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01/07/2025 11:41

Nach der Rumpelstilzchen-Methode

Stefanie Terp Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin

    Aus pflanzlichen Reststoffen und mit Hilfe von Bakterien und Algen wird ein Ersatz für Fischmehl und -öl gewonnen. So können Aquakulturen nachhaltig werden

    Fischfarmen waren gut gedacht: Sie sollten die Menschen weiterhin mit dem gesunden Nahrungsmittel Fisch versorgen und so die Überfischung der Weltmeere stoppen. Aber sie waren dann doch schlecht gemacht: Millionen von Tonnen an Fischen aus Wildbeständen wurden gefangen und zu Fischmehl und Fischöl verarbeitet, um es dem Fischfutter in den Aquakulturen beizumischen. Jährlich wird jeder fünfte gefangene Wildfisch zu Fischöl -oder Fischmehl verarbeitet. Fische sind gesund, weil sie reich an den für den Menschen lebenswichtigen mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren wie DHA sind. Indem Fischmehl oder -öl in das Fischfutter gemengt wird, wird den Fischen in den Aquakulturen das DHA zugeführt.

    Fütterung der Mikroalgen mit Stallstroh

    Am Fachgebiet Bioverfahrenstechnik machte sich ein Team um Stefan Junne daran zu erforschen, wie Fischmehl und -öl im Fischfutter ersetzt werden könnten, um nicht weiterhin mit Wildfischen Zuchtfische in den Fischfarmen zu mästen. Die Idee: heterotrophe Mikroalgen, denn sie sind in der Lage, Docosahexaensäure, kurz DHA zu synthetisieren. „Doch damit die Algen das DHA produzieren, müssen sie mit einem Substrat gefüttert werden. Das kann Zucker sein, der zum Beispiel aus Getreide wie Mais stammt. Bei der 2019 im US-Bundesstaat Nebraska in den USA in Betrieb gegangenen Anlage zur biotechnologischen Herstellung von DHA wird Getreide genutzt. Da wir hier am Fachgebiet jedoch die Philosophie verfolgen, Nahrungsmittel möglichst nicht in biotechnologischen Prozessen zu verwenden, experimentieren wir unter anderem mit Stallstroh. Denkbar sind aber auch Essensreste und andere biologische Reststoffe wie Laub oder Grünschnitt“, erklärt Stefan Junne.

    Vier Tonnen Fischfutterersatz

    Aber mit dem Stallstroh als solchem können die heterotrophen Algen noch nichts anfangen. Es muss zuvor zersetzt werden. Das geschieht durch die mikrobielle Hydrolyse. Wie das abläuft, wird auf dem Gelände der ufaFabrik in Berlin zu beobachten sein. In einem 200-Liter-Bioreaktor aus Plexiglas, einem sogenannten Pfropfenstromreaktor, werden Hunderte von verschiedenen Bakterien zugange sein – die wichtigsten sind Bazillen und Clostridien. Und ähnlich wie Rumpelstilzchen verwandeln sie das Stroh – sie zersetzen es in kurzkettige Carboxylsäuren wie zum Beispiel Essigsäure. Diese wird abgezogen und in den Laboren des TU-Fachgebiets an die heterotrophen Algen „verfüttert“, die es zu DHA verstoffwechseln und in ihren Zellen anreichern. „Da wir mit Reststoffen arbeiten, müssen wir die mikrobielle Hydrolyse, also die Zersetzung des Strohs durch Bakterien, der eigentlichen Synthese des DHA in den Algen vorschalten. Wir koppeln also zwei Bioprozesse“, so Stefan Junne. Bei der mikrobiellen Hydrolyse entsteht aber nicht nur die flüssige Essigsäure, sondern auch eine feste Phase, den die ufaFabrik wiederum als Dünger nutzen kann. Die Zusammenarbeit zwischen der TU Berlin und der ufaFabrik wird im Rahmen des TU-internen Forschungsprogramms „Pro Nachhaltigkeit“ gefördert.

    „In unserem Projekt ‚FENA – Fischmehl und -ölersatz für eine nachhaltige Aquakultur‘ haben wir knapp vier Tonnen Fischfutterersatz auf der Basis von Algen hergestellt. Der Ersatz hatte eine Konzentration von circa 20 Prozent DHA. Die Zusammensetzung der Omega-3-Fettsäuren ähnelte damit der von kommerziellen Fischöl- und Fischmehl-Mischungen. Das ist ziemlich gut. Die Fütterungsversuche verliefen erfolgreich. Unser Ansatz, mit pflanzlichen Reststoffen und Algen DHA zu produzieren, funktioniert. Ob die Wirtschaft Interesse daran hat, diesen Bioprozess aus dem Labormaßstab in die Praxis zu überführen, wird sich zeigen“, so Stefan Junne.

    Weiterführende Informationen:

    Zum Foto-Download https://www.tu.berlin/go203083/n63745/

    Kontakt:

    Prof. Dr. Max Moorkamp
    TU Berlin
    Fakultät VI Planen Bauen Umwelt
    Fachgebietsleiter Angewandte Geophysik
    E-Mail: max.moorkamp@tu-berlin.de


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    Eike Janesch, Simon Täuber, Thomas Högl und Stefan Junne (v.l.) vom Fachgebiet Bioverfahrenstechnik beim Befüllen des Reaktors mit Stallstroh zur schnellen mikrobiellen Hydrolyse des Strohs.
    Eike Janesch, Simon Täuber, Thomas Högl und Stefan Junne (v.l.) vom Fachgebiet Bioverfahrenstechnik ...

    Christian Kielmann


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Environment / ecology, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research projects
    German


     

    Eike Janesch, Simon Täuber, Thomas Högl und Stefan Junne (v.l.) vom Fachgebiet Bioverfahrenstechnik beim Befüllen des Reaktors mit Stallstroh zur schnellen mikrobiellen Hydrolyse des Strohs.


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