LMU-Forschende konnten erstmals zeigen, welche Rolle eine spezielle Mikro-RNA bei Atherosklerose spielt – und wie es gelingt, in diesen Signalweg einzugreifen.
Atherosklerose gilt als Wegbereiter für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfälle. Trotz medizinischer Fortschritte steigen die Fallzahlen stetig; neue, spezifische Therapieansätze sind daher wichtiger denn je. Ein internationales Team um Professor Christian Weber, Direktor des Instituts für Prophylaxe und Epidemiologie der Kreislaufkrankheiten (IPEK) am Klinikum der LMU, und Professor Donato Santovito, Leiter der Forschergruppe „Translational Vascular Therapy“ am IPEK, hat nun ein spezielles Mikro-RNA-Molekül als vielversprechenden Ansatzpunkt für neue Therapien identifiziert.
Die Forschenden konnten bereits vor einiger Zeit nachweisen, dass das Transmembranprotein CXCR4 bei der Entstehung von Atherosklerose eine maßgebliche Rolle spielt. Das Protein überträgt Signale ins Zellinnere. Wird es in arteriellen Endothelzellen oder in glatten Muskelzellen spezifisch ausgeschaltet, entstehen mehr atherosklerotische Läsionen. In Bezug auf Leukozyten allerdings kann CXCR4 die Entstehung entzündlicher Prozesse fördern. „Es lag daher nahe, die Expression von CXCR4 nur auf den Zellen der Gefäßwand zu erhöhen, um der Atherosklerose entgegenzuwirken“, sagt Santovito. „Die Herausforderung ist allerdings, dabei keine biologischen Prozesse zu beeinflussen, denn das Protein kommt in allen Zellen vor und übt verschiedene wichtige Funktionen aus.“
Blockade-Molekül greift in Signalweg ein
Die Forschenden suchten daher mithilfe von Datenbanken, molekularbiologischem Screening in Zellkulturen und im Mausmodell gezielt nach Mikro-RNA-Molekülen, die spezifisch auf vaskuläre Zellen beschränkt und an der Regulation von CXCR4 beteiligt sind. Tatsächlich gelang es ihnen, mit der sogenannten miR-206 einen guten therapeutischen Ansatzpunkt für die Behandlung von Atherosklerose zu identifizieren: Dieser Kandidat kommt nur in Endothelzellen und in glatten Gefäßmuskelzellen vor. Dort reguliert er die Expression von CXCR4 herunter, indem er an die Transkripte des CXCR4-Gens bindet und deren Umsetzung in das Protein verhindert.
Für eine therapeutische Nutzung muss daher die Wirkung von miR-206 gehemmt werden. Dafür entwickelten die Forschenden einen sogenannten Target-Site Blocker (TSB): ein Molekül, das spezifisch Wechselwirkungen zwischen miR-206 und den CXCR4-Transkripten unterbricht und damit dessen Expression nur in den betreffenden Zellen erhöht. Die Wirkung dieses Ansatzes konnten die Forschenden im Mausmodell und an humanen Zellen in der Zellkultur belegen: Unter anderem war der von ihnen entwickelte Blocker in der Lage, im Mausmodell der Atherosklerose vorzubeugen.
„Die Aufhebung der miRNA-vermittelten Genunterdrückung stellt ein attraktives, praktikables und kostengünstiges Verfahren zur Feinabstimmung der Genexpression auf zellspezifischer Ebene dar”, fasst LMU-Forscher Weber zusammen. Gewebsspezifische miRNA-Regulationswege sind weit verbreitet. Sie gelten als spezifische Angriffsziel für die Therapie verschiedenster Krankheiten.
Als nächsten Schritt wollen die Forschenden ihre Ergebnisse in präklinischen Studien mit größeren Tiermodellen im Rahmen des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislaufforschung (DZHK) und des iCluster for Nucleic Acid Therapeutics Munich (CNATM) weiter evaluieren.
Univ.-Prof. Dr. med. Christian Weber
Institut für Prophylaxe und Epidemiologie der Kreislaufkrankheiten
Lehrstuhl für Präventive Vaskuläre Medizin, August-Lenz-Stiftung
Poliklinik, Klinikum der Universität München
Ludwig-Maximilians-Universität München
Tel.: +49 (0)89/4400-54351
E-Mail: ipek.office@med.uni-muenchen.de
https://www.science.org/doi/10.1126/scitranslmed.adf3357
DOI:10.1126/scitranslmed.adf3357
Criteria of this press release:
Journalists
Biology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Research results
German
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