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01/09/2025 11:17

Quantencomputer in Silizium: Entwicklung einer neuartigen europäischen Quantentechnologie startet

Simon Schmitt Kommunikation und Medien
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

    Das EQUSPACE-Konsortium (Enabling New Quantum Frontiers with Spin Acoustics in Silicon) hat 3,2 Millionen Euro aus dem Förderprogramm Pathfinder Open des Europäischen Innovationsrats (European Innovation Council – EIC) erhalten, um die Entwicklung von Quantentechnologien auf Silizium-Basis voranzubringen. Das Projekt bringt neben dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) vier weitere Partner aus drei EU-Ländern zusammen und vereint Expert*innen aus den Bereichen Spin-Qubits, Optomechanik und atomare Siliziummodifikationen, um eine neuartige Quantenplattform auf Silizium-Basis zu entwickeln.

    Obwohl Silizium das zentrale Material für klassische Computer ist, spielt es bei den gegenwärtig favorisierten Quantencomputer-Konzepten keine Schlüsselrolle. Es wäre jedoch sehr sinnvoll, die mit der Halbleiter-Technologie bereits entwickelte, mehrere Milliarden Euro teure Silizium-Infrastruktur auch zur Verarbeitung von Qubits – den quantenmechanischen Informationseinheiten – zu nutzen. Forschende haben gezeigt, dass sogenannte Donor-Spin-Qubits eigentlich besonders gut dafür geeignet sind. Diese Qubits nutzen eine Eigenschaft von Fremdatomen, ihren Spin, um Informationen zu verarbeiten. Sie zeichnen sich im Vergleich zu anderen Quantensystemen durch lange Zeiträume aus, über die sie stabil bleiben, um quantenmechanische Rechenoperationen durchzuführen. Derzeit sind sie jedoch nicht das Arbeitspferd von kommerziellen Quantencomputern, da es keine geeigneten Kopplungs- und Auslesemechanismen gibt, die für eine Skalierung auf ein praktisch nutzbares Niveau verwendet werden könnten.

    EQUSPACE zielt nun darauf ab, in Europa eine langfristige Zukunft für Donor-Spin-Qubits auf Silizium-Basis zu schaffen. Die Plattform will die auf winzigen atomaren Spins basierenden Qubits über Schallwellen in schwingenden Strukturen miteinander verbinden. Außerdem kommen Laser und Einzelelektronentransistoren zum Einsatz, um am Ende der quantenmechanischen Berechnung das Ergebnis elektrisch auszulesen. Das Projekt soll eine skalierbare Lösung für alle wichtigen Aspekte einer Quantenplattform bieten: die Steuerung und das Auslesen des Ergebnisses, die Spin-Spin-Kopplung zwischen Qubits sowie die Weiterleitung von Quanteninformationen zwischen Recheneinheiten auf dem Chip. Das Endergebnis könnte eine vollständige Quanteninformations-Plattform sein, die Qubits, Verbindungselemente und skalierbare Steuer- und Ausleseelektronik umfasst.

    HZDR-Expertise in der Silizium-Quantentechnologie

    Ein Team des Instituts für Ionenstrahlphysik und Materialforschung am HZDR wird seine Expertise bei der atomaren Modifikation von Silizium für Quantenanwendungen einbringen und die materialwissenschaftlichen Methoden weiterentwickeln, die als Grundlage für das Projekt benötigt werden. Das Team wird dazu einen fokussierten Ionenstrahl nutzen, um ultra-reines Silizium örtlich mit dem Isotop Silizium-28 anzureichern. Silizium-28 hat den Vorteil, dass seine Atomkerne im Vergleich zu vielen anderen Materialien keinen Spin haben, der mit Magnetfeldern oder dem Spin von anderen Teilchen wechselwirken und dadurch die Berechnungen stören könnte. „Durch die gezielte Anreicherung mit speziellen Isotopen bleibt der Quantenzustand länger stabil. Das erlaubt komplexere Quantenoperationen, und die Plattform kann so perspektivisch klassische Computer sowie andere Quantencomputersysteme übertreffen“, sagt HZDR- Projektleiter Dr. Nico Klingner.

    Neben der Isotopenreinigung entwickelt das Team die Einzelionenimplantation von Donor-Atomen. Damit sollen einzelne Bismut-Atome implantiert werden, deren Spin ein Zwei-Zustands-System bildet, der wahlweise nach „oben“ oder nach „unten“ zeigen kann. Die Besonderheit der Qubits besteht darin, dass bei sehr tiefen Temperaturen beide Zustände in Überlagerungen gleichzeitig existieren können: der Spin kann sich gleichzeitig in einer Kombination aus den Zuständen „oben“ und „unten“ befinden. So können Quantencomputer viele Berechnungen parallel durchführen, was ihre Rechenleistung drastisch erhöhen kann.

    Einer der Hauptvorteile von Donor-Spin-Qubits ist ihre relative Stabilität im Vergleich zu anderen Arten von Qubits, zum Beispiel solchen, die auf supraleitenden Schaltkreisen basieren. Der Spin in einem Donor-Atom ist weniger anfällig für Störungen aus der Umgebung, so dass der Quantenzustand über längere Zeiträume aufrechterhalten werden kann. Diese Stabilität ist für die Skalierung von Quantencomputern auf eine größere Anzahl von Qubits unerlässlich, ohne dass die Kohärenz oder die Präzision der Berechnungen verloren geht. „Diese Beiträge des HZDR, insbesondere in den Bereichen Isotopenreinigung, Implantation und Spannungsoptimierung in Halbleitern, sind von grundlegender Bedeutung für den Erfolg des EQUSPACE-Projekts“, schätzt Professor Juha Muhonen, der Koordinator des Projekts, ein.

    Stärkung der Position Europas im globalen Quantenwettbewerb

    Dem EQUSPACE-Konsortium gehören Forscher*innen der Universität Jyväskylä, des VTT Technical Research Centre of Finland, des HZDR, des NWO-Instituts AMOLF in den Niederlanden und des finnischen Start-ups SemiQon Oy an. Die Zusammenarbeit spiegelt das wachsende Engagement Europas im weltweiten Quantenwettlauf wider. Angesichts des sich verschärfenden globalen Wettbewerbs steht die europäische Quantenindustrie durch die Konkurrenz führender Länder wie die USA, China, Kanada und Australien vor großen Herausforderungen.

    „Der Ansatz von EQUSPACE ist von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass Europa auf dem schnell voranschreitenden Gebiet der Quantentechnologien wettbewerbsfähig bleibt. Mit dieser Förderung baut EQUSPACE ein starkes Forschungsnetzwerk in Europa auf, das auf Donor-Spin-Qubits basiert – eine Entwicklung, die die europäische Quantenindustrie langfristig stärken wird“, erklärt Muhonen. Die Finanzierung ist Teil des Förderprogramms Horizont Europa. Das Projekt, das die Universität Jyväskylä leitet, beginnt am 1. Februar 2025.

    Finanziert von der Europäischen Union. Die geäußerten Ansichten und Meinungen sind jedoch ausschließlich die der Autoren und spiegeln nicht unbedingt die der Europäischen Union oder des Europäischen Innovationsrats wider. Weder die Europäische Union noch die Bewilligungsbehörde können für sie verantwortlich gemacht werden.

    Weitere Informationen:

    Prof. Juha Muhonen
    Universität Jyväskylä
    Tel.: +358401905352 | E-Mail: juha.t.muhonen@jyu.fi

    Dr. Nico Klingner
    Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung am HZDR
    Tel.: +49 351 260 2524 | E-Mail: n.klingner@hzdr.de

    Medienkontakt:

    Simon Schmitt | Leitung und Pressesprecher
    Abteilung Kommunikation und Medien am HZDR
    Tel.: +49 351 260 3400 | Mobil: +49 175 874 2865 | E-Mail: s.schmitt@hzdr.de

    Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und Materie. Folgende Fragestellungen stehen hierbei im Fokus:
    • Wie nutzt man Energie und Ressourcen effizient, sicher und nachhaltig?
    • Wie können Krebserkrankungen besser visualisiert, charakterisiert und wirksam behandelt werden?
    • Wie verhalten sich Materie und Materialien unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen?

    Das HZDR entwickelt und betreibt große Infrastrukturen, die auch von externen Messgästen genutzt werden: Ionenstrahlzentrum, Hochfeld-Magnetlabor Dresden und ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen.
    Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, hat sechs Standorte (Dresden, Freiberg, Görlitz, Grenoble, Leipzig, Schenefeld bei Hamburg) und beschäftigt fast 1.500 Mitarbeiter*innen – davon etwa 680 Wissenschaftler*innen inklusive 200 Doktorand*innen.


    Contact for scientific information:

    Prof. Juha Muhonen
    Universität Jyväskylä
    Tel.: +358401905352 | E-Mail: juha.t.muhonen@jyu.fi

    Dr. Nico Klingner
    Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung am HZDR
    Tel.: +49 351 260 2524 | E-Mail: n.klingner@hzdr.de


    More information:

    https://www.hzdr.de/presse/equspace


    Images

    Im Einzelionenimplanter TIBUSSII (Triple Ion Beam UHV System for Single Ion Implantation) können gezielt einzelne Fremdatome in ein Material eingebracht werden, um beispielsweise Qubits zu erzeugen.
    Im Einzelionenimplanter TIBUSSII (Triple Ion Beam UHV System for Single Ion Implantation) können gez ...
    B. Schröder/HZDR
    B. Schröder/HZDR


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Chemistry, Electrical engineering, Information technology, Materials sciences, Physics / astronomy
    transregional, national
    Cooperation agreements, Research projects
    German


     

    Im Einzelionenimplanter TIBUSSII (Triple Ion Beam UHV System for Single Ion Implantation) können gezielt einzelne Fremdatome in ein Material eingebracht werden, um beispielsweise Qubits zu erzeugen.


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