Flechten sind komplexe Lebensgemeinschaften, die zum gegenseitigen Nutzen von Pilzen mit Organismen wie Grünalgen oder Cyanobakterien sowie weiteren Mikroorganismen eingegangen werden. Moderne Technologien wie die Genomik – die umfassende Analyse des Erbguts von Lebewesen – ermöglichen es, diese Symbiose besser zu verstehen und schützen zu können. Wissenschaftler*innen haben für 14 Arten von sogenannten Schwärzepilzen, die häufig als Mikroorganismen in Flechten vorkommen, erstmals die vollständigen Genomdaten erhoben. Damit stellen sie eine umfangreiche Ressource für die weitere Erforschung der ökologisch wichtigen Flechten bereit.
Flechten kommen weltweit in rund 25.000 Arten vor und können sogar Standorte mit extremen klimatischen Umweltbedingungen besiedeln. Möglich ist ihnen dies durch die Symbiose, die die unterschiedlichen Organismen miteinander eingehen. Neben den primären Symbiosepartnern – Pilz und Grünalge und/oder Cyanobakterien – beherbergen Flechten darüber hinaus viele weitere Mikroorganismen. Eine Gruppe von sekundären Pilzen, die sehr häufig in Flechten gefunden wird, sind die sogenannten Schwärzepilze. Diese zeichnen sich durch dicke, mehrschichtige Zellwände aus, in die Melanin eingelagert ist, das den Pilzen ihre namensgebende dunkle Färbung verleiht.
Trotz ihrer ökologischen Bedeutung, unter anderem als „Zeigerorganismen“, an denen sich die Qualität der jeweiligen Umweltbedingungen ablesen lässt, sowie als Quelle für Naturstoffe, die für die Pharmazie interessant sind, sind Flechten bisher wenig erforscht. Laboranalysen zeigen, dass sämtliche Partner im „System Flechte“ wichtige Aufgaben übernehmen und nur gemeinsam das Wachstum ermöglichen. Eine neue Datengrundlage bildet nun eine Studie von Forscher*innen des ehemaligen LOEWE-Zentrums TBG und des SBiK-F in Frankfurt am Main, die im Fachjournal „IUBMB Life“ veröffentlicht wurde. Das Team isolierte 14 unterschiedliche Arten von Schwärzepilzen aus der Flechten-Gattung Umbilicaria, die sich vor allem auf Gestein ansiedelt. Diese Flechten-Gattung ist bekannt dafür, auch unter extremen Bedingungen wie Kälte, Hitze, starker Trockenheit oder hoher UV-Strahlung leben zu können.
„Die Schwärzepilze zeichnen sich durch einige besondere Eigenschaften aus. Sie kommen zum Teil mit außergewöhnlichen klimatischen Bedingungen zurecht, wachsen aber weltweit auch an gemäßigten Standorten. Manche Arten kommen ausschließlich in Flechten vor, andere leben auch eigenständig auf Steinen oder im Erdboden. Es gibt sogar Arten, die als Krankheitserreger für Menschen bekannt sind. Diese können zum Beispiel die sogenannte Mukormykose oder celebrale Phäohyphomykose auslösen.“, beschreibt die Erstautorin der Studie, Doktorandin Victoria Keller, diese vielfältige Gruppe von Pilzen.
Obwohl Schwärzepilze häufig in Flechten vorkommen, sind ihr Lebenszyklus oder Mechanismen, die ihre Lebensweise erklären könnten, bislang kaum untersucht. Auch ihre Analyse im Labor birgt Herausforderungen, da sie sehr langsam wachsen und nur kleine Kolonien bilden. Die nun erstmals erstellten umfassenden Genomanalysen ermöglichen neben der Datengrundlage auch neue Einblicke in das komplexe Zusammenspiel der Symbiose-Partner in Flechten. So deuten erste Analysen darauf hin, dass diese Pilze möglicherweise von den Stoffwechselprodukten der primären Partner innerhalb der Flechte profitieren und im Gegenzug zum Beispiel zum Fraßschutz der Flechten beitragen.
„Unsere Ergebnisse sind ein bedeutender Schritt, um die physiologischen Eigenschaften der bislang wenig bekannten Schwärzepilze und der Symbiosen in Flechten eingehender analysieren zu können. Sie tragen dazu bei, die biologische Vielfalt und die Bedeutung von Flechten für unsere Ökosysteme besser zu verstehen und damit auch zu ihrem Schutz beitragen zu können“, betont Studienleiterin Imke Schmitt, Professorin für Molekulare Evolutionsbiologie am SBiK-F. „Wir sind gespannt auf viele weitere neue Erkenntnisse über diese faszinierenden Lebewesen, die uns überall in der Natur umgeben und doch noch so wenig erforscht sind.“
Victoria Keller
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
Tel. 069 7542 1724
victoria.keller@senckenberg.de
Keller V, Calchera A, Otte J, Schmitt I. Genomic features of lichen-associated black fungi. IUBMB Life. 2025; 77(1):e2934. https://doi.org/10.1002/iub.2934
Flechten – wie Umbilicaria pustulata – sind Meister der Anpassung und können auch Lebensräume mit ex ...
Imke Schmitt
Senckenberg/Schmitt
Für 14 Arten von Schwärzepilzen, die häufig als Mikroorganismen in Flechten vorkommen, wurden erstma ...
Kimberly Wagner
Kimberly Wagner
Criteria of this press release:
Journalists
Biology
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Research results
German
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