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01/13/2025 10:29

Öfter mal antäuschen

Julia Neuburg Presse und Kommunikation
Deutsche Sporthochschule Köln

    Studie: Wurftäuschungen im Handball haben positiven Effekt auf das Angriffsspiel

    Wissenschaftler*innen der Deutschen Sporthochschule Köln haben untersucht, ob Finten, ausgeführt als Wurftäuschungen, ein effektives Mittel für ein erfolgreiches Angriffsspiel im Handball sind. Die Antwort: Ja, aber sie werden selten eingesetzt.

    Vom 14. Januar bis 2. Februar werden im Rahmen der Handball-Weltmeisterschaft 2025 mehr als 100 Partien in Dänemark, Norwegen und Kroatien ausgetragen. Vielleicht werden aufmerksame Zuschauer*innen dabei auch die eine oder andere Wurftäuschung entdecken. Täuschungen werden im Handball, wie auch in anderen Sportspielen, gezielt eingesetzt, um durch eine falsche Reaktion der Gegner*innen einen Vorteil in Spielhandlungen zu erzielen. So kommen etwa die Wurftäuschungen beim 7m-Strafwurf oder bei einem Gegenstoß zum Einsatz, um den Torhüter oder die Torhüterin zu einer frühen Reaktion zu verleiten. Wurftäuschungen werden jedoch auch eingesetzt, um Verteidiger*innen aus ihrer optimalen Verteidigungsposition zu bringen und sich damit einen Vorteil für eine erfolgreiche Angriffshandlung herauszuspielen.

    Frühere Untersuchungen haben bereits verschiedene Leistungsfaktoren für den Erfolg im Handball ermittelt. Wie gut Handballer*innen Wurftäuschungen beherrschen, um sich einen Vorteil gegenüber der positionierten Verteidigung zu verschaffen und wie hoch deren Erfolgsquote ist, ist jedoch bisher nicht erforscht. Neuere Studien in anderen Teamsportarten, zum Beispiel im Basketball, zeigen hingegen, dass Wurftäuschungen ein erfolgsversprechendes Instrument gegen das gegnerische Team sein können. Eine Untersuchung, die ebenfalls an der Deutschen Sporthochschule Köln durchgeführt wurde, analysierte 45 Spiele der National Basketball Association (NBA) und konnte zeigen, dass angewendete Wurftäuschungen zu 73% erfolgreich waren und sich das angreifende Team damit einen Spielvorteil erarbeiten konnte (Meyer et al., 2022).

    Wissenschaftler*innen der Abteilung Kognitions- und Sportspielforschung der Deutschen Sporthochschule Köln haben daher eine Studie durchgeführt, um im Sportspiel Handball diese Forschungslücke zu schließen. Ziel dieser Studie war es, relevante Leistungsfaktoren von Wurftäuschungen im männlichen Spitzenhandball zu untersuchen. Der Fokus lag dabei auf Wurftäuschungen, welche nicht in isolierten Aktionen gegen den/die Torhüter*in ausgeführt wurden, sondern in der ersten Phase von strukturierten Angriffssituationen gegen eine formierte Verteidigung. Die Wissenschaftler*innen analysierten dazu Videos von 90 professionellen Handballspielen aus der Handball-Bundesliga und der 2. Bundesliga der Saison 2020/21. Sie prüften zum einen, ob es sich bei den Wurftäuschungen in den Spielszenen um Sprung- oder Schlagwurftäuschungen handelte, wie erfolgreich diese waren und ob die Händigkeit der Spieler (also ob Rechts- oder Linkshänder) Einfluss auf den Einsatz und den Effekt einer Täuschung hatte. Insgesamt extrahierten die Forscher*innen 725 Angriffssituationen, in denen Wurftäuschungen zu sehen waren. Das entspricht einem durchschnittlichen Wert von ca. acht Wurftäuschungen pro analysiertem Spiel. Ein Drittel davon waren Schlagwurftäuschungen, zwei Drittel wurden als Sprungtäuschungen ausgeführt. In Bezug auf den Ausführungsort zeigte sich eine wenig überraschende Positionsspezifik: Der überwiegende Teil der Täuschungen wurde im Zentrum des Spielfeldes ausgeführt (Rückraumpositionen), nur je ein Fünftel auf der rechten und der linken Seite. Bei fast 70 Prozent der analysierten Situationen endete die Angriffshandlung nach der Wurftäuschung mit einem Torerfolg. Bei 45 Prozent dieser Angriffshandlungen lag allerdings zwischen der Täuschung und dem finalen Wurf aufs Tor noch ein Pass zu einem anderen Spieler. Der täuschende Spieler selber schloss in ca. 30 Prozent der Situationen mit einem Torwurf erfolgreich ab und in jeder vierten Spielsituation lagen zwischen der Täuschung und dem Torwurf zwei oder mehr Pässe.

    „Die Ergebnisse zeigen, dass im strukturierten Angriff erfolgreich ausgeführte Wurftäuschungen einen deutlichen Vorteil gegen eine formierte Verteidigung bringen, um sich eine Torwurfmöglichkeit mit einer hohen Erfolgswahrscheinlichkeit herauszuspielen“, fasst Studienleiter Dr. Frowin Fasold eines der wichtigsten Resultate der Analyse zusammen. „Unsere Auswertung zeigt weiter, dass mehr Sprungwurf- als Schlagwurftäuschungen ausgeführt werden. Auch wenn Schlagwurftäuschungen sich ebenfalls als effektiv erwiesen, zeigt unsere Analyse, dass die Ausführung von Sprungwurftäuschungen eine noch höhere Erfolgswahrscheinlichkeit besitzt. Spielhandlungen führten hier nochmal häufiger zu einem Torerfolg“, konkretisiert der Wissenschaftler. Die Händigkeit der Spieler beeinflusste die Effektivität der Täuschungen nur geringfügig. „Den Ergebnissen unserer Analyse folgend denken wir, dass das Beherrschen von Wurftäuschungen eine leistungsrelevante Fähigkeit sein kann, um sich einen Vorteil gegenüber dem gegnerischen Team zu verschaffen“, sagt Fasold. Unklar sei jedoch, warum Wurftäuschungen im Handball im strukturierten Angriffsspiel derart selten angewendet werden, obwohl sie eine solch auffällige Effizienz zeigen. Fasold: „Es liegt in der Natur von Täuschungen, dass ihre Effizienz mit einer seltenen Anwendung verknüpft ist. Werden Täuschungen sehr häufig angewendet, ist davon auszugehen, dass Gegner*innen diese zu identifizieren lernen und der Täuschungseffekt nachlässt. Dennoch gehen wir davon aus, dass dies im Handball noch nicht ausgereizt ist und dass Wurftäuschungen durchaus häufiger angewendet werden könnten.“ Den Spoho-Wissenschaftler*innen zufolge sind damit noch weitere Untersuchungen erforderlich, um die Grenzen zu evaluieren, bei welchen Häufigkeiten Wurftäuschungen noch effektiv sind und ab wann der positive Effekt auf das Angriffsspiel nachlässt.


    Contact for scientific information:

    Dr. Frowin Fasold
    Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik
    Abt. Kognitions- und Sportspielforschung
    Tel.: +49 221 4982-4293
    E-Mail: f.fasold@­dshs-koeln.de


    Original publication:

    Effects of throwing feints on attack strategy in male elite handball: a post-hoc video analysis
    https://doi.org/10.1080/24748668.2023.2188362


    Images

    Angriffsspiel gegen eine positionierte Verteidigung im Handball
    Angriffsspiel gegen eine positionierte Verteidigung im Handball
    Deutsche Sporthochschule Köln
    Deutsche Sporthochschule Köln


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Sport science
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Angriffsspiel gegen eine positionierte Verteidigung im Handball


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