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10/02/2023 10:05

Neuer Israelitischer Friedhof: HTWK Leipzig gestaltet mit

Katrin Haase Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig

    Forscher der HTWK Leipzig vermessen die jüdische Ruhestätte mittels Bodenradar und entwickeln Pläne zur Neugestaltung. Im Norden Leipzigs, gegenüber dem Klinikum St. Georg, befindet sich seit 1928 der Neue Israelitische Friedhof. Die Israelitische Religionsgemeinde Leipzigs hat es sich zur Aufgabe gemacht, den in die Jahre gekommenen Friedhof zu erforschen, zu pflegen und zu erweitern. Eta Zachäus, 75-jährige Leipziger Jüdin und Nachkommin von Holocaust-Opfern, ist es gelungen, dafür viele helfende Hände zu akquirieren. Das Ziel: Den etwas in Vergessenheit geratenen Friedhof aus dem Dornröschenschlaf wecken und ihn als besonderen Erinnerungsort etablieren.

    Die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig) beteiligt sich aktiv an der Erforschung und Neugestaltung: Wissenschaftler erfassten unter der Leitung von Geotechnik-Professor Ralf Thiele die bisherige Gestaltungsgeometrie des Friedhofs und glichen diese mit den ehemaligen Bauplänen ab. „Im Laufe der wechselvollen Geschichte des Ortes fanden während der NS-Zeit schlecht dokumentierte Bestattungen und Urnenbeisetzungen statt, die nun aufgearbeitet und in die Neugestaltung des Ortes sensibel integriert werden müssen“, erläutert Eta Zachäus die Herausforderung. Dazu zählen mutmaßlich auch Kinderbestattungen und ein Gräberfeld mit geschändeten Grabsteinen des ersten jüdischen Friedhofs. Mittels Bodenradarmessungen ist es den HTWK-Forschern gelungen, einen Blick in den Untergrund zu werfen, ohne den Boden umzuschichten. Die Geräte geben Auskunft über die oberflächennahe Struktur des Bodens, woraus geschlussfolgert werden kann, ob sich an den vermuteten Stellen tatsächlich Urnen oder Gebeine befinden könnten. Nach dem Einmessen und den geophysikalischen Untersuchungen erarbeitet Architekt Ronald Scherzer-Heidenberger, HTWK-Professor für Regionalplanung und Städtebau, nun Pläne für eine Um- und Neugestaltung des Neuen Israelitischen Friedhofs. „Wir wollen die historische Gestaltung mit den beiden prägenden Hauptachsen und Alleen wiederherstellen und die Raumqualität auf den großflächigen Erweiterungsteil im Osten des Friedhofs übertragen. Die in jüngerer Zeit frei angelegten Grabfelder sollen sich in ein schlüssiges Gesamtkonzept integrieren. Zudem werden Gräber mit besonderer historischer Bedeutung für Besuchende besser erkenntlich und zugänglich“, erläutert Scherzer-Heidenberger die Pläne. Gemeinsam mit seinem Kollegen Ralf Thiele engagiert auch er sich aus Überzeugung dafür, dass der Erinnerungsort in neuem Glanz erstrahlen kann und sowohl Leipzigerinnen und Leipziger als auch Nachkommen aus aller Welt anzieht.

    Ralf Thiele: „Hochschulen haben neben Lehre und Forschung die so genannte dritte Mission, sich aktiv in der Stadtgesellschaft einzubringen – daher freut es mich sehr, dass wir bei der Erforschung und Neugestaltung dieses besonderen Ortes mitwirken dürfen. Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, mit unserer Expertise und den modernen Geräten aus der Forschung zu helfen und Verantwortung zu übernehmen“, erläutert der Geotechnik-Professor seine Motivation.

    Eta Zachäus: „Für die sehr gute und unbürokratische Zusammenarbeit mit der HTWK Leipzig sind wir sehr dankbar. Es ist für unsere Gemeinde und die Nachkommen von ungeheurer Bedeutung, wenn vermutete Gräber bestätigt werden. Davon gehen wir aus, wenn die geowissenschaftlichen Erkenntnisse sich mit den Informationen decken, die Historiker Steffen Held in akribischer Archivarbeit zusammengetragen hat.“

    Der Neue Israelitische Friedhof

    Ein jüdischer Friedhof ist ein Ort des individuellen und kollektiven Gedenkens. Er wird als heiliger Boden aufgefasst, in dem die Toten ihre ewige Ruhe finden. Am 6. Mai 1928 geweiht, ist der Neue Israelitische Friedhof die dritte Ruhestätte der Leipziger Jüdinnen und Juden. Die imposante Trauerhalle, ein von Wilhelm Haller gebauter Kuppelbau samt Flügelbauten, wurde 1938 während des November-Pogroms niedergebrannt und erhaltene Reste 1939 auf Betreiben der Stadt gesprengt. Zu DDR-Zeiten ersetzte die Stadt den monumentalen Bau durch eine kleinere Trauerhalle. Der Leitspruch „Stärker als der Tod ist die Liebe“ thront über dem Eingang. Der Neue Israelitische Friedhof ist ein Beweis für die Existenz einer jüdischen Großgemeinde in Leipzig während der Weimarer Republik und für deren Vernichtung im Nationalsozialismus. Auch zeigt er jüdisches Leben während der DDR und ein Anwachsen der Gemeinde nach der Friedlichen Revolution durch Jüdinnen und Juden aus der ehemaligen Sowjetunion.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr.-Ing. Ralf Thiele
    HTWK Leipzig, Professur für Bodenmechanik, Grundbau, Fels- und Tunnelbau
    Tel.: +49 341 3076-6950
    E-Mail: ralf.thiele@htwk-leipzig.de

    Prof. Dipl.-Ing. Ronald Scherzer-Heidenberger
    HTWK Leipzig, Professur für Regionalplanung und Städtebau
    Tel.: +49 341 3076-6451
    E-Mail: ronald.scherzer-heidenberger@htwk-leipzig.de


    More information:

    http://www.irg-leipzig.de/page/friedhoefe Website der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig


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    (v. l.): Eta Zachäus, Steffen Held, Prof. Ronald Scherzer-Heidenberger und Prof. Ralf Thiele auf dem Neuen Israelitischen Friedhof
    (v. l.): Eta Zachäus, Steffen Held, Prof. Ronald Scherzer-Heidenberger und Prof. Ralf Thiele auf dem ...
    Philipp Bamberg
    Philipp Bamberg / HTWK Leipzig

    (v. l.): Historiker Steffen Held, HTWK-Architektur-Professor Ronald Scherzer-Heidenberger, Gemeindemitglied Eta Zachäus und Geotechnik-Professor Ralf Thiele am Eingang der Trauerhalle am Neuen Israelitischen Friedhof Leipzigs
    (v. l.): Historiker Steffen Held, HTWK-Architektur-Professor Ronald Scherzer-Heidenberger, Gemeindem ...
    Philipp Bamberg
    Philipp Bamberg / HTWK Leipzig


    Criteria of this press release:
    Journalists, all interested persons
    Construction / architecture, Geosciences, Religion
    regional
    Cooperation agreements, Transfer of Science or Research
    German


     

    (v. l.): Eta Zachäus, Steffen Held, Prof. Ronald Scherzer-Heidenberger und Prof. Ralf Thiele auf dem Neuen Israelitischen Friedhof


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    (v. l.): Historiker Steffen Held, HTWK-Architektur-Professor Ronald Scherzer-Heidenberger, Gemeindemitglied Eta Zachäus und Geotechnik-Professor Ralf Thiele am Eingang der Trauerhalle am Neuen Israelitischen Friedhof Leipzigs


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