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01/13/2025 11:14

Wie Pilze ihre Abwehr stärken – und wie wir sie durchbrechen könnten

Maria Schulz Pressestelle
Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI)

    Bedeutung von RNA-Modifikationen für die Resistenzbildung von Pilzen weckt Hoffnung auf effektivere Behandlung von Pilzinfektionen.

    Ein oft übersehener Mechanismus der Genregulierung könnte für den Misserfolg von Antimykotika in der Klinik verantwortlich sein. Dies hat ein deutsch-österreichisches Forschungsteam unter Leitung des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI) herausgefunden. Im Mittelpunkt der Studie stand der Schimmelpilz 𝘈𝘴𝘱𝘦𝘳𝘨𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘧𝘶𝘮𝘪𝘨𝘢𝘵𝘶𝘴, der vor allem bei immunschwachen Menschen lebensbedrohliche Infektionen auslösen kann. Gezielte Veränderungen der Pilz-RNA ermöglichen ein besseres Verständnis der molekularen Mechanismen, die für den Aufbau von Resistenzen und die Abwehrmechanismen des Pilzes gegen Medikamente verantwortlich sind.

    Schon seit Langem ist bekannt, dass Bakterien zunehmend resistent gegenüber Antibiotika werden. Die Gefahr, bakterielle Infektionen nicht mehr erfolgreich behandeln zu können, steigt kontinuierlich an. Ebenso kritisch – wenngleich nicht im Fokus der Öffentlichkeit – ist jedoch die Resistenz von Pilzerregern gegen Antimykotika, die durch den massiven Einsatz ähnlicher Wirkstoffe in der Landwirtschaft noch verstärkt wird. Dieses Problem zeigt sich in alarmierenden Zahlen: Mit über einer Milliarde Infektionen und etwa 3,75 Millionen Todesfällen pro Jahr stellen Pilzinfektionen eine erhebliche Bedrohung für den Menschen dar – Tendenz steigend.

    Die Behandlung von Pilzinfektionen stützt sich derzeit auf wenige Wirkstoffgruppen wie Echinocandine, Polyene, Azole oder das synthetische Molekül Fluorocytosin. Das Team um Matthew Blango, Leiter einer Nachwuchsgruppe am Leibniz-HKI, nutzte den bekannten Wirkmechanismus von Fluorocytosin auf 𝘈. 𝘧𝘶𝘮𝘪𝘨𝘢𝘵𝘶𝘴 als Grundlage für die Untersuchung von Pilz-Resistenzen.

    𝗥𝗡𝗔 𝗠𝗼𝗱𝗶𝗳𝗶𝗸𝗮𝘁𝗶𝗼𝗻𝗲𝗻 𝗮𝗹𝘀 𝗦𝗰𝗵𝗹ü𝘀𝘀𝗲𝗹 𝘇𝘂𝗿 𝗭𝗲𝗹𝗹𝘀𝘁𝗲𝘂𝗲𝗿𝘂𝗻𝗴
    Ribonukleinsäure, kurz RNA, kommt in allen lebenden Organismen vor und regelt die Speicherung, Übertragung und Nutzung der genetischen Information, einschließlich der Produktion von Proteinen. Dabei unterscheidet man verschiedene Arten von RNA mit unterschiedlichen Aufgaben. Die tRNA (Transfer-RNA) beispielsweise ist ein Adaptermolekül, das den genetischen Code auf der mRNA (Messenger-RNA) am Ribosom in ein funktionelles Produkt (Protein) umwandelt.

    Die RNA-Forschung erlebt derzeit eine kleine Revolution, denn zahlreiche Steuerungsfunktionen von RNA-Molekülen - auch zwischen verschiedenen Organismen - sind noch nicht ausreichend bekannt.

    Alle chemischen Veränderungen der RNA in der Zelle bilden zusammen das Epitranskriptom, das oft wie ein Dimmschalter der Anpassung der Genexpression dient. Bei der Genexpression liest die Zelle die Bauanleitung für ein Protein aus der DNA-Sequenz eines Gens ab und setzt sie um. So kann die Zelle funktionieren und auf ihre Umgebung reagieren.

    Dieses grundlegende Wissen über die Funktionsweise der RNA half den Forschenden, einen präzisen Ansatzpunkt für die Untersuchung von RNA Modifikationen in der Pilzbiologie zu finden.

    𝗘𝗶𝗻 𝗠𝗲𝗰𝗵𝗮𝗻𝗶𝘀𝗺𝘂𝘀 𝗳ü𝗿 𝘃𝗼𝗿ü𝗯𝗲𝗿𝗴𝗲𝗵𝗲𝗻𝗱𝗲 𝗣𝗶𝗹𝘇𝗿𝗲𝘀𝗶𝘀𝘁𝗲𝗻𝘇?
    In der Studie untersuchte das Forschungsteam zunächst das Enzym Mod5 im Pilz
    𝘈. 𝘧𝘶𝘮𝘪𝘨𝘢𝘵𝘶𝘴. Es spielt eine wichtige Rolle bei der Modifikation von tRNA. Diese chemischen Veränderungen an der tRNA helfen der Zelle, Proteine, die für ihre Funktion wichtig sind, korrekt zu produzieren. „In einem ersten Schritt haben wir das Enzym Mod5 aus dem Pilz entfernt“, berichtet Alexander Bruch, einer der Autoren. „Infolgedessen reagierte der Pilz negativ auf Stress und schaltete frühzeitig ein Schutzsystem namens Cross-Pathway Control ein.“ „Normalerweise wird dieses System aktiviert, wenn die Zelle unter Stress steht, z. B. bei Hunger oder der Gabe von Medikamenten“, ergänzt seine Kollegin Valentina Lazarova. Bruch erklärt weiter: „Mit dem Protein NmeA entdeckten wir eine neue Komponente, die durch dieses Schutzsystem angeregt wird. Es hilft dem Pilz, Schadstoffe aus der Zelle zu transportieren. Auf diese Weise kann der Pilz den antimykotischen Wirkstoff Fluorocytosin überleben.“

    „Damit konnten wir zeigen, dass Proteine wie NmeA dem Pilz dabei helfen, eine medikamentöse Behandlung zu unterlaufen und somit eine Option haben, um vorübergehend resistent gegen Antimykotika zu werden“, sagt Matthew Blango. „Unsere Erkenntnisse könnten für bessere Behandlungsstrategien gegen Pilzinfektionen genutzt werden. Hier stehen wir jedoch erst am Anfang der Forschung.“

    Die Studie ist Teil des Jenaer Exzellenzclusters „Balance of the Microverse“, welches die Regulation und das Gleichgewicht mikrobieller Gemeinschaften erforscht, und wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Die Nachwuchsgruppe von Dr. Matthew Blango wird im Programm „Nachwuchsgruppen in der Infektionsforschung“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

    𝗕𝗲𝘁𝗲𝗶𝗹𝗶𝗴𝘁𝗲 𝗙𝗼𝗿𝘀𝗰𝗵𝘂𝗻𝗴𝘀𝗲𝗶𝗻𝗿𝗶𝗰𝗵𝘁𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻
    Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI)
    Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
    Medizinische Universität Innsbruck


    Contact for scientific information:

    Dr. Matthew Blango
    RNA-Biologie der Pilzinfektionen
    Leiter
    +49 3641 532-1072
    matthew.blango@leibniz-hki.de


    Original publication:

    Bruch A, Lazarova V, Berg M, Krueger T, Schaeuble S, Kelani AA, Mertens B, Lehenberger P, Kniemeyer O, Kaiser S, Panagiotou G, Gsaller F, Blango MG (2024) tRNA hypomodification facilitates 5-fluorocytosine resistance via cross-pathway control system activation in Aspergillus fumigatus. Nucleic Acids Research, https://doi.org/10.1093/nar/gkae1205


    Images

    𝘈𝘴𝘱𝘦𝘳𝘨𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘧𝘶𝘮𝘪𝘨𝘢𝘵𝘶𝘴-Kolonien, die in Form eines tRNA-Moleküls ausgestrichen wurden
    𝘈𝘴𝘱𝘦𝘳𝘨𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘧𝘶𝘮𝘪𝘨𝘢𝘵𝘶𝘴-Kolonien, die in Form eines tRNA-Moleküls ausgestrichen wurden

    Matthew Blango, Leibniz-HKI


    Criteria of this press release:
    Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars, Students, all interested persons
    Biology, Chemistry, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    𝘈𝘴𝘱𝘦𝘳𝘨𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘧𝘶𝘮𝘪𝘨𝘢𝘵𝘶𝘴-Kolonien, die in Form eines tRNA-Moleküls ausgestrichen wurden


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