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12/21/2023 09:27

Die zwei (Länder-)Seiten von Wäldern

Katrin Piecha Dezernat 8 - Hochschulkommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

    Welchen Einfluss haben nationale Politiken auf die Abholzung von Wäldern? Dieser Frage sind Forschende der Universität Bonn auf globaler Ebene nachgegangen. Das Ergebnis: Entgegen weitläufiger Annahmen haben nationale Strategien einen großen – und sichtbaren – Einfluss darauf, den Waldbestand zu schützen. Die Studie ist nun im Journal Global Environmental Change erschienen.

    Ein Bild sagt mehr als tausend Worte: Diesem Sprichwort haben sich Forschende um Prof. Dr. David Wuepper von der Arbeitsgruppe Land Economics am Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik der Universität Bonn bedient, um zu untersuchen, welchen Einfluss nationale Politiken auf den Waldbestand haben. Ihre Idee: Anhand von Satellitenbildern den Baumbestand an Ländergrenzen auswerten. „Ökologische Räume sind über Ländergrenzen hinweg oftmals weitgehend ähnlich“, erklärt David Wüpper, der erst im April 2023 auf eine neue Professur im Exzellenzcluster PhenoRob an die Universität Bonn berufen wurde. „Steht auf der einen Seite der Grenze ein gesunder Wald, auf der anderen aber – überspitzt ausgedrückt – Kahlschlag, ist das oftmals auf die unterschiedlichen Politiken der beiden Länder zurückzuführen.“

    Zusammen mit ihren Forschungspartnern hat Professor Wueppers Arbeitsgruppe zunächst in großen Mengen Daten gesammelt. Das Team der ETH Zürich wertete für einen Zeitraum von 20 Jahren große Mengen Satellitendaten von Wäldern in Grenzgebieten rund um den Globus aus, um festzuhalten, wie sich der Baumbestand und -zustand verändert hat. Wueppers Forschungsgruppe arbeitete sich gleichzeitig durch die Waldschutz-Politiken der Länder: Neben Gesetzen zum Waldschutz erfassten sie auch Programme, die indirekt Einfluss auf den Baumbestand haben. Zum Beispiel wenn Landeigner finanzielle Anreize erhalten, wenn sie auf ihrem Land Bäume schützen.

    Vorher-Nachher-Vergleich

    Für die Auswertung schauten die Forschenden zunächst, ob sich die Grenzregionen veränderten: Hat der Baumbestand zu- oder abgenommen? Ist er gesünder oder kränker geworden? Auf den Satellitenbildern lassen sich an manchen Ländergrenzen Unterschiede leicht erkennen, beispielsweise an der chinesisch-russischen Grenze. Während Chinas Seite in sattem Grün daherkommt, ist die russische Seite in Orange und Rot getaucht – die Markierung für Waldverlust.

    „Solche Veränderungen müssen aber nicht politikenspezifisch sein“, schränkt Wuepper ein. „Es gibt auch andere Gründe: Spielt die Waldnutzung für das Land eine ökonomische Rolle? Hat es überhaupt die Ressourcen und die Infrastruktur, um Wälder zu bewirtschaften?“ Da Politiken aber zu klar definierten Zeitpunkten beginnen, bietet sich ein Vorher-Nachher-Vergleich an: Lässt sich eine sprunghafte Veränderung nach dem Beginn einer neuen Politik beobachten, ist diese durch die Strategieänderung zu erklären. Beim Beispiel China und Russland ist dies einfach zu erkennen: Während Russland seine Wälder durchgängig ausbeutet, hat China seine Politik in Richtung Schutz geändert. „China hatte riesige Probleme mit Bodenerosion, die in Folge von Waldverlust entstanden sind. Als Gegenmaßnahme hat es schließlich riesige Programme gestartet, um den Wald aufzuforsten und damit die Erosion zu stoppen“, erklärt Wuepper. „Der Umschwung in der Politik lässt sich klar aus den Bildern ablesen.“

    Das Ergebnis der Studie ist klar: Die wichtigste Erklärung für sprunghafte Veränderungen im Baumbestand an Ländergrenzen sind nationale Politiken. In der Wirksamkeit der Politiken gebe es jedoch extreme Variationen. „Die zwei wichtigsten Erklärungen für effektive Politiken ist ob die nationalen Politiken wirklich so umgesetzt werden wie es auf dem Papier steht, und wie strikt sie sind.“ Ein Beispiel dafür ist Brasilien: Nachdem im Amazonas am Regenwald jahrelang Raubbau betrieben wurde – vor allem auch durch illegale Abholzung – fing die Regierung an, streng gegenzusteuern: Durch Satellitenüberwachung und den Einsatz des Militärs bei Verstößen. Der Waldverlust konnte so stark reduziert werden. Unter Präsident Jair Bolsonaro wurden diese Regelungen wieder aufgeweicht, die erreichten Erfolge wieder verspielt.

    Die Studie zeigt, wie wichtig nationale Regierungen für den Schutz unserer Wälder sind. „Das ist eine wichtige Erkenntnis“, fasst Wuepper die Ergebnisse zusammen. „In den vergangenen Jahren herrschte oftmals der Eindruck, dass nationale Regierungen weitgehend machtlos sind und auf nationale Politik zu setzen galt schon fast als altmodisch. Dabei bilden die nationale Politiken ein wichtiges Fundament des Waldschutzes, was natürlich andere Initiativen nicht ersetzt, aber entscheidend komplementiert.“

    Über David Wüpper

    Seit April 2023 ist David Wuepper Professor in Bonn und Leiter der Arbeitsgruppe Land Economics am Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik. Die Gruppe ist Teil des DFG Cluster of Excellence PhenoRob und wird durch den ERC Starting Grant LAND-POLICY finanziert. Die beiden komplementären Forschungsbereiche der Gruppe sind die Evaluierung von Politiken für eine nachhaltigere Landnutzung sowie die Evaluierung des Potentials nachhaltiger Innovationen in der Landwirtschaft. „Die neuen Technologien werden gebraucht, um die Agrarwirtschaft – als einer der großen Treiber von Biodiversitätsverlust, Klimawandel, und anderen globalen Umweltproblemen – nachhaltig gestalten zu können“, sagt David Wuepper. „Ich erforsche, wo sie profitabel eingesetzt werden können und wo sie den größten gesellschaftlichen Nutzen bringen, sowie die Überschneidungen dieser beiden Felder.“

    David Wuepper studierte Agrarökonomik an der Universität Kiel bevor er 2016 an der Technischen Universität München im gleichen Fach promovierte. Es folgten Stationen als Postdoc an der TU München und der ETH Zürich, als Vertretungsprofessor an der Humboldt-Universität in Berlin, und nun als Professor an der Uni Bonn.

    Beteiligte Institutionen und Förderung

    Neben der Land Economics Group der Universität Bonn haben Forschungsteams der ETH Zürich in der Schweiz, der englischen University of Cambridge sowie der Universität Wageningen in den Niederlanden an der Studie „Public Policies and Global Forest Conservation: Empirical Evidence from National Borders“ mitgearbeitet. Das Projekt wurde unter anderem mit dem ERC Starting Grant „LAND-POLICY“ (Grant No. 101075824) gefördert, mit dem David Wuepper im Sommer 2023 an der Universität Bonn begonnen hat. Des Weiteren wurde die Studie durch den Exzellenzcluster PhenoRob der Universität Bonn gefördert (Prof. Jan Börner and Prof. David Wuepper, Grant No. 390732324) sowie durch die Bernina Foundation (Prof. Thomas Crowther) und den ERC Starting Grant ForestPolicy (Prof. Rachael Garrett, Grant No. 949932).


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. David Wuepper
    Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik Universität Bonn
    Telefon: +49 228 73 3500
    E-Mail: wuepper@uni-bonn.de
    X: @DavidWuepper und @Land_Economics
    Linkedin: https://www.linkedin.com/in/david-wuepper


    Original publication:

    David Wuepper, Thomas Crowther, Thomas Lauber, Devin Routh, Solen Le Clec’h, Rachael D. Garrett, Jan Börner: Public Policies and Global Forest Conservation: Empirical Evidence from National Borders. Global Environmental Change. https://doi.org/10.1016/j.gloenvcha.2023.102770


    Images

    David Wuepper erforscht im Rahmen einer neuen Professur im Exzellenzcluster Phenorob, wie politische Maßnahmen den Wandel zu einer nachhaltigen Landwirtschaft beeinflussen.
    David Wuepper erforscht im Rahmen einer neuen Professur im Exzellenzcluster Phenorob, wie politische ...
    Gregor Hübl
    Gregor Hübl/Universität Bonn


    Criteria of this press release:
    Journalists, all interested persons
    Politics, Zoology / agricultural and forest sciences
    transregional, national
    Research results
    German


     

    David Wuepper erforscht im Rahmen einer neuen Professur im Exzellenzcluster Phenorob, wie politische Maßnahmen den Wandel zu einer nachhaltigen Landwirtschaft beeinflussen.


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