Wissenschaftler der DHBW Karlsruhe erklärt den Brauch aus neurowissenschaftlicher und marketingstrategischer Sicht
Halloween hat sich in den letzten Jahren zu einem der beliebtesten Events entwickelt. Doch warum entsteht gerade jetzt ein solcher Hype um Halloween? Zur Einordnung gibt der Marketingexperte Jan Michael Rasimus, Leiter des Eye Tracking-Labors der DHBW Karlsruhe, Einblicke in die Neurowissenschaften.
Halloween ist in den letzten Jahren auch in Europa immer populärer geworden. Was steckt hinter diesem Trend?
Rasimus: Halloween kombiniert zwei wesentliche Elemente, die tief in uns Menschen verankert sind: die Faszination für das Unbekannte und den sozialen Austausch, also die Freude am gemeinsamen Feiern. Aus neurowissenschaftlicher Sicht löst der Kontrast zwischen Angst und Belohnung ein besonderes neurochemisches Feuerwerk im Gehirn aus. Grusel erzeugt eine Stressreaktion, und gleichzeitig bietet eine sichere Partyumgebung die Möglichkeit, diese Angst auf spielerische Weise zu erleben.
Ist das Gehirn also darauf programmiert, den Nervenkitzel von Halloween zu genießen?
Rasimus: So ist es. Dieser Adrenalinschub wird oft als eine Form des „sicheren Schreckens“ bezeichnet. Unser Gehirn reagiert auf abrupte Schreck- und Gruselimpulse, weil sie ursprünglich als Überlebensmechanismus dienten. Nur findet dies auf Partys in einem sicheren Rahmen statt. Die Kombination aus Schreck und anschließender Entspannung löst eine Art Euphorie aus. Viele kennen das Gefühl nach einer bestandenen Mutprobe oder einer Fahrt in der Geisterbahn. Dazu kommt der soziale Aspekt: Menschen lieben es, diese Erlebnisse gemeinsam zu durchleben – sei es auf einer Halloween-Party oder beim gemeinsamen Schauen eines Horrorfilms.
Gibt es noch andere psychologische Gründe, warum Menschen so gerne feiern und sich verkleiden?
Rasimus: Ja, die gibt es. Ein zentrales Konzept ist hier das Phänomen des sogenannten „Social Play“, also das spielerische Ausleben sozialer Rollen. Verkleidungen sind ein spannendes Werkzeug zur Selbstinszenierung und sozialen Interaktion. Das Eintauchen in eine andere Identität gibt uns die Möglichkeit, aus dem gewohnten Ich auszubrechen und neue Facetten von uns selbst zu erkunden. Psychologisch gesehen kann das Tragen eines Kostüms uns die Freiheit geben, unbewusste Teile unserer Persönlichkeit diskret auszuleben.
Warum sind Halloween-Partys gerade jetzt so beliebt?
Rasimus: Hier kommt eine Mischung aus gesellschaftlichen und psychologischen Faktoren ins Spiel. Zum einen sehnen sich Menschen, insbesondere in Zeiten großer Unsicherheit, wie durch die Pandemie und multipler Krisen, nach sozialen Erlebnissen und kollektivem Feiern. Halloween bietet eine Gelegenheit, aus der Alltagsroutine auszubrechen. Dieses Bedürfnis nach Eskapismus, also dem zeitweiligen Ausbrechen aus der Realität, ist heute vielleicht sogar stärker denn je.
Zum anderen bietet Halloween eine einzigartige Mischung aus Grusel und Spaß, die für viele Altersgruppen attraktiv ist. Gerade junge Erwachsene und Jugendliche lieben die Verbindung von Spannung, Abenteuer und sozialem Zusammenkommen. Halloween-Partys bieten also ein emotionales Erlebnis, das stark verbindet und gleichzeitig das Bedürfnis nach Zugehörigkeit stillt.
Was macht Halloween aber aus marketingtechnischer Sicht so attraktiv?
Rasimus: Aus Marketingperspektive ist Halloween ein Fest, das sich hervorragend vermarkten lässt, weil es mit starken visuellen und emotionalen Reizen arbeitet. Der Gruselcharakter und die symbolträchtigen Figuren wie Geister, Zombies oder Hexen sind extrem wirkungsvolle Motive, die viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Für Marken und Unternehmen bietet Halloween eine ideale Plattform für kreative Kampagnen.
Wie lässt es sich erklären, dass Halloween in Deutschland in den letzten Jahren so deutlich an Popularität gewonnen hat?
Rasimus: Hier spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Zum einen hat die Globalisierung dazu geführt, dass kulturelle Bräuche weltweit schneller verbreitet werden. Internationale Filme (z. B. „Beetlejuice Beetlejuice“) und Serien, aber natürlich auch die Werbeindustrie haben das Bild von Halloween in den letzten Jahren stark geprägt und es zu einem wiederkehrenden, attraktiven Ereignis gemacht. Für den Einzelhandel ist Halloween ein zunehmend wichtiger Umsatztreiber. Der Handelsverband Deutschland (HDE) rechnet in diesem Jahr mit einem Umsatz von 540 Millionen Euro. Viele bekannte Marken nutzen Halloween, um mit aufmerksamkeitsstarken Kampagnen ihre Produkte zu bewerben. Auf Social Media greifen zudem sehr reichweitenstarke Influencer*innen den Halloween-Hype auf, um mit ihren Followern in Kontakt zu treten. Schmink-Tutorials, Verkleidungs- und Party-Tipps sowie Koch- und Backrezepte erzielen derzeit enorme Interaktionsraten. Aber auch für alle anderen ist Halloween mittlerweile ein sehr willkommener Anlass, um der eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen, Spaß zu haben und die eigenen Halloween-Erlebnisse über Social Media zu teilen.
Jan-Michael Rasimus
Leitung Eye Tracking-Labor, DHBW Karlsruhe
Tel.: 0721 / 9735-865
E-Mail: janmichael.Rasimus@dhbw-karlsruhe.de
Hinter den Masken: Der große Hype um Halloween
Jan-Michael Rasimus
DHBW KA//RM / DALL-E
Criteria of this press release:
Journalists, all interested persons
Economics / business administration, Media and communication sciences, Psychology, Social studies
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).