Die Identifizierung eines neuen Moleküls hat das Potenzial, zukünftig in der Diagnose und Therapie der chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) neue Wege zu eröffnen. Dr. Cheng-Yu Wu von der Justus-Liebig-Universität Gießen identifizierte das carcinoembryonale Antigen Zelladhäsionsmolekül (CEACAM6), welches die antioxidative Abwehr auf Proteinebene im menschlichen Körper reguliert. Hierfür untersuchte der 33-jährige Nachwuchsforscher in biologischen Proben – einschließlich Sputum, Lungengewebe und Blut – aus vier verschiedenen Kohorten die Mechanismen im Körper von COPD-Patientinnen und -Patienten und verglich diese mit gesunden Kontrollproben.
Diese Untersuchungen zielen darauf ab, körpereigene Mechanismen zu identifizieren, die sich günstig auf das Voranschreiten einer COPD auswirken – oder der Entwicklung eines Emphysems entgegenwirken. Für die Ergebnisse seiner grundlagenwissenschaftlichen Arbeit zeichnete ihn die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) heute mit dem Pneumologie-Forschungspreis 2024 aus.
„Dr. Cheng-Yu Wu hat sich in seiner Grundlagenforschung auf die Abwehrmechanismen des menschlichen Körpers gegen die COPD als chronisch fortschreitende Erkrankung konzentriert – und Bahnbrechendes für uns Pneumologen und vor allem unsere Patientinnen und Patienten gefunden“, sagte Professor Wolfram Windisch, DGP-Präsident und Sprecher der Jury bei der heutigen Preisverleihung im Rahmen des DGP-Jahreskongresses in Mannheim. „Eine wahrhaft ausgezeichnete Leistung!“ Der Pneumologie-Forschungspreises ist mit 10.000 Euro dotiert.
Neuartiges In-vitro-Modell für zigarettenrauchresistente Zellen
Die COPD ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit und wird hauptsächlich durch Tabakrauch oder Luftverschmutzung verursacht. „Zunächst einmal wollte ich mit Blick auf den aktuellen Forschungsstand herausfinden, warum manche Menschen anfälliger für COPD sind“, erklärt Preisträger Cheng-Yu Wu. Der Gießener Nachwuchsforscher entwickelte deshalb ein neuartiges In-vitro-Modell für zigarettenrauchresistente Zellen. Mithilfe dieses Modells verglich er resistente und nicht-resistente Zellen, um herauszufinden, welcher Mechanismus die Resistenz gegen Zigarettenrauch verursachte. „Diese Ergebnisse wurden weiter validiert und waren mit den klinischen Szenarien vergleichbar", so Wu.
So konnte Wu schließlich erstmals das Molekül CEACAM6 identifizieren, welches eine entscheidende Rolle in der körpereigenen Resistenz gegen COPD spielt.
Entdeckung von CEACAM6 ermöglicht neue Diagnose- und Therapiemöglichkeiten
Die Forschungsergebnisse von Dr. Cheng-Yu Wu könnten in Zukunft die klinische Praxis der Pneumologen auf verschiedene Weise bereichern: „Zum einen könnte auf dieser Grundlage ein Biomarker als Diagnose-Instrument entwickelt werden, um Menschen zu identifizieren, die anfällig für die Entwicklung einer COPD sind“, überlegt der Preisträger. „Zum anderen könnte das gezielte Verringern der Aktivität von CEACAM6 als mögliche Therapie zur Stärkung der antioxidativen Abwehrkräfte der Patientinnen und Patienten eingesetzt werden.“ Da auch viele andere Krankheiten durch oxidativen Stress ausgelöst werden, könnten seine Erkenntnisse aber darüber hinaus noch für viele weitere neue Diagnose- und Therapieverfahren genutzt werden.
„Wir werden zukünftig noch viele Berührungspunkte mit CEACAM6 haben und sollten uns dabei immer wieder an den heutigen Moment und Dr. Cheng-Yu Wu erinnern“, betont Professorin Antje Prasse, Chefärztin für Pneumologie am Universitätsspital Basel, Jurymitglied und gleichzeitig Vorsitzende der Programmkommission des DGP-Kongresses.
Zwei erstplatzierte Forschungsarbeiten in 2024
2024 gibt es beim Pneumologie-Forschungspreis 2024 noch eine Besonderheit: Es gibt zwei Gewinner-Projekte. Neben der Gießener Arbeit von Dr. Cheng-Yu Wu wurde auch das Forscher-Duo Janine Gote-Schniering und Niklas Lang vom Helmholtz Zentrum München mit dem Preis ausgezeichnet. „Wenn man zwei so hochklassige Projekte unter den eingereichten Arbeiten identifiziert, darf man als Fachgesellschaft hier auch der Freude über die hervorragenden Nachwuchswissenschaftler mit zwei erstplatzierten Siegerarbeiten Ausdruck verleihen“, so DGP-Präsident Windisch.
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