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01/14/2025 10:30

Ein Blick auf antike Sakralräume

Gunnar Bartsch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Philipp Kobusch ist neuer Professor für Klassische Archäologie an der Universität Würzburg. Ein aktueller Fokus liegt auf der Erforschung rituellen Handelns im Raum. Daneben hat er ein ausgeprägtes Interesse an der Ausprägung von Mischkulturen, die sich in den Randgebieten der griechisch-römischen Kultur bildeten.

    Hat er schon „Gladiator 2“ im Kino gesehen? Klar, dass diese Frage momentan am Anfang eines Interviews mit einem Experten für die griechisch-römische Antike stehen muss. Philipp Kobusch lacht. Ja, den Film hat er tatsächlich angeschaut – zusammen mit dem gesamten Lehrstuhl für Klassische Archäologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Anders als der Vorgängerfilm habe ihm die Fortführung von Teil 1 allerdings nicht gefallen. Nicht, weil die Fakten nicht gestimmt hätten, sondern weil ihn der Film nicht überzeugt habe.

    Philipp Kobusch ist seit Oktober 2024 Professor für Klassische Archäologie am Institut für Altertumswissenschaften der JMU. Vertreter dieses Fachbereichs erforschen mediterrane Kulturen Griechenlands und Italiens sowie deren Nachbarkulturen in der Zeit ungefähr vom späten 4. Jahrtausend v. Chr. bis ins 6. Jahrhundert nach Chr. Dabei interessieren sie sich in erster Linie für materielle Hinterlassenschaften – von der Tempelruine bis zur Keramikscherbe.

    Forschungen in Hispanien und Zypern

    „Ein Schwerpunkt meiner Forschungsinteressen liegt auf den Randgebieten der griechisch-römischen Kultur, die von der Forschung in Deutschland bislang eher vernachlässigt werden“, sagt Kobusch. „Randgebiete“: Damit meint er Regionen wie beispielsweise Hispanien oder Zypern. An den Grenzen des römischen oder griechischen Einflussbereichs gelegen, handelt es sich bei dem zweiten etwa um eine „Begegnungszone zwischen dem mediterranen Raum und dem Orient“, in dem sich unterschiedliche Formen von Mischkulturen entwickeln konnten. Die Forschung daran sei deshalb „spannend, aber auch schwierig“.

    Auf Zypern befindet sich ein Grabungsprojekt, zu dem Philipp Kobusch seit 2020 für jährliche Grabungskampagnen zurückkehrt und in dem beide Forschungsschwerpunkte zusammenkommen: Denn die Ausgrabung beschäftigt sich mit dem ländlichen Heiligtum von Frangissa, das seit der Archaik (7./6. Jh. v. Chr.) in Gebrauch war und bis in den Hellenismus genutzt wurde.

    Bereits 1885 fanden dort erste Grabungen statt, „damals hat man sich allerdings in erster Linie für Skulpturen interessiert, die mitgenommen und verkauft wurden“, sagt Kobusch. Die Architektur, aber auch andere Objekte, wie etwa die für die Datierung so wichtige Keramik, oder auch Reste, die über durchgeführte Rituale Aufschluss geben können, seien damals ignoriert worden.

    Das holt der Würzburger Archäologe jetzt gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Goethe-Universität Frankfurt nach. Bei seinen Grabungen stieß das Team unter anderem auf einen zweiten Hof mit Hallenbauten und zahlreichen Überresten von Trinkgefäßen. „Das zeigt, dass das Heiligtum in zwei Bereiche gegliedert war: einen für die rituellen Handlungen und einen für Feste“, erklärt Kobusch.

    Ein neuer Blick ins Tempelinnere

    Was im Inneren antiker griechischer Tempel geschah: Dafür interessiert sich Philipp Kobusch schon lange. Die Ergebnisse seiner Forschung stellt er in seiner Habilitationsschrift „Der Innenraum hellenistischer Tempel – Ein Ort rituellen und sozialen Handelns“ vor. „Bis Ende des 19. Jahrhundert war die vorherrschende Meinung, dass nur Priester das Tempelinnere betreten durften. Deshalb hat sich die Forschung nicht besonders dafür interessiert, welche Handlungen im Innenraum stattfanden“, sagt er.

    Seiner Meinung nach basiert diese Einschätzung auf einem falschen Verständnis der Quellen. Er konnte zeigen, dass Tempelinnenräume regelhaft in die kultischen Abläufe des Heiligtums eingebunden waren und vielfach einen zentralen Opfer- und Betraum darstellten. Gleichzeitig wurden sie aktiv für eine vielschichtige soziale Interaktion genutzt. Dabei galt für jeden Tempel ein individuelles Nutzungskonzept gemäß den lokalen Anforderungen. „Somit war jeder griechische Tempel nicht nur architektonisch, sondern auch in den Nutzungsformen ein Unikat“, so der Forscher.

    Studierende sollen mit auf Grabungen gehen

    Auch von Würzburg aus möchte Kobusch weiterhin Grabungen durchführen – und gerne Studierende dabei mitnehmen. „In einem kleinen Fach wie der Klassischen Archäologie ist es wichtig, dass Studierende sich spezialisieren und ein eigenes Portfolio aufbauen“, sagt er. Die Teilnahme an einer Grabung sei dabei ein gewinnbringendes Element.

    Dementsprechend wünscht er sich von seinen Studierenden neben dem Interesse an dem Fach die Bereitschaft, in ferne Länder zu reisen und dort mehrere Wochen in einem kleinen Team an einem Projekt zu arbeiten. „Reisen ist wichtig“, sagt er. Und eine gewisse soziale Kompetenz, damit nicht der „Lagerkoller“ zum vorzeitigen Ende einer Grabungskampagne führt.

    Die klassische Antike: Wissen wir darüber dank Homer, Cicero, Sophokles, Tacitus und Co. nicht längst schon alles – oder zumindest nach jahrzehntelanger Asterix-Lektüre und Filmen wie „Gladiator“ und „Troja“? Nein, dieser Eindruck sei völlig falsch, sagt Philipp Kobusch. Jedes Mal, wenn es ihm gelinge, auf eine Frage eine Antwort zu finden, würden sich automatisch zehn neue Fragen stellen. „Das macht die Arbeit in diesem Fach so schön!“

    Zur Person

    Philipp Kobusch (*1980) hat von 2001 bis 2006 Klassische Archäologie und Mittlere und Neuere Geschichte in Gießen studiert. Seine Promotion über „Die Grabbauten im römischen Hispanien. Zur kulturellen Prägung der Sepulkralarchitektur“ (2011) wurde mit einem einjährigen Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts ausgezeichnet.

    Von 2012 bis 2022 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Klassische Altertumskunde der Universität Kiel, unterbrochen durch einen einjährigen Forschungsaufenthalt an der University of Cambridge sowie einer Professurvertretung in Kiel. 2020 folgte die Habilitation an der Universität Kiel.

    Nach weiteren Vertretungsprofessuren in Heidelberg und Köln wurde Kobusch zum Oktober 2024 als Professor für Klassische Archäologie am Institut für Altertumswissenschaften an die Universität Würzburg berufen.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Philipp Kobusch, Lehrstuhl für Klassische Archäologie, T: +49-(0)931-3189558, E-Mail: philipp.kobusch@uni-wuerzburg.de


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    Prof. Dr. Phiilpp Kobusch
    Prof. Dr. Phiilpp Kobusch
    privat
    Universität Würzburg


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    History / archaeology
    transregional, national
    Personnel announcements
    German


     

    Prof. Dr. Phiilpp Kobusch


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