Kalkstein dient als Speicher von mikrobiellen Geninformationen
Der Großteil der mikrobiellen Biomasse der Erde befindet sich verborgen im Untergrund. Schätzungen zufolge kommen Mikroorganismen bis in einer Tiefe von bis zu fünf Kilometern unter der Kontinentaloberfläche vor. Sie können dort auch festes Gestein besiedeln. Da diese tiefe Biosphäre nur schwer zugänglich ist, wissen Forschende bisher nur wenig über die Zusammensetzung und Rolle dieser Mikroorganismen in biogeochemischen Kreisläufen. Ein Forschungsteam der Friedrich-Schiller-Universität Jena und ihres Exzellenzclusters »Balance of the Microverse« sowie weiterer Forschungsverbünde und -institute hat jetzt herausgefunden, dass Kalkstein als Archiv für die mikrobielle Besiedelung des Untergrunds dient. Erste Ergebnisse der Studie sind im Fachjournal »Microbiome« erschienen (https://doi.org/10.1186/s40168-023-01647-2).
„Wir haben Bohrkerne aus einer Tiefe bis zu 300 Metern aus dem Thüringer Becken untersucht, um Erkenntnisse über die Biomasse in festen Gesteinen und über den Stoffwechselstatus von im Fels lebenden Mikrobiomen zu erhalten“, sagt Dr. Carl-Eric Wegner vom Institut für Biodiversität der Uni Jena, der Erstautor der Studie. „Auf Basis bisheriger Forschungsergebnisse nahmen wir an, dass der hohe Kalziumanteil im Kalkstein die DNA von Mikroorganismen konservieren könnte, ähnlich wie es Zahnstein in Mumien oder Skeletten tut. Aufgrund der geringen Biomasse im Gestein mussten bestehende Methoden jedoch angepasst werden.“
Um die in den Gesteinsproben enthaltene DNA für eine sogenannte metagenomische Analyse zu gewinnen, haben die Forschenden Methoden aus der mikrobiellen Archäologie und der Paläogenomik angepasst. „Unser Ziel war es, die Erbinformationen von Mikroorganismen in den Steinen zu entschlüsseln und sowohl taxonomisch als auch funktionell einzuordnen“, erläutert Prof. Dr. Christina Warinner, Professorin für Microbiome Sciences der Uni Jena.
„Außerdem haben wir in drei Gesteinsproben genetische Informationen von vergangenen mikrobiellen Gemeinschaften – sogenannte Paleome – aufspüren können. Diese geben uns Aufschluss darüber, welche Stoffwechselleistungen eine Rolle spielten, als diese Mikroorganismen noch lebendig waren“, so Prof. Dr. Kirsten Küsel, Sprecherin des Exzellenzclusters »Balance of the Microverse« und Initiatorin der Studie.
Die Autorinnen und Autoren schlussfolgern, dass sich insbesondere die Untersuchung von Kalkstein anbietet, da dieser mit seinen Eigenschaften eine langfristige Erhaltung von Geninformationen begünstigt. „Die Bestimmung des Alters solcher im Gestein archivierter DNA ist der Schlüssel zur geomikrobiologischen Geschichte des Untergrunds“, fasst Küsel zusammen.
Die Studie wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Exzellenzclusters Balance of the Microverse und den SFB 1076 AquaDiva sowie die Max-Planck-Gesellschaft unterstützt.
Der Exzellenzcluster Balance of the Microverse:
Der 2018 von der Friedrich-Schiller-Universität Jena eingeworbene Exzellenzcluster vereint Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Fachdisziplinen, die gemeinsam zu den Dynamiken mikrobieller Gemeinschaften forschen. Mikroorganismen befinden sich überall und leben im Einklang mit kleinen und großen Lebewesen. Gerät dieses Zusammenleben aus dem Gleichgewicht, kann das schwere Folgen wie Wetterextreme, Ernteausfälle oder die Ausbreitung von Krankheiten nach sich ziehen. Die Mission des Exzellenzclusters ist es, ein tiefgreifendes Verständnis über die Interaktionen der Mikroorganismen miteinander und mit anderen Lebewesen zu gewinnen. In Anbetracht dessen wollen die Forschenden die Ursachen für Ungleichgewichte ermitteln und herausfinden, wie sich solche Systeme wieder ins Gleichgewicht bringen lassen. Weitere Informationen finden Sie unter http://www.microverse-cluster.de.
Cluster of Excellence Balance of the Microverse
Alena Gold | Antje Nieber
Friedrich Schiller University Jena
Neugasse 23
07743 Jena | Germany
presse-microverse@uni-jena.de
Wegner, CE., Stahl, R., Velsko, I. et al. A glimpse of the paleome in endolithic microbial communities. Microbiome 11, 210 (2023). https://doi.org/10.1186/s40168-023-01647-2
Gesteinskerne, die für die Untersuchung herangezogen wurden.
Foto: Robert Lehmann
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology, Chemistry, Geosciences
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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