Inwiefern beeinflusst der Entstehungsprozess einer Verfassung deren Inhalt, Befolgung und Akzeptanz in der Bevölkerung? Diesen Fragen widmet sich ein internationales Forschungsteam der Universitäten Hamburg und Warschau. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das National Science Center Polen fördern das 2024 anlaufende Projekt über drei Jahre mit mehr als 480.000 Euro.
Der Erfolg einer staatlichen Verfassung zeigt sich unter anderem in ihrer Langlebigkeit und darin, ob ihre Regeln befolgt werden. Im neuen Forschungsprojekt „Spielt Verfassungsgebung eine Rolle? Die Ökonomik des Verfassens von Gesellschaftsverträgen“ soll nun untersucht werden, wie die Umstände der Verfassungsgebung diesen Erfolg beeinflussen.
Dafür werden zum einen historische Daten erhoben und statistisch ausgewertet, um zu analysieren, in welchen Verfahren Verfassungen in den vergangenen Jahrzehnten weltweit entworfen wurden. Zum anderen werden Umfrage- und Verhaltensexperimente durchgeführt, um zu ermitteln, wie akzeptiert diese Verfassungen heute sind. Dadurch kann erfasst werden, wie sich das Verfahren, in dem Verfassungsregeln entworfen werden, auf die Legitimität der resultierenden Regeln auswirkt.
Das Beispiel Chiles illustriert die Bedeutung der Verfahrensregeln in der Verfassungsgebung. Nach sozialen Unruhen wurde dort 2019 ein demokratischer Verfassungsprozess eingeleitet, um die bisherige Verfassung aus der Pinochet-Diktatur zu ersetzen. Im Jahr 2022 wurde der erste Verfassungsentwurf jedoch von mehr als 60 Prozent der Wählerinnen und Wähler abgelehnt. Am 17. Dezember 2023 wird sich zeigen, ob die verfassungsgebende Versammlung unter neuen Verfahrensregeln und mit einer deutlich konservativeren politischen Ausrichtung eine Verfassung entworfen hat, der die Mehrheit der Bevölkerung zustimmen kann.
Das Projekt wird in der Förderinitiative „OPUS-24-LAP“ unterstützt und setzt die erfolgreiche Zusammenarbeit der beiden Universitäten im Bereich der Verfassungsökonomik fort, die bereits seit 2018 durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das National Science Center Polen gefördert wurde. Zum Team gehören Prof. Dr. Jerg Gutmann, Juniorprofessor am Institut für Recht und Ökonomik sowie Leiter des Projektes an der Uni Hamburg, Prof. Dr. Stefan Voigt, Direktor des Instituts für Recht und Ökonomik an der Universität Hamburg, und Prof. Dr. Katarzyna Metelska-Szaniawska von der Universität Warschau mit ihrer Arbeitsgruppe.
„Wir sind sehr erfreut über die Förderung unserer deutsch-polnischen Zusammenarbeit. Dies ermöglicht es uns, das Thema der Verfassungsgebung durch den Einsatz moderner empirischer Methoden neu zu beleuchten“, erklärt Prof. Gutmann. Insbesondere die aktuelle Relevanz reize das Team: „Wir sehen heute, dass der Rechtsstaat selbst in Europa und den Vereinigten Staaten fortlaufend verteidigt werden muss. Eine Verfassung, die politisches Handeln wirksam beschränkt und trotzdem von Bürgern und Politikerinnen respektiert wird, ist dabei essenziell.“ Bei der Gestaltung neuer Verfassungen stehe daher viel auf dem Spiel und „wir erwarten am Ende unseres Projekts eine deutlich verbesserte Einsicht darüber, unter welchen Regeln die Verfassungsgebung die größten Erfolgsaussichten verspricht“, so Gutmann.
Prof. Dr. Jerg Gutmann
Universität Hamburg
Fakultät für Rechtswissenschaft
Institut für Recht und Ökonomik
Tel.: +49 40 42838-3040
E-Mail: jerg.gutmann@uni-hamburg.de
Criteria of this press release:
Journalists
History / archaeology, Law, Politics
transregional, national
Cooperation agreements, Research projects
German
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