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06/03/2024 11:49

Glück lernen in der Schule

Bianca Loschinsky Presse und Kommunikation
Technische Universität Braunschweig

    Kann man Glück trainieren? Ja, kann man! Und je früher, desto besser, sagt der Glücksforscher Tobias Rahm. Deshalb hat der Wissenschaftler vom Institut für Pädagogische Psychologie der Technischen Universität Braunschweig gemeinsam mit der Buchautorin Carina Mathes das Projekt „Glückskompetenz in der Grundschule“ (GlüGS-Projekt) ins Leben gerufen. Mehr als 500 Kinder an Braunschweiger Grundschulen haben im Schuljahr 2022/23 am „Glücksunterricht“ teilgenommen. Was die Schüler*innen gelernt haben, berichten Tobias Rahm und das GlüGS-Team am 8. Juni bei der Abschlussveranstaltung am Nordcampus der Universität.

    Mehr Glückserleben und Wohlbefinden in die Schulen bringen – das ist das Ziel des GlüGS-Projekts. Deshalb standen von November 2022 bis Januar 2023 und von April bis Juni 2023 neben Mathe, Deutsch und Sport auch insgesamt elf Stunden „Glücksunterricht“ auf dem Stundenplan der Viertklässler*innen. Für die „Glücksstunden“ verantwortlich waren angehende Lehrer*innen und Erziehungswissenschaftler*innen der TU Braunschweig, die jeweils zu zweit an einer der 16 teilnehmenden Braunschweiger Grundschulen gemeinsam mit der Klassenlehrkraft im Unterricht mitgewirkt haben.

    Schulfach Glückskompetenz

    Grundlage für die Unterrichtsentwicklung war das „Curriculum Schulfach Glückskompetenz" der Autorin Carina Mathes, das den Studierenden ein leicht umsetzbares Curriculum mit anregenden Geschichten, Elterninformationen, Arbeitsblättern und Bastelanleitungen bietet. Zu jeder Unterrichtsstunde gab es für die Studierenden ein neues Lernvideo von der Autorin und eine Reflexionsstunde mit dem Diplompsychologen Tobias Rahm, der pensionierten Schulleiterin Barbara Steinau-Giesert und der online zugeschalteten Carina Mathes.

    Der Glücksunterricht basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen der positiven Psychologie, der Resilienzforschung und der Lern- und Gehirnforschung. Themen sind beispielsweise Hilfsbereitschaft und Dankbarkeit, Entspannung und Achtsamkeit, Stress und Angst, Selbstbewusstsein oder die Wahrnehmung von Gefühlen. Diese wurden den Schüler*innen im „Glücksunterricht“ spielerisch und kreativ vermittelt, zum Beispiel indem die Kinder Postkarten mit Komplimenten schrieben.

    Was hat der Glücksunterricht bewirkt? „Die Resonanz der teilnehmenden Kinder, Eltern, Lehrkräfte und Schulleitungen war durchweg positiv“, sagt Tobias Rahm vom Institut für Pädagogische Psychologie der Technischen Universität Braunschweig. Doch natürlich wollte der Forscher es genauer wissen. Deshalb gab es eine wissenschaftliche Begleitforschung: Zu vier Messzeitpunkten wurden Schüler*innen, Eltern, Lehrer*innen und die Studierenden zu Effekten und Erfahrungen mit dem „Glücksunterricht" befragt und interviewt.

    Negative Gefühle nahmen ab

    Vor Beginn der Glücksstunden füllten die teilnehmenden Kinder und ihre Parallelklassen Fragebögen zum eigenen Wohlbefinden aus, um Veränderungen messen zu können und sicherzustellen, dass diese auf das Programm zurückzuführen sind. Die Ergebnisse ergaben ein gemischtes Bild. Signifikante Effekte zeigten sich bei den Kindern vor allem in einem Punkt: Negative Emotionen nahmen nach einem Monat ab. Die Fragebogendaten der Eltern wiesen auf einen mittleren positiven Effekt auf das psychische Wohlbefinden ihrer Kinder hin. Besonders interessant waren auch die Hinweise darauf, dass Kinder, die zu Beginn zu Hause weniger Unterstützung erfuhren oder ein geringer ausgeprägtes Selbstbild hatten, stärker von den Glücksstunden profitierten. Obwohl die quantitativen Ergebnisse begrenzt waren, zeigten die qualitativen Rückmeldungen eine hohe Zufriedenheit mit dem Programm und seinen Wirkungen. Kinder und Eltern berichteten insbesondere von Verbesserungen des Sozialverhaltens und des Klassenklimas. Auch in Gesprächen mit Schulleitungen und Lehrkräften wurden positive Erfahrungen hervorgehoben.

    Warum blieben viele erwartete Effekte, wie beispielsweise eine verbesserte Stimmung, aus? Ein Vergleich mit anderen Programmen der Positiven Bildung, wie dem GNH-Curriculum (Gross National Happiness) von Alejandro Adler (2016), zeigt, dass die Intensität des Glücksunterrichts mit elf Unterrichtsstunden à 45 Minuten über drei Monate geringer ist als bei umfangreicheren Programmen, die von intensiv ausgebildeten Lehrkräften durchgeführt werden. Die hier gefundenen Effekte können daher als Teilerfolg gewertet werden.

    Unkomplizierte Integration in den Schulalltag

    „Das GlüGS-Projekt entlastet die Lehrkräfte und benötigt nur geringe finanzielle Ressourcen, was im Schulalltag natürlich sehr von Vorteil ist“, so Tobias Rahm. „Anders als umfangreiche Programme, die stark vom Engagement und der Vorbereitungszeit der Lehrer*innen abhängen, kann dieser Ansatz viel unkomplizierter in den Schulalltag integriert werden.“

    Ein weiterer Nebeneffekt: Die Lehramtsstudierenden lernen bereits in einer frühen Phase ihrer Ausbildung, wie wertvoll die Förderung des Wohlbefindens von Kindern in der Schule sein kann und wie sie dies in der Praxis umsetzen können. Der schrittweise Aufbau einer glücksorientierten Schulkultur könnte langfristig durch erfahrenere Lehrkräfte und anderen an der Schule tätigen Professionen vorangetrieben werden.

    „Es sollte jedoch nicht vergessen werden, dass das Wohlbefinden von Kindern von vielen Faktoren beeinflusst wird, einschließlich genetischer Dispositionen und familiärer Variablen wie elterliche Fähigkeiten und Gesundheit. Diese können das Wohlbefinden stärker beeinflussen als positive Bildungsprogramme“, betont der Glücksforscher. „Wenn wir uns eine Gesellschaft mit mehr Wohlbefinden und weniger Stress und psychischen Erkrankungen wünschen, ist unser Bildungssystem aber weiterhin der beste Ansatzpunkt.“ Seine Vision: Schulen zum Aufblühen mit Selbststärkungsprogrammen in jedem Jahrgang, in positiver Bildung trainierten Kollegien und motivierenden Angeboten für Eltern.

    Weitere Informationen: www.tu-braunschweig.de/gluecksforschung

    Abschlussveranstaltung zur Pilotphase des GlüGS-Projekts
    Teilnahme für Interessierte möglich mit Anmeldung. Medien sind herzlich eingeladen.

    am 8. Juni 2024, 14:30 Uhr
    Institut für Pädagogische Psychologie, Bienroder Weg 82, 38106 Braunschweig

    Programm
    14:30 Uhr Grußworte
    • Torsten Glaser, Leiter des Regionalen Landesamtes für Schule und Bildung Braunschweig
    • Prof. Carmen Becker, Studiendekanin der Fakultät für Geistes- und Erziehungswissenschaften, TU Braunschweig

    15:00 Uhr Vortrag Tobias Rahm
    • Das GlüGS-Projekt und was wir gelernt haben

    16:30 Uhr Workshops
    • Kennenlernen von Übungen aus den Glücksstunden

    17:30 Uhr Abschluss
    • Ausblick und neue Projekte

    Informationen zur Veranstaltung: https://www.tu-braunschweig.de/gluecksforschung/veranstaltungen

    Anmeldung erforderlich unter: https://www.unipark.de/uc/GlueGS/


    Contact for scientific information:

    Tobias Rahm
    Technische Universität Braunschweig
    Institut für Pädagogische Psychologie (IPP)
    Bienroder Weg 82
    38106 Braunschweig
    E-Mail: t.rahm@tu-braunschweig.de
    www.tu-braunschweig.de/ipp


    Original publication:

    Tobias Rahm, Nicole Oberlehberg, Axel Mayer: Teaching happiness to students – implementation and evaluation of a program aiming at promoting wellbeing in elementary schools.
    In: Frontiers in Psychology, 08 February 2024, Sec. Positive Psychology, Volume 15 – 2024.
    DOI: https://doi.org/10.3389/fpsyg.2024.1289876


    Images

    Glücksforscher Tobias Rahm vom Institut für Pädagogische Psychologie der TU Braunschweig.
    Glücksforscher Tobias Rahm vom Institut für Pädagogische Psychologie der TU Braunschweig.
    Markus Hörster/TU Braunschweig


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
    Psychology, Social studies, Teaching / education
    transregional, national
    Press events, Research results
    German


     

    Glücksforscher Tobias Rahm vom Institut für Pädagogische Psychologie der TU Braunschweig.


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