idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
07/09/2024 16:08

Wenn das „rechte“ Herz versagt: Entschlüsselung von genetischen Netzwerken der fortschreitenden Rechtsherzschwäche

Lisa Dittrich Presse, Kommunikation und Marketing
Justus-Liebig-Universität Gießen

    Arbeitsgruppen aus der Pharmakologie und der Physiologie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) veröffentlichen Studie zur Rechtsherzinsuffizienz

    Die fortschreitende Unfähigkeit des Herzens, ausreichend Blut durch den Körper zu pumpen, ist eine unheilbare Erkrankung mit einer schlechten Prognose. Dieses Krankheitsbild, das sowohl die rechte als auch die linke Herzkammer betreffen kann, wird als chronische Herzschwäche oder Herzinsuffizienz bezeichnet, ist häufig ein Endzustand von unterschiedlichen Herzkrankheiten und gehört weltweit und mit steigender Tendenz zu den vorherrschenden Todesursachen. Insbesondere die spezifischen Vorgänge bei einer Rechtsherzinsuffizienz sind im Gegensatz zur häufigeren Linksherzinsuffizienz noch vergleichsweise wenig erforscht. Ein interdisziplinäres Team der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) unter der Leitung der Physiologin Prof. Dr. Susanne Rohrbach und des Pharmakologen Prof. Dr. Michael Kracht hat dazu jetzt eine Studie in „Nature Cardiovascular Research“ veröffentlicht.

    „Bei einer Rechtsherzinsuffizienz kann die rechte Herzkammer nicht mehr genug Blut durch die Lunge pumpen, so dass es zu einem Rückstau in die Leber und andere Organe kommt und das Blut insgesamt nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff gesättigt wird“, erklärt Prof. Rohrbach. „Hierfür gibt es eine Reihe von Ursachen, wie ein erhöhter Blutdruck im Lungenkreislauf und Verengungen in den Lungenarterien oder Herzklappenfehler.“

    Obwohl oft gleichgesetzt, gibt es zwischen der linken und der rechten Herzkammer wichtige Unterschiede. Die rechte Herzkammer, in der der Blutdruck geringer ist, weist eine dünnere Muskelschicht, eine geringere Kraftentfaltung und eine nachgiebigere Herzwand auf. „Diese Unterschiede und das fehlende Ansprechen einer Rechtsherzinsuffizienz auf herkömmliche Medikamente für die Linksherzschwäche oder das Linksherzversagen führten zu der Frage, welche molekularen Veränderungen im Verlauf der chronischen Rechtsherzerkrankung auftreten“, erklärt Prof. Michael Kracht aus dem Rudolf-Buchheim-Institut für Pharmakologie der JLU. „Hierfür war für uns von besonderem Interesse, dass die rechte Herzkammer über einen längeren Zeitraum eine Pumpschwäche durch Umbauvorgänge kompensieren kann, bevor es sozusagen zusammenbricht und es zum terminalen Rechtsherzversagen kommt.“

    Die Forschenden um Prof. Rohrbach und Prof. Kracht konnten unter anderem mit Hilfe von komplexen bioinformatischen Methoden funktionell zusammenhängende genetische Netzwerke rekonstruieren, deren Aktivierung mit dem Schweregrad einer Rechtsherzinsuffizienz zusammenhängt. Hierfür verglichen sie die Genaktivitäten von Herzmuskelzellen aus einem eigens etablierten Tiermodell in der Ratte mit Gewebeproben von Patientinnen und Patienten, die an einer chronischen Form des Lungenhochdrucks mit einer Rechtsherzbelastung erkrankt waren. Die Forschungsergebnisse können dabei helfen, die Ursachen der Krankheit zu verstehen und neue Therapien zu entwickeln.

    „Wir haben Gruppen von Genen gefunden, die den Übergang von einer stabilen zu einer sich verschlechternden Rechtsherzinsuffizienz anzeigen. Einige dieser Gene sind wichtig für den bindegewebigen Umbau des Herzgewebes und könnten in Zukunft als Biomarker oder Angriffspunkte für neue Medikamente dienen“, betont Prof. Kracht. „Andere Gene wurden bisher kaum untersucht, wie zum Beispiel Proenkephalin, dessen Genprodukte die Funktion von Herzmuskelzellen beeinträchtigen können. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Rechtsherzinsuffizienz nicht durch ein einzelnes Gen, sondern durch Gruppen von zusammenwirkenden Genen verursacht wird. In Zukunft wird es wichtig sein, diese Gen-Netzwerke gezielt zu behandeln“, fügt Prof. Rohrbach hinzu.

    Die interdisziplinäre Untersuchung des Lungenhochdrucks und des Rechtsherzversagens stellt die Kernkompetenz des Gießener Sonderforschungsbereichs (SFB) „Pulmonale Hypertonie und Cor pulmonale“ dar. „Die Studie zeigt beispielhaft, wie unterschiedlichste Ressourcen gemeinsam genutzt werden, um neue Erkenntnisse und Therapieansätze zu entwickeln. Zahlreiche Forschende aus verschiedenen Teilprojekten des SFBs haben mit Probenmaterial, Datensätzen und spezifischen Tests einen Beitrag zur Komplementierung dieser Studie geleistet“, erklärt Prof. Dr. Norbert Weißmann, der Sprecher des SFBs.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Michael Kracht
    Rudolf-Buchheim-Institut für Pharmakologie der Justus-Liebig-Universität Gießen
    Telefon: 0641 99-47600
    E-Mail: Michael.Kracht@pharma.med.uni-giessen.de

    Prof. Dr. Susanne Rohrbach
    Physiologisches Institut der Justus-Liebig-Universität Gießen
    Telefon: 0641 99-47268
    E-Mail: Susanne.Rohrbach@physiologie.med.uni-giessen.de


    Original publication:

    Liane Jurida, Sebastian Werner, Fabienne Knapp, Bernd Niemann, Ling Li, Dimitri Grün, Stefanie Wirth, Axel Weber, Knut Beuerlein, Christoph Liebetrau, Christoph B. Wiedenroth, Stefan Guth, Baktybek Kojonazarov, Leili Jafari, Norbert Weissmann, Stefan Günther, Thomas Braun, Marek Bartkuhn, Ralph T. Schermuly, Peter Dorfmüller, Xiaoke Yin, Manuel Mayr, M. Lienhard Schmitz, Laureen Czech, Klaus-Dieter Schlüter, Rainer Schulz, Susanne Rohrbach & Michael Kracht: A common gene signature of the right ventricle in failing rat and human hearts.
    https://www.nature.com/articles/s44161-024-00485-1
    DOI: 10.1038/s44161-024-00485-1


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Medicine
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).