idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
11/10/2023 11:52

Tagung „Pop after Communism" diskutiert in Berlin den Wandel der populären Kultur nach dem Umbruch von 1989/90

Marion Schlöttke Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF)

    Welche Rolle spielte die Popkultur für die mit dem Ende des Staatssozialismus einsetzenden gesellschaftlichen Veränderungen? Dieser Frage geht eine internationale Tagung des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) vom 15. bis 17. November 2023 in Berlin nach. Bisher richtete sich die wissenschaftliche Aufmerksamkeit in erster Linie auf den Umbau des politischen Systems, die wirtschaftlichen Strukturen oder die sozialen Verhältnisse. Forscher*innen von Ostasien bis Westeuropa diskutieren nun erstmals in einer vergleichenden Perspektive den Wandel der populären Kultur nach dem Umbruch von 1989/90 und deren Prägekraft als Motor der postkommunistischen Transformation.

    Mit der Tagung „Pop after Communism. The Transformation of Popular Culture after 1989/90“ bietet das ZZF erneut ein Diskussionsforum für die Geschichte der Popkultur und präsentiert eigene Forschungen auf diesem Gebiet, das inzwischen einen festen Platz im Profil des Instituts erlangt hat. Den Auftakt der Tagung am Abend des 15. November macht eine Lesung und Diskussion mit dem Journalisten Jens Balzer, der sein neues Buch „No Limit. Die Neunziger – das Jahrzehnt der Freiheit“ vorstellt, in dem er einen Streifzug durch die Aufbrüche und Abgründe der Popkulturgeschichte der 1990er Jahre unternimmt.

    „Die Geschichte des Pop in den 1990er und frühen 2000er Jahren im vereinigten Deutschland, in den Ländern Ostmittel- und Südosteuropas sowie in den mit der Auflösung der Sowjetunion entstandenen Staaten ist nicht ohne ihre Verflechtung mit globalen popkulturellen Trends zu verstehen“, erläutert ZZF-Wissenschaftler Jürgen Danyel, der das Programm der Tagung organisiert hat. Und Florian Völker, Experte für Pop-Geschichte am ZZF, ergänzt: „Dabei werden bestimmte systemübergreifende Trends bereits in der Spätphase des Staatssozialismus sichtbar.“

    Einen besonderen Akzent legt die Tagung deshalb auf das spannungsreiche Verhältnis zwischen „Westernisierung“ und nationalen Identitäten: Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde die westliche (Pop-)Kultur für die Bevölkerung der ehemaligen Ostblockländer leichter zugänglich. Vor allem die erste Hälfte der 1990er Jahre war geprägt von Nachholeffekten. Doch bereits in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre setzte ein Revival ein, das als „kommunistische Nostalgie“ oder mit dem oft abwertenden Begriff „Ostalgie“ beschrieben wird. Pop aus dem Osten wurde zur Projektionsfläche für eine stärker auf den Alltag bezogene Erinnerung an den Staatssozialismus. Gleichzeitig boomte im Westen eine Retrowelle in der Popkultur und bot einen zusätzlichen Nährboden für die Transformation des Pop in eine zunehmend kommerzialisierte Erinnerungsmaschine.

    Pop im Postkommunismus wurde in politische Marketing- und Mobilisierungsstrategien integriert und dient immer wieder als Motor und Anknüpfungspunkt für nationale Identitätsbildung. In diesem Zusammenhang griffen gerade auch nationalistische und rechtsextreme Aktivisten immer wieder auf die Stile, Codes und Motive der Popkultur zurück.

    Darüber hinaus widmet sich die Tagung den veränderten Produktions- und Rezeptionsbedingungen der Popkultur, die etwa mit der Durchsetzung marktwirtschaftlicher Strukturen in den ehemaligen Ländern des Staatssozialismus einhergingen. Ehemals staatliche Plattenfirmen, Radio- und Fernsehsender, Künstler- und Konzertagenturen, Clubs und Freizeiteinrichtungen wurden privatisiert, von etablierten westlichen Unternehmen übernommen oder scheiterten im neuen Wettbewerb.

    Die politischen Veränderungen bedeuteten auch eine Zäsur für die sub-kulturellen Szenen und Jugendkulturen, die sich teilweise auflösten oder in neuen Strömungen der Popkultur aufgingen, da mit dem Ende des Staatssozialismus die kulturellen Reibungen im Alltag verschwanden. Andererseits erlebte gerade der Osten eine erstaunliche Blüte als Entfaltungsraum für neue popkulturelle Trends. Insbesondere die Metropolen, allen voran Berlin mit seiner Clubszene, wurden in den 1990er Jahren zu popkultureller Zentren, die eine internationale Anziehungskraft ausübten und eigene ökonomische Strukturen entwickelten.

    Die Konferenz findet im Atelierhaus am Flutgraben, einem ehemaligen Ost-Berliner Fabrikgebäude, statt, das direkt an der Grenze zu West-Berlin lag und Teil der Grenzsicherungsanlagen der Berliner Mauer war. Inzwischen beherbergt das Haus die Ateliers zahlreicher Künstler*innen und gehört als lebendiger Werkstattraum unverwechselbar zur kulturellen Szene Berlins. Es steht damit symbolisch für jene Entwicklungen, die die Konferenz in den Blick nehmen will.

    Zur Tagung

    Alle Infos und das ausführliche Programm finden Sie auf der Website des ZZF unter dem Link: https://zzf-potsdam.de/de/pop

    Tagungssprache: Englisch
    Die Buchvorstellung ist in deutscher Sprache.

    Die Teilnahme an der Buchvorstellung und an der Tagung ist kostenfrei.
    Die Präsentation des Buches bildet den Auftakt der Tagung und kann unabhängig von dieser besucht werden.
    Anmeldungen sind möglich bis zum 14.11.2023 via eveeno registration portal: https://eveeno.com/popaftercommunism


    Contact for scientific information:

    Dr. Jürgen Danyel, danyel@zzf-potsdam.de


    More information:

    https://zzf-potsdam.de/de/pop Veranstaltungswebsite
    https://zzf-potsdam.de Website des ZZF Potsdam
    https://twitter.com/zzfpotsdam ZZF Potsdam auf X/Twitter
    https://www.instagram.com/zzfpotsdam/ ZZF Potsdam auf Instagram
    https://de-de.facebook.com/ZZF.Potsdam ZZF Potsdam bei Facebook


    Images

    Poster Tagung des ZZF in Berlin: Pop after Communism. The Transformation of Popular Culture after 1989/90
    Poster Tagung des ZZF in Berlin: Pop after Communism. The Transformation of Popular Culture after 19 ...

    Picture: Wikimedia Commons, Author: Ignat Ignev; Poster: Dovilė Vičkačkaitė


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
    Cultural sciences, History / archaeology, Music / theatre, Social studies
    transregional, national
    Scientific conferences
    German


     

    Poster Tagung des ZZF in Berlin: Pop after Communism. The Transformation of Popular Culture after 1989/90


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).