idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
02/27/2024 09:23

Bioabbaubare Materialien - In Bier verpackt

Anna Ettlin Kommunikation
Empa - Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt

    Empa-Forschende haben aus einem Abfallprodukt der Bierbrauerei Nanocellulose gewonnen und diese zu einem Aerogel verarbeitet. Der hochwertige Werkstoff könnte in Lebensmittelverpackungen zum Einsatz kommen.

    Am Anfang war die Maische. Das Gemisch aus Malz und Wasser wird über mehrere Stunden gerührt und schonend erhitzt. Die Flüssigkeit, die dabei entsteht, heisst Würze und wird in weiteren Prozessschritten zu Bier. Das verbrauchte Malz – der sogenannte Biertreber – hat einen weitaus weniger rühmlichen Weg vor sich. Meistens endet er als Futtermittel oder auf dem Komposthaufen.

    Da steckt mehr drin, finden Forschende aus dem Empa-Labor «Cellulose and Wood Materials» unter der Leitung von Gustav Nyström. Sie haben nun ein Verfahren entwickelt, um aus dem Brauereiabfall hochwertige Nanocellulose herzustellen – einen vielseitigen biologisch abbaubaren Rohstoff, der sich beispielsweise zu Verpackungen oder faserverstärkten Kunststoffen verarbeiten lässt. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden nun in der Zeitschrift «ACS Sustainable Chemistry & Engineering».

    Getreide statt Holz

    Die Erstautorin der Studie, Nadia Ahmadi Heidari, ist Doktorandin an der «Isfahan Technical University». Sie kam im Rahmen eines Bundes-Exzellenz-Stipendiums für ein Jahr an die Empa. Ihr besonderes Interesse galt der Herstellung von biologisch abbaubaren Verpackungsmaterialien aus Abfallprodukten – einer der Schwerpunkte des «Cellulose and Wood Materials»-Labors. «Wir sind sehr daran interessiert, neue Quellen für wertvolle Rohstoffe wie Cellulosefasern und Lignin zu erschliessen», sagt Gustav Nyström.

    Zurzeit werden mikro- und nanofibrillierte Celluloseprodukte aus Holzstoff gewonnen. Holz lässt sich allerdings anderswo sinnvoller einsetzen. «Holz bindet CO2 aus der Atmosphäre sehr gut, wächst aber nur langsam», erklärt Nyström. «Daher eignet es sich viel besser für langlebige Anwendungen, etwa im Bau oder zur Herstellung von Möbeln.»

    Die viel schneller wachsenden einjährigen Pflanzen können Rohstoffe genauso gut liefern, werden aber bis heute kaum dafür genutzt. «Mit unserem Verfahren können wir aus einem sehr günstig und in grossen Mengen verfügbaren Abfallprodukt, das heute grösstenteils verschwendet wird, hochwertige Materialien gewinnen», ergänzt Empa-Forscher Gilberto Siqueira, Co-Autor des Papers. «Davon profitieren auch kleine Unternehmen, die so das Maximum aus den Rohstoffen herausholen können, die sie bereits verwenden.»

    Von einem solchen kleinen Unternehmen, der Pentabier-Brauerei in Dübendorf, stammte auch der Treber, den die Forschenden für ihr Experiment verwendeten. Daraus lösten sie die Nanozellulose-Fasern heraus und verarbeiteten sie durch Gefriertrocknung zu einem Aerogel. Dieses «luftige» Material enthält sehr viele Poren, wodurch es ausgezeichnete Wärmeisolationseigenschaften aufweist. Aerogele können aus unterschiedlichen Stoffen hergestellt werden – besonders bekannt sind Silicat-Aerogele, die im Bau zum Einsatz kommen. Auf Nanocellulose basierende Aerogele haben zusätzliche Vorteile: Sie stammen aus erneuerbaren Quellen und sind biologisch abbaubar. Das Ziel ist es, sie für Verpackungen einzusetzen, insbesondere von temperaturempfindlichen Lebensmitteln wie Fleisch.

    Einfache Herstellung

    Um das Potenzial der Nanocellulose aus Biertreber genauer auszuloten, variierten die Forschenden die einzelnen Vorbehandlungs- und Herstellungsschritte und testeten deren Auswirkungen auf das Endprodukt. So verbessert sich etwa die Qualität der gewonnenen Nanocellulose-Fasern durch Bleichen und Oxidation des Ausgangsmaterials. Mittels unterschiedlichen Gefrierverfahren lässt sich die Grösse und Ausrichtung der Poren im Aerogel steuern, was wiederum dessen isolierende und mechanische Eigenschaften beeinflusst.

    «Dabei waren wir bestrebt, den ganzen Prozess möglichst einfach zu halten», so Siqueira. Denn um Anwendung in der realen Welt zu finden, muss nicht nur das Endprodukt überzeugen – es sollte auch noch möglichst einfach und günstig in der Herstellung sein. Auch deshalb interessieren sich die Forschenden für Rohstoffgewinnung aus Abfallprodukten. «Verglichen mit Rückständen aus der Agrarindustrie ist Holz eine kostspielige Quelle für Cellulose, und es hat bereits so viele andere Anwendungen», erklärt Siqueira. In weiteren Forschungsprojekten untersuchen die Wissenschaftler deshalb weitere Abfallprodukte aus der Lebensmittelindustrie und der Forstwirtschaft. Und obwohl Nadia Ahmadi Heidari bereits an die «Isfahan Technical University» zurückgekehrt ist, planen die Empa-Forscher eine weitere Publikation gemeinsam mit der Jungforscherin, in der sie die Aerogele aus Biertreber genauer beschreiben.


    Contact for scientific information:

    Dr. Gilberto Siqueira
    Cellulose & Wood Materials
    Tel. +41 58 765 4782
    gilberto.siqueira@empa.ch

    Dr. Gustav Nyström
    Cellulose & Wood Materials
    Tel. +41 58 765 4583
    gustav.nystroem@empa.ch


    Images

    Die typische luftige Struktur von Aerogel (Elektronenmikroskopie, koloriert)
    Die typische luftige Struktur von Aerogel (Elektronenmikroskopie, koloriert)

    Empa

    Prozessschritte: Vom Getreiderest zum Aerogel.
    Prozessschritte: Vom Getreiderest zum Aerogel.

    Empa


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Environment / ecology, Materials sciences
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Die typische luftige Struktur von Aerogel (Elektronenmikroskopie, koloriert)


    For download

    x

    Prozessschritte: Vom Getreiderest zum Aerogel.


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).