Studierende der Fakultät Biotechnologie an der Hochschule Biberach (HBC) sind Mitautoren zweier wissenschaftlicher Veröffentlichungen in einem renommierten Wissenschaftsjournal. Den meisten bekannt ist wohl das Magazin Nature; die hochrangige Zeitschrift, an denen die Biberacher beteiligt sind, heißt Nature Communications und ist eine Schwesterzeitschrift, die ebenfalls von der Nature Publishing Group als begutachtete wissenschaftliche Open-Access-Fachzeitschrift herausgegeben wird.
Die Artikel befassen sich beide mit der Infektionskrankheit Malaria, die über die Mücke Anopheles übertragen wird und noch immer jedes Jahr das Leben von Hunderttausenden Menschen fordert, vor allem in Subsahara-Afrika und Ländern des globalen Südens. Besonders betroffen sind Kinder. Trotz der Bemühungen der Weltgesundheitsorganisation WHO konnte die Krankheit in den vergangenen Jahren nicht eingedämmt werden. Ein großes Problem stellt zum einen die zunehmende Entwicklung von Resistenzen dar, zum anderen der Klimawandel und die Ausbreitung der Anopheles-Moskitos in immer nördlicheren Regionen. „Malaria könnte in Zukunft also auch für das Gesundheitssystem in Europa oder eben Deutschland eine größere Herausforderung darstellen“, sagt Elena Christ, eine der drei studentischen Autor*innen der HBC.
Assistenzprofessor Johan Ankarklev, Leiter des Labors für Molekulare Biowissenschaften am Wenner-Gren-Institut der Universität Stockholm, der die Biberacher Studierenden betreut hat, sagt: „Eingehendere Studien zur Malariaübertragung wurden in der Vergangenheit vernachlässigt“, der Fokus der Malariaforschung habe sich vor allem auf das symptomverursachende asexuelle Blutstadium konzentriert. Die Ergebnisse der beiden Studien, die nun in seinem Labor durchgeführt wurden, hält er deshalb für künftige Forschungs- und Innovationsstrategien für sehr relevant: „Unsere Studien bieten der Infektionsbiologie neue Strategien, um sowohl die Mikrobe als auch das infizierte Gewebe mit hoher Auflösung zu untersuchen. Gleichzeitig haben wir neue Berechnungsmethoden entwickelt, insbesondere zur Untersuchung der Parasitenentwicklung und der Wirt-Parasit-Interaktionen, was für das Gebiet der Infektions- und Immunologie von großer Bedeutung ist“.
Die drei Studierenden Elena Christ (25), Richard Scheytt (25) und Elisa Semle (23) haben die Forschungsarbeiten zu den beiden Studien maßgeblich unterstützt. Sie verbrachten jeweils neun Monate in Schweden und arbeiteten im Labor von Johan Anklarklev. Das Praktikum ist Bestandteil des Bachelor-Studienganges Pharmazeutische Biotechnologie. Teilweise haben die Studierenden auch ihre Bachelorarbeit zum Thema Malaria erarbeitet. Inzwischen haben sie ihr Studium abgeschlossen und die HBC verlassen. Elena Christ (Molekulare Biotechnologie an der Technischen Universität München) und Elisa Semle (duales Studiums Pharmaceutical Science und Business an der Hochschule Reutlingen) haben sich für ein weiterführendes Masterstudium entschieden, Scheytt arbeitet bereits in der Industrie.
Zurück zu ihrem Aufenthalt in Stockholm: Elena Christ und Richard Scheytt beschäftigten sich intensiv mit den Übertragungswegen von Malaria. Die Infektionskrankheit wird von einzelligen Parasiten der Gattung Plasmodium ausgelöst, die mit dem Stich eines Anopheles-Moskito von einem Menschen auf den anderen übertragen werden. Für ihren komplexen Lebenszyklus benötigen die Parasiten sowohl den Moskito als auch den Menschen als Wirt und durchlaufen dabei mehrere Stadien. Damit die Parasiten beim nächsten Moskito-Stich vom Menschen wieder auf das Insekt übertagen werden, findet im menschlichen Blutkreislauf eine besondere Umwandlung der Parasiten statt: Aus den zuvor asexuellen Parasiten differenzieren sich nun männliche und weibliche Zellen - die Gametozyten. Das Insekt nimmt diese Zellen mit der Blutmahlzeit auf, woraufhin die männliche Mikrogamete mit der weiblichen verschmilzt und diese befruchtet. So entsteht eine sogenannte Zygote, die sich im Laufe der Zeit zu einem für den Menschen infektiöse Stadium entwickeln.
Die Forschungsgruppe von Dr. Johan Ankarklev hat sich auf die Entwicklung der Geschlechtsausprägung von Malaria-Erregern konzentriert. „Speziell hat uns interessiert, wie die Entwicklung von männlichen und weiblichen Geschlechtszellen reguliert wird“, berichtet Elisa Christ. Um das herauszufinden, wurde mithilfe einer speziellen Methode (Single Cell Sequencing) die genetische Aktivität einzelner Zellen zu verschiedenen Zeitpunkten untersucht. „Dadurch konnten wir die individuelle Expression bestimmter Botenstoffe (mRNA) identifizieren, die bei dieser Entwicklung eine wichtige Rolle spielen. Mithilfe von Computeranalysen gelang es uns Botenstoffe zu identifizieren, die für männliche oder weibliche Geschlechtszellen spezifisch sind und die Entwicklung der Geschlechtszellen steuern," sagt die Absolventin, die in diesem Projekt gemeinsam mit ihrem Kommilitonen Richard Scheytt gearbeitet hat.
Auch Elisa Semle hat sich mit Malaria-Erregern beschäftigt. Konkret war es ihre Aufgabe, präparierte Lebern von infizierten Mäusen mit farblich markierten Antikörpern abzubilden. Dafür werden die tiefgefrorenen Organe in hauchdünne Scheiben geschnitten und auf Objektträgern aufgeklebt – eine Geduldsaufgabe, die sehr viel Konzentration und Präzision verlangt. „Die mit Fluoreszenzfarbstoffen markierten Antikörper binden an bestimmte Proteine in den Zellen des Gewebes und machen sie bei der mikroskopischen Darstellung sichtbar“, erklärt die Absolventin. Für die Untersuchungen wurde unter anderem ein Antikörper verwendet, der an ein bestimmtes Oberflächenprotein des Malaria-Erregers bindet. Die Malaria Erreger konnten dadurch unter dem Mikroskop sichtbar gemacht werden (Fluoreszenzmikroskop). Mit dieser Methode konnte Elisa Semle verschiedene Immunzellen und Malariaparasiten anfärben und das Auftreten bzw. die Veränderungen in den verschiedenen Phasen der Infektion untersuchen. „Die Leber ist das erste Infektionsstadium im menschlichen Wirt“, erklärt sie. Die Anzahl der Parasiten sei in dem Organ zunächst sehr gering, weshalb es sich als optimaler Angriffspunkt eigne, um die Infektion zu stoppen, bevor die Parasiten das symptomverursachende Blutstadium erreichen.
Elena, Richard und Elisa waren die ersten Biberacher Studierenden, die in das Labor von Johan Ankarklev kamen. „Ich bin begeistert, dass alle drei diese sehr ehrgeizige Arbeit auf diesem Niveau durchführen konnten, was ihnen schlussendlich die Autorenschaft an unserer spannenden Studie einbrachte“, sagt der Stockholmer Wissenschaftler. Auch die Absolvent*innen sind stolz darauf, dass ihre Ergebnisse in die Publikationen der Universität Stockholm eingeflossen sind – und dies nun im Nature Communications veröffentlicht wurden.
Nicht nur für die drei jungen Biotechnolog*innen bedeutet dies eine besondere Wertschätzung. Auch die Fakultät Biotechnologie freut sich über die Möglichkeit für ihre Studierenden, an der Universität Stockholm und an medizinisch relevanten Fragestellungen mitzuarbeiten. „Wir unternehmen seit vielen Jahren mit unseren Bachelor-Studiengängen Exkursionen nach Schweden, besichtigen das SciLifeLab, eine Einrichtung zur Förderung der molekularen Biowissenschaften in Schweden, pharmazeutische Unternehmen und mehrere Universitäten, darunter das für seine medizinische Forschung weltweit anerkannte Karolinska Institut“, berichtet Studiendekan Prof. Dr. Jürgen Hannemann. „Dass Studierende an wissenschaftlich wichtigen Themen mitarbeiten und auch in Fachpublikationen erwähnt werden, macht uns natürlich stolz und bestätigt uns, dass die Ausbildung in unserer Fakultät eine hohe Qualität aufweist“.
Elena Christ möchte auch in ihrem späteren Berufsleben eine Brücke zwischen Wissenschaft und Gesellschaft schlagen. „Mir ist es wichtig, dass wissenschaftliche Innovationen nicht nur im Labor bleiben, sondern praktische Lösungen für die Menschen bieten“, sagt sie. Elisa Semle ist noch unentschieden, zunächst will sie ihr duales Masterstudium absolvieren, für das das Ravensburger Pharmaunternehmen Vetter ihr Praxispartner ist. Richard Scheytt arbeitet inzwischen bei der Auftragsforschungsfirma Scantox Neuro an Projekten im Bereich neurodegenerativer Erkrankungen. Nächstes Jahr möchte er seine Promotion auf diesem Feld beginnen.
Und Johann Anklarklev? Der Wissenschaftler betreut bereits die nächsten Studierenden der Hochschule Biberach in seinem Labor. Auch sie arbeiten an Fragestellungen der Malariaforschung. Und gerade erst hat eine Biberacher Exkursionsgruppe ihn und seine Kolleg*innen besucht. Der Stockholmer Wissenschaftler hofft, dass sich weitere Biberacher Biotechnolog*innen für ein Praktikum bei ihm entscheiden. „Stockholm ist zusammen mit Uppsala ein echtes Zentrum für Forschung in den Bereichen Biotechnologie, Biomedizin und Biologie im Allgemeinen“, wirbt er. Den Studierenden der Fakultät Biotechnologie steht das Angebot der Universität Stockholm unter vielen internationalen Möglichkeiten offen. Dabei ist die Universität ein wichtiger Knotenpunkt der weitreichenden internationalen Beziehungen der Hochschule Biberach.
Peof. Dr. Jürgen Hannemann, Studiendekan
hannemann@hochschule-bc.de
https://www.nature.com/articles/s41467-024-51418-2
https://www.nature.com/articles/s41467-024-51201-3
http://www.hochschule-biberach.de
Elisa Semle im Labor von Johan Anklarklev in Schweden
Foto: privat
Criteria of this press release:
Journalists
Biology, Medicine
transregional, national
Research projects, Studies and teaching
German
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