idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
08/16/2024 14:45

Forschung am Paul-Ehrlich-Institut: Erkenntnisse zu natürlichen Gerinnungshemmern bei COVID-19

Dr. Susanne Stöcker Medien - und Öffentlichkeitsarbeit
Paul-Ehrlich-Institut - Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel

    Die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit schwerem COVID-19-Krankheitsverlauf nach einer SARS-CoV-2-Infektion bleibt schwierig. Insbesondere schwere Entzündungsreaktionen und thrombotische Komplikationen können lebensbedrohlich verlaufen. Klassische Antikoagulanzien wie Heparin können diese Komplikationen oft nicht verhindern. Eine Auswertung von Literaturdaten zeigt, dass natürliche Gerinnungshemmer, sogenannte Plasmaprotease-Hemmstoffe, bei der Regulation der außer Kontrolle geratenen Entzündungs- und Gerinnungs-Prozesse bedeutsam sind und auf ihren therapeutischen Nutzen überprüft werden sollten. Über die Ergebnisse berichtet die Zeitschrift Biologicals vorab online.

    Nach wie vor besteht dringender Bedarf an wirksamen Therapeutika zur Behandlung schwerer COVID-19-Verläufe. Ein diskutierter Ansatz ist die passive Immunisierung durch die Transfusion von COVID-19-Rekonvaleszentenplasma (COVID-19 convalescent plasma, CCP). Trotz intensiver Studien konnten bisher keine eindeutigen Beweise für die Wirksamkeit von CCP erbracht werden, was auch auf Unterschiede in den Studienparametern zurückzuführen sein könnte. Zwar zeigte eine neuere Studie, dass nach Verabreichung von CCP mit einem hohen Antikörpertiter innerhalb von fünf Tagen nach Beginn der invasiven Beatmung die Sterblichkeit signifikant sank. Dennoch bleiben Fragen zur Wirksamkeit von CCP und hergestelltem COVID-19-Hyperimmunglobulin (CHIG) offen. Andere aktuelle Studien haben bislang wenig bis keinen Einfluss auf die Gesamtsterblichkeit festgestellt.

    Apl. Prof. Dr. Rainer Seitz, ehemals Kliniker an der Universitätsklinik Marburg und Leiter der Abteilung Hämatologie und Transfusionsmedizin des Paul-Ehrlich-Instituts, hat sich zusammen mit den ebenfalls emeritierten Kollegen Prof. Dr. Lutz Gürtler, ehemals Virologe an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und Prof. Wolfgang Schramm, ehemals Hämatologe an der LMU mit der Thematik befasst und die verfügbaren Daten zu den drei natürlichen Protease-Inhibitoren Antithrombin III (ATIII), α1-Antitrypsin (α1-AT) und α2-Makroglobulin (α2-M) ausgewertet. Protease-Inhibitoren hemmen die Aktivität von eiweißabbauenden Enzymen.

    Protease-Inhibitor Antithrombin III (ATIII)

    ATIII ist als plasmagewonnenes Konzentrat erhältlich und bei schwerem COVID-19 signifikant vermindert. Dies deutet darauf hin, dass ATIII allmählich verbraucht wird und seine Ergänzung eine Option sein könnte, insbesondere da gezeigt wurde, dass ATIII die Aktivität der transmembranen Serinprotease 2 (TMPRSS2) hemmt. Klinische Studien haben gezeigt, dass ATIII-Plasmaspiegel bei Personen, die die Infektion nicht überlebt haben, signifikant niedriger sind als bei Überlebenden.

    Protease-Inhibitor α1-Antitrypsin (α1-AT)

    Plasmagewonnenes α1-AT ist bei Erwachsenen mit schwerem α1-AT-Mangel zugelassen, um das Fortschreiten von Emphysemen (Schädigung von Lungenbläschen) zu verlangsamen. Epidemiologische Studien fanden eine Korrelation zwischen α1-AT-Mangel und COVID-19-Pathogenese. α1-AT hemmt ebenfalls die TMPRSS2-Aktivität und könnte somit therapeutisch nützlich sein.

    Protease-Inhibitor α2-Makroglobulin (α2-M)

    Der Proteaseinhibitor α2-M ist derzeit nicht als therapeutisches Präparat erhältlich. Klinische Daten deuten auf eine Reduktion von α2-M bei COVID-19 hin. Es gibt mehrere Argumente, sein prädiktives und therapeutisches Potenzial weiter zu erforschen, da es ein vielseitiger Moderator von Abwehrsystemen des Wirts ist.

    Die Autoren betonen abschließend die aus ihrer Sicht notwendige intensive Forschung, um die vielversprechenden Möglichkeiten der Plasmaprotease-Inhibitoren in der COVID-19-Therapie weiter zu erforschen. Aus ihrer Sicht könnte dies nicht nur die Prognose von COVID-19-Patientinnen und -Patienten verbessern, sondern auch neue therapeutische Felder für andere Erkrankungen wie die Sepsis – die schwerste Verlaufsform einer Infektion, auch als Blutvergiftung bekannt – eröffnen.


    Original publication:

    Seitz R, Gürtler L, Schramm W (2024): COVID-19: A case for plasma derived natural anticoagulants?.
    Biologicals 87: 101781
    DOI: 10.1016/j.biologicals.2024.101781


    More information:

    https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1045105624000381?via%3Dihub - Link zum Artikel
    https://www.pei.de/DE/newsroom/pm/jahr/2024/09-forschung-gerinnungshemmer-covid-... - Diese Pressemitteilung auf den Seiten des Paul-Ehrlich-Instituts


    Images

    Zitat mit Fazit der Studie
    Zitat mit Fazit der Studie
    Paul-Ehrlich-Institut
    Paul-Ehrlich-Institut


    Attachment
    attachment icon Audiozitat mit Fazit der Studie

    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Biology, Medicine
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Zitat mit Fazit der Studie


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).