Gedächtnisverlust ist das wichtigste Symptom der Alzheimer-Demenz im Frühstadium, auf das der Ausfall weiterer kognitiven Funktionen folgt. Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben in einer internationalen Studie gemeinsam mit Wissenschaftler:innen der Universität von Antioquia (Kolumbien) Genvarianten identifiziert, die mit der Geschwindigkeit der Verschlechterung dieser kognitiven Fähigkeiten in Verbindung stehen. Eine besondere Rolle spielen hierbei genetische Varianten in Geruchsrezeptoren. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden im Fachjournal Alzheimer's & Dementia: The Journal of the Alzheimer's Association veröffentlicht.
Grundlage für die Durchführung der Studie waren Untersuchungen von Patient:innen, die zu einer insgesamt 5.000 Personen umfassenden Population in Kolumbien gehören. Bei ihren Mitgliedern liegt die sogenannte Paisa-Mutation vor – eine besonders schwerwiegende und früh einsetzende Form von Alzheimer. Die Forschenden verglichen diese vererbte Form von Alzheimer mit altersbedingten, sogenannten sporadischen Fällen der Erkrankung. Für die letztere Erkrankungsform konnten sie 227, für die vererbte Variante 172 genetische Varianten unterschiedlicher Funktionalität mit der Geschwindigkeit des Gedächtnisverlusts in Verbindung bringen. Einen besonderen Einfluss stellten sie hierbei für entsprechende Genvarianten in Geruchsrezeptoren fest. Genetische Ausprägungen des primär betroffenen Geruchsrezeptors fanden die Forschenden dabei auch in Neuronen der Hirnrinde, die nicht mit dem Geruchssystem in Verbindung stehen. Seit einiger Zeit ist bekannt, dass der Geruchssinn und der Verlust der Geruchsempfindlichkeit mit verschiedenen Demenzerkrankungen zusammenhängen können. So kann der Verlust der Geruchssensibilität ein frühes Symptom einer Alzheimer-Erkrankung darstellen, bevor die Demenz ausbricht.
„Die Erkenntnisse, dass genetische Varianten in Geruchsrezeptoren die Geschwindigkeit beeinflussen, mit der sich bestimmte Gedächtnismerkmale bei Alzheimer verschlechtern, und dass beteiligte Geruchsrezeptoren auch in Gehirnneuronen ausgeprägt sind, eröffnen neue Wege für das Verständnis des kognitiven Abbaus bei dieser Erkrankung“, sagt Studienleiter Dr. Diego Sepulveda-Falla, Institut für Neuropathologie des UKE. „Unsere Studienergebnisse könnten damit einen Beitrag für therapeutische Ansätze zur Verlangsamung des Gedächtnisverlusts bei Alzheimer-Demenz leisten“, ergänzt Priv.-Doz. Dr. Susanne Krasemann vom Institut für Neuropathologie.
Die Wissenschaftler:innen um die UKE-Forschenden und ihre kolumbianischen Kollegen Dr. Mauricio Arcos-Burgos und Dr. Francisco Lopera fanden zudem heraus, dass insbesondere eine schnellere Verschlechterung der Gedächtnisfunktion mit dem Vorhandensein entsprechender genetischer Varianten in Verbindung steht. Dies gilt vor allem für das visuell-räumliche Gedächtnis, also die Fähigkeit, sich die genaue Verteilung von Objekten im zwei- und dreidimensionalen Raum zu merken. Die Geschwindigkeit der Verschlechterung dieser kognitiven Funktion war bei vererbten Fällen eher auf einen genetischen Hintergrund zurückzuführen als bei sporadischen Alzheimer-Erkrankungen. Bei Letzteren ist das Tempo der Verschlechterung des Wortgedächtnisses häufiger genetisch assoziiert.
Dr. Diego Sepulveda-Falla
Institut für Neuropathologie
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Martinistraße 52
20246 Hamburg
d.sepulveda-falla@uke.de
Sepulveda-Falla, Vélez, Acosta-Baena et al. Genetic Modifiers of Cognitive Decline in PSEN1 E280A Alzheimer’s disease. Alzheimer's & Dementia. 2024. DOI: https://doi.org/10.1002/alz.13754.
Criteria of this press release:
Journalists
Medicine
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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