Bei der UN-Weltklimakonferenz (COP29) in Baku (Aserbaidschan) vom 11. bis 22. November 2024 geht es auch um das heikle Thema der Finanzierung von Anpassungsstrategien. Prof. Dr. Lisa Schipper von der Geographischen Entwicklungsforschung der Universität Bonn und Dr. Aditi Mukherji von CGIAR warnen im Journal Science davor, die angeblich mangelnde Messbarkeit von Anpassungsstrategien an den Klimawandel dazu zu missbrauchen, die Finanzmittel zu kürzen. Beide Wissenschaftlerinnen waren am Sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarates IPCC beteiligt.
Die Länder debattieren weiter über die Anpassung an den Klimawandel: Wie sollen solche Strategien finanziert werden? Wer zahlt dafür? Wie soll der Erfolg dieser Maßnahmen gemessen und ihr Scheitern vermieden werden? “Wenn politische Entscheidungsträger behaupten, dass es aufgrund der Komplexität unmöglich ist, den Erfolg von Anpassungsmaßnahmen zu messen, kann sich dies auf die Finanzierung solcher Maßnahmen auswirken”, mahnt Prof. Dr. Lisa Schipper von der Geographischen Entwicklungsforschung der Universität Bonn.
Eine angemessene Finanzierung ist an Fortschritte bei der Anpassung gekoppelt. Viele Länder des Globalen Nordens unterstützten eine Sichtweise, die den Nutzen und die Genauigkeit von Anpassungs-Indikatoren in Frage stellt. “Ohne solche Indikatoren befürchten aber die Länder des Globalen Südens, dass ihre Argumente für eine Finanzierung ins Leere laufen”, sagt Schipper.
Genügend Beispiele für Verbesserungen
Fehlanpassungen - wenn Anpassungsmaßnahmen nach hinten losgehen und die Menschen angesichts des Klimawandels schlechter stellen - sind meist das Ergebnis schlechter Planung und Umsetzung, schreiben die beiden Wissenschaftlerinnen. Problematisch sei es auch, wenn externen Geldgebern das Verständnis für die Zusammenhänge fehle. Jedoch seien in den letzten zehn Jahren weltweit beträchtliche Investitionen in Anpassungsmaßnahmen geflossen und diese auch umgesetzt worden. “Es stehen genügend Beispiele für die Bewertung und Verbesserungen zur Verfügung”, sagt Schipper.
Als Beispiel führen die Wissenschaftlerinnen die Tatsache an, dass Bewässerung oft als Fehlanpassung bezeichnet wird, weil dies zu einer ungleichen Verteilung dieser Ressource führen und wasserintensive Anbausysteme fördern kann. „Dies ist jedoch kein Problem, wenn geeignete Pflanzen, die der allgemeinen Ökologie und den Wasserverhältnissen angepasst sind, mit Bewässerung angebaut werden. Problematisch wird es, wenn wasserintensive Pflanzen in wasserarmen Regionen mit Bewässerung angebaut werden“, so Aditi Mukherji von CGIAR, die sich mit der Bewässerung im Globalen Süden beschäftigt. Außerdem könne die Bewässerung in armen landwirtschaftlichen Gebieten die Bevölkerung mit den notwendigen Nahrungsmitteln versorgen. Wenn die Vorteile der Bewässerung von vornherein als Fehlanpassung eingestuft werden, könne dies dazu führen, dass ein wichtiger Mechanismus zur Verbesserung der Entwicklung und des Wohlergehens vieler Menschen auf der ganzen Welt außer Acht gelassen wird.
Was macht für den Klimawandel anfällig?
In der Diskussion werde nur selten darauf eingegangen, was die Menschen überhaupt anfällig für den Klimawandel macht. Häufig würden Faktoren wie die Ausgrenzung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Religion oder politischen Überzeugung ausgeblendet. Die Betroffenen seien jedoch etwa dazu gezwungen, in Gebieten zu leben, die häufiger von Überschwemmungen heimgesucht werden. Statt diese Gebiete für Siedlungen zu meiden, würden Frühwarnsysteme installiert.
„Fehlanpassungen sollten als warnendes Beispiel und als Wegweiser für Verbesserungen der Anpassung verstanden werden“, schlussfolgern die beiden Autorinnen. Eine Agenda für Klimareparationen würde Finanzmittel für die vom Klimawandel am meisten Betroffenen bereitstellen, ohne strenge Bedingungen für die Finanzierung zu stellen. Schließlich trügen diejenigen, die die Anpassungsfinanzierung am dringendsten brauchen, die geringste Verantwortung für den Klimawandel.
“Das UNEP schätzt, dass jährlich Hunderte von Milliarden US-Dollar für solche Anpassungsmaßnahmen aufgebracht werden müssen“, sagt Aditi Mukherji und verweist auf den kürzlich veröffentlichten ‚Adaptation Gap Report 2024‘ des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP). „Von dieser Summe sind wir noch weit entfernt.“
“Die Aufgabe besteht nun darin, dafür zu sorgen, dass das Geld, das ausgegeben wird, effektiv genutzt wird und sorgfältig mit den Entwicklungsbedürfnissen und -plänen abgestimmt wird, um Fehlentwicklungen zu vermeiden”, fügt Schipper hinzu.
Prof. Dr. Lisa Schipper
Geographische Entwicklungsforschung
Universität Bonn
Tel. +49 228 73-7896
E-Mail: lschipper@uni-bonn.de
Dr. Aditi Mukherji
Director, Climate Change Impact Area Platform
CGIAR Nairobi/Kenia
E-Mail: A.Mukherji@cgiar.org
E.L.F. Schipper and A. Mukherji: Misguided negative adaptation narratives are hurting the poor, Science, Policy Forum, DOI: 10.1126/science.adq7821, URL: https://www.science.org/doi/10.1126/science.adq7821
Criteria of this press release:
Journalists, all interested persons
Environment / ecology, Geosciences, Oceanology / climate
transregional, national
Cooperation agreements, Scientific Publications
German
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