idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
07/15/2024 09:00

Kardiologen fordern bessere Erforschung von Geschlechterunterschieden bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Michael Böhm Pressesprecher
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.

    Die Unterschiede bei Frauen und Männern hinsichtlich des Risikos und der Ausprägung kardiovaskulärer Erkrankungen werden bisher zu wenig berücksichtigt. Die DGK fordert deshalb mehr genderspezifische Forschung. Ein erstes Positionspapier soll für diese Defizite sensibilisieren und auf die bestehenden Herausforderungen aufmerksam machen.

    Düsseldorf, 15. Juli 2024 – Die Symptome verschiedener Herz-Kreislauf-Erkrankungen können bei Männern und Frauen ganz unterschiedlich in Erscheinung treten. Auch gibt es Unterschiede in der Wirkung von Medikamenten. Dennoch werden geschlechterspezifische Faktoren in der Gesundheits- und Krankheitsforschung oftmals zu wenig berücksichtigt. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. (DGK) hat deshalb ihr erstes Positionspapier zur Gendermedizin mit Fokus auf kardiovaskuläre Erkrankungen veröffentlicht. Es soll Ärzt:innen und ihre Patient:innen auf die wissenschaftlich begründeten Unterschiede hinweisen und so zu einer bestmöglichen Versorgung beitragen.

    Ein Herzinfarkt wird bei Frauen häufig verzögert erkannt

    Die typischen Symptome eines Herzinfarkts wie starkes Enge- oder Druckgefühl in der Brust mit häufiger Ausstrahlung in den linken Arm finden sich typischerweise bei Männern. Bei Frauen sind diese seltener, außerdem weisen sie häufiger unspezifische und vielfältigere Symptome auf.

    „Oft ist der Brustschmerz schwächer ausgeprägt und das Ausstrahlen in den linken Arm kann auch ausbleiben“, bemerkt Prof. Dr. med. Andrea Bäßler, Sprecherin der AG28 „Gendermedizin in der Kardiologie“ der DGK. „Stattdessen berichten betroffene Frauen eher von Kurzatmigkeit, geringerer Belastbarkeit, Schmerzen in Oberbauch und Rücken sowie von vegetativen Veränderungen wie Übelkeit, Erbrechen und Schweißausbruch.“

    Dies führe häufig dazu, dass Frauen aber auch Ärzte die Hinweise fehldeuten und beispielsweise an eine Magenverstimmung denken. So kann es selbst in der Notaufnahme im Krankenhaus zu Fehldeutungen durch das Fachpersonal kommen. Der gefährliche Herzinfarkt kann dann spät oder möglicherweise gar nicht diagnostiziert werden und gelegentlich unbehandelt bleiben.

    Rauchen ist für Frauen riskanter, intensiver Sport hingegen nicht

    Nikotinkonsum schadet allen Menschen. Für Frauen ist das damit verbundene Risiko für einen Herzinfarkt aber höher als für Männer. Während männliche Raucher ein durchschnittlich 1,43-mal höheres Risiko für einen Herzinfarkt haben als Nichtraucher, ist das durchschnittliche Risiko für Raucherinnen 2,24-mal höher. Zudem reduziert Nikotin die Aktivität des weiblichen Geschlechtshormons Östrogen und vermindert die Prolaktinsekretion, wodurch die Menopause ein bis vier Jahre früher eintreten kann und das kardiovaskuläre Folgerisiko erhöht wird.

    Dafür haben Frauen ein deutlich geringeres Risiko beim intensiven Sporttreiben: Athletinnen erleiden beim Leistungssport seltener maligne Rhythmusstörungen oder einen plötzlichen Herztod.

    Leitlinien berücksichtigen Geschlechterunterschiede aufgrund fehlender Datenlage wenig

    Beide Geschlechter haben im mittleren Alter ein ähnliches Risiko für Bluthochdruck (Männer: 34% vs. Frauen: 32%). Frauen haben im Alter jedoch öfter bluthochdruckabhängige Erkrankungen. Bei Frauen geht der Anstieg des arteriellen Blutdrucks ab dem 30. Lebensjahr nämlich schneller voran und beschleunigt sich nach der Menopause abermals. Zudem weisen Studien darauf hin, dass Frauen im Vergleich zu Männern schon bei niedrigeren Blutdruckwerten ein höheres Risiko für Herzschwäche und Schlaganfall haben. Auch sprechen Männer und Frauen auf blutdrucksenkende Mittel unterschiedlich an, was das Risiko für Nebenwirkungen beeinflusst.

    Da es allerdings an randomisierten Studiendaten fehlt, finden diese Unterschiede in den europäischen Leitlinien zum Management der arteriellen Hypertonie bislang keine Beachtung.

    Angemessenes Verhältnis beider biologischer Geschlechter in Forschung notwendig

    Diese Informationslücken basieren zum Großteil darauf, dass Frauen in wissenschaftlichen Studien aus unterschiedlichen Gründen unterrepräsentiert sind. „Umso wichtiger ist es, ab sofort beim Einschluss von Patienten in klinischen Studien ein angemessenes Verhältnis beider biologischer Geschlechter anzustreben, das in Relation zur Häufigkeit der Erkrankung bei Frauen und Männern steht“, so Bäßler. „Nur so können wir wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse erlangen, um zukünftig eine optimale Versorgung sowohl von Männern als auch Frauen sicherzustellen“.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Andrea Bäßler, Universitätsklinikum Regensburg
    Tel: 0941 9447230
    E-Mail: andrea.baessler@ukr.de


    Original publication:

    https://doi.org/10.1007/s12181-024-00694-9


    Images

    Prof. Dr. med. Andrea Bäßler ist Sprecherin der AG28 „Gendermedizin in der Kardiologie“ der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und Erstautorin des Positionspapiers „Geschlechterspezifische Aspekte kardiovaskulärer Erkrankungen“
    Prof. Dr. med. Andrea Bäßler ist Sprecherin der AG28 „Gendermedizin in der Kardiologie“ der Deutsche ...

    © Fotostudio Daniel


    Attachment
    attachment icon Pressemeldung als PDF

    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, Students
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Social studies
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Prof. Dr. med. Andrea Bäßler ist Sprecherin der AG28 „Gendermedizin in der Kardiologie“ der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und Erstautorin des Positionspapiers „Geschlechterspezifische Aspekte kardiovaskulärer Erkrankungen“


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).