbracht worden. Doch die enge Strukturverwandtschaft der Prionen von Mensch und Rind weist darauf hin, dass eine Spezies-Barriere nicht existiert - der Rinderwahnsinn also auf den Menschen übertragen werden kann. Doch es gibt Hoffnungen, dass es dennoch nicht zu BSE-Epidemien kommen wird, wenn die bisherigen Vorsichtsmaßnahmen beachtet werden und der Mensch kein BSE verseuchtes Fleisch verzehrt.
Über diese Erkenntnisse und vor allem über den langen Weg, bis sie mittels NMR erbracht werden konnten, wird Prof. Wüthrich während seines Jenaer Vortrags berichten und danach diskutieren. Die interessierte Öffentlichkeit ist herzlich eingeladen.
Chemie-Nobelpreisträger Kurth Wüthrich spricht am 24. Juni in Jena. (Foto: ETH Zürich)
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