Eine internationale, an der Universität Luzern geleitete Forschungsgruppe hat neuartige Ansätze für die medizinische Bildgebung entwickelt. Diese bergen grosses Potenzial für die frühere Diagnose, genauere Lokalisierung und das bessere Verständnis vieler menschlicher Erkrankungen.
Bildgebende Verfahren wie die Computertomografie (CT) oder die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) sind heutzutage unverzichtbar für die Diagnose und Lokalisation vieler Erkrankungen. Ein neu entwickeltes Verfahren ermöglicht die PET nun gezielt aufgrund von Veränderungen des menschlichen Erbgutes (Genom). Die neue Genom-basierte Bildgebung hat unter anderem das Potenzial für die frühzeitigere Diagnose von Krebs, Herzkrankheiten oder der Demenz. Ihre Erkenntnisse beschreiben die Forschenden in ihrem Artikel «The Imageable Genome», der Mitte November in der Fachzeitschrift «Nature Communications» veröffentlicht wurde.
Die Identifikation des «Imageable Genome»
Die Entschlüsselung des menschlichen Erbgutes gilt seit langem als Wegbereiter für die frühzeitige Diagnose von Krebs, Herzkrankheiten oder neurologischen Erkrankungen. Eines der Hauptprobleme war bis anhin jedoch die Übersetzung neuer Erkenntnisse zum Genom in einfach anwendbare medizinische Tests wie zum Beispiel die Bildgebung. Dafür liegt mit der Erstbeschreibung des «Imageable Genome», wie die Forschenden ihr Verfahren benennen, nun eine Lösung vor.
«Das Imageable Genome stellt den Teil des menschlichen Genoms dar, der mit medizinischer Bildgebung erfasst werden kann», erklärt dazu Prof. Dr. Martin Walter, Titularprofessor für medizinische Wissenschaften an der Universität Luzern und Facharzt für Nuklearmedizin an der Hirslanden Klinik St. Anna, der die Forschungsgruppe geleitet hat. «Es verändert sich während der Entwicklung und des Fortschreitens praktisch jeder menschlichen Krankheit.» Um das Imageable Genome zu beschreiben, musste das Forschungsteam neue Methoden entwickeln, die eine Brücke zwischen Big Data, Genomik und der medizinischen Bildgebung schlagen.
«Unsere erste Aufgabe bestand darin, jedes einzelne Gen des Imageable Genome in der existierenden medizinischen Literatur zu identifizieren, die mehrere Millionen Publikationen umfasst», sagt Dr. Pablo Jané vom Universitätsspital Genf. Zu diesem Zweck hat Jané eine Methode entwickelt, welche menschliche und künstliche Intelligenz kombiniert und die gesamte veröffentlichte medizinische Literatur erfasst und verarbeitet. Damit konnte das komplette Imageable Genome beschrieben werden.
Klinische Anwendung des neuen Verfahrens
«Unsere zweite Aufgabe bestand nun darin, herauszufinden, ob das Imageable Genome neue diagnostische Tests für menschliche Krankheiten ermöglicht», sagt Dr. Xioaying Xu von der Universität Luzern, unter deren Leitung das Imageable Genome mit individuellen Genomdaten von über 60.000 Patienten abgeglichen wurde. Die Forschenden identifizierten so neue Testmöglichkeiten, die helfen können, ein breites Spektrum menschlicher Krankheiten besser zu diagnostizieren, lokalisieren und zu behandeln, insbesondere in der Neurologie, Kardiologie und Onkologie.
«In einem letzten Schritt,» ergänzt der leitende Radiochemiker des Forschungsteams, Dr. Taelman von der Universität Luzern, «mussten diejenigen bildgebenden Tests identifiziert werden, die am besten dafür geeignet sind, das neue Verfahren in der Praxis umzusetzen und damit den Patienten in den Kliniken einen konkreten Nutzen zu bringen.» Um die breite Anwendbarkeit ihres Ansatzes zu demonstrieren, identifizierten die Forschenden in ihrer Publikation unter anderem neue bildgebende Tests für den Morbus Alzheimer, die bipolare Störung, die Schizophrenie, die koronare Herzerkrankung, verschiedene Formen der Kardiomyopathie, sowie eine Vielzahl verschiedener Tumoren.
«Wir verstehen das Imageable Genome als einen Schlüssel, mit dem neue Erkenntnisse aus der Genomik für bildgebende Verfahren genutzt werden können», sagt Martin Walter. «Mit diesem Schlüssel sehen wir grosses Potenzial für weitere medizinische Forschung und Innovationen im Bereich Big Data und Künstliche Intelligenz», so Walter weiter.
Die Forschungsgruppe setzt sich zusammen aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Luzern, der Universitätsklinik Genf und der Universitätsklinik Madrid.
Prof. Dr. Martin Walter, Titularprofessor für medizinische Wissenschaften an der Universität Luzern und Facharzt für Nuklearmedizin an der Hirslanden Klinik St. Anna E-Mail: martin.walter@unilu.ch
https://www.nature.com/articles/s41467-023-43123-3
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, Students
Medicine
transregional, national
Research results
German
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