Die Lebenserwartung in Deutschland ist 2022 im dritten Jahr hintereinander gesunken und hat sich seit Ausbruch der Coronapandemie 2019 um mehr als ein halbes Jahr verringert. Bei Männern fiel sie von 78,7 auf 78,1 Jahre, bei Frauen von 83,5 auf 82,8. Nach aktuellen Berechnungen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) bestehen in Deutschland allerdings erhebliche regionale Unterschiede, wie sich die Lebenserwartung bei Geburt seit dem Pandemiebeginn verändert hat. So konnten einige Bundesländer, die in den ersten beiden Pandemiejahren sehr starke Verluste verzeichneten, 2022 wieder etwas Boden gutmachen.
Bei den Männern lag die Lebenserwartung im Saarland und in Sachsen-Anhalt 2022 um mehr als ein Jahr unter dem Wert von 2019. Bei den Frauen stach ebenfalls Sachsen-Anhalt hervor – dort ist die Lebenserwartung heute deutlich bzw. knapp ein Jahr unter den Werten von 2019. Noch verhältnismäßig günstig hat sich die Situation bei den Männern in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Sachsen entwickelt, wo die Lebenserwartung nur maximal ein halbes Jahr unter dem Vorpandemiewert liegt. Bei den Frauen war das in Baden-Württemberg und in Sachsen der Fall. „Während in den Pandemiejahren 2020 und 2021 einige Bundesländer wie beispielsweise Schleswig-Holstein oder Niedersachsen von stärkeren Rückgängen bei der Lebenserwartung verschont geblieben sind, sieht dies für 2022 anders aus“, sagt Markus Sauerberg, Mortalitätsforscher am BiB.
2022 haben sich Ost-West-Unterschiede verringert
Die während der Pandemie gewachsenen Unterschiede zwischen west- und ostdeutschen Bundesländern haben sich nun wieder etwas angeglichen. Die Lebenserwartung fiel 2021 gerade in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg deutlich unter das Vorpandemieniveau. „Diese Bundesländer waren damals durch Corona von einem besonders drastischen Anstieg der Sterblichkeit betroffen“, erklärt Pavel Grigoriev, Leiter der Forschungsgruppe Mortalität am BiB. 2022 konnten diese vier Bundesländer besonders bei den Männern hingegen wieder deutliche Anstiege in der Lebenserwartung verzeichnen. Dies gilt vor allem für Sachsen, das in den ersten beiden Pandemiejahren von markanten Rückgängen betroffen war. Anders verhält es sich in vielen westdeutschen Bundesländern: Hier ist die Lebenserwartung am stärksten zwischen 2021 und 2022 gesunken, hauptsächlich aufgrund der massiven Ausbreitung der Pandemie. Auch von der Grippewelle am Ende des Jahres 2022 waren alle Regionen betroffen: „Diese starke Grippewelle trug erheblich zum Rückgang der Lebenserwartung im Jahr 2022 bei“, so Grigoriev.
Räumliche Trends in Deutschland decken sich zum Teil mit Trends in Europa
Die räumliche Tendenz in Deutschland spiegelt sich in ähnlicher Weise auf europäischer Ebene wider. So war Europa 2021 ebenfalls von starken Ost-West-Unterschieden in der Entwicklung der Lebenserwartung gekennzeichnet, da viele osteuropäische Länder durch Corona starke Rückgänge in der Lebenserwartung erfahren hatten. Ähnlich wie die ostdeutschen Bundesländer konnten aber Länder wie Polen, Tschechien und die Slowakei im Jahr 2022 schon wieder deutliche Anstiege in der Lebenserwartung verzeichnen. Jedoch verblieben auch dort die Werte unter dem Niveau von 2019. Die Entwicklung in Westdeutschland weist wiederum Parallelen zu den nordischen Ländern wie Norwegen und Finnland auf. Auch diese verzeichneten seit Beginn der Pandemie erstmals 2022 stärkere Rückgänge in der Lebenserwartung. In anderen westeuropäischen Ländern wie Belgien, Frankreich und Italien, die in den ersten beiden Jahren zum Teil starke Rückgänge registrierten, stagnierte die Lebenserwartung. Unter den 13 europäischen Ländern, für die bereits Zahlen für 2022 ermittelt werden konnten, erreichten nur Schweden bei Männern und Frauen sowie Dänemark und Belgien bei den Männern eine Lebenserwartung auf oder sogar über dem Vorpandemieniveau.
Dr. Pavel Grigoriev
Pavel.Grigoriev@bib.bund.de
Dr. Markus Sauerberg
Markus.Sauerberg@bib.bund.de
Rückgang der Lebenserwartung zwischen 2019 und 2022
Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB)
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Politics, Social studies
transregional, national
Research results
German
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