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01/21/2025 11:53

Vorliebe für Fäulnisgeruch

Angela Overmeyer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für chemische Ökologie

    Evolutionäre Anpassungen ermöglichen es der Taufliege Drosophila busckii giftige Nahrungsquellen aufzuspüren und zu nutzen. Forschende des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena haben herausgefunden, dass die Taufliege Drosophila busckii eine Toleranz gegenüber der giftigen Schwefelverbindung Dimethyldisulfid (DMDS) entwickelt hat. Drosophila busckii könnte ein nützliches Modell sein, um die Entwicklung von Resistenzen gegen giftige Gase zu untersuchen und ökologische Anpassungen zu beleuchten.

    Die Fähigkeit, giftige Substanzen zu tolerieren, kann Tieren helfen, neue Nahrungsquellen zu erschließen und in bestimmten ökologischen Nischen zu gedeihen. Forschende des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena haben nun herausgefunden, dass die Taufliege Drosophila busckii eine Toleranz gegenüber der giftigen Schwefelverbindung Dimethyldisulfid (DMDS) entwickelt hat. Obwohl DMDS für viele andere Insekten schädlich ist, nutzt Drosophila busckii ihre besondere Vorliebe für diese Verbindung, um Nahrung zu finden und ihre Eier abzulegen. Die Toleranz gegenüber dem Schadstoff beruht wahrscheinlich auf Veränderungen eines Enzymkomplexes in der Fliege, der bei anderen Insekten normalerweise durch DMDS geschädigt wird. Drosophila busckii könnte daher ein nützliches Modell sein, um die Entwicklung von Resistenzen gegen giftige Gase zu untersuchen und ökologische Anpassungen zu beleuchten.

    Die schwarzbäuchige Taufliege Drosophila melanogaster ist vielen bekannt, da sie vor allem im Sommer auf Obst zur Plage werden kann. Sie wird vielfältig in der Forschung eingesetzt und ist einer der bekanntesten Modellorganismen zur Erforschung des Geruchssinns, aber auch von Krankheiten. Andere Taufliegenarten sind weit weniger erforscht. Die Tatsache, dass sie zum Teil völlig andere Lebensräume besiedeln und dort überleben können, macht sie zu nicht minder interessanten Forschungsobjekten.

    Ein Forschungsteam der Abteilung Evolutionäre Neuroethologie am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie hat sich nun der Taufliegenart Drosophila busckii angenommen. Die spärliche Literatur über den natürlichen Lebensraum von Drosophila busckii deutet auf eine Vorliebe für faulendes Gemüse hin, das für andere Arten giftig ist. „Im Gegensatz zu anderen Taufliegenarten, die sich regional stark begrenzt an giftige Nahrungsquellen angepasst haben, stellt Drosophila busckii aufgrund ihrer weltweiten Verbreitung ein hervorragendes Modell für die Untersuchung von Toleranzmechanismen gegenüber toxischen Substanzen dar. Darüber hinaus bietet diese Fliegenart die einzigartige Möglichkeit, evolutionäre Anpassungen und Verschiebungen innerhalb einer völlig unerforschten Drosophila-Untergattung zu untersuchen“, begründet Erstautor Venkatesh Pal Mahadevan die Wahl seines Studienobjekts.

    Ziel des Forschungsteams war es, die bevorzugte Nahrungsquelle der Fliege und die spezifischen Düfte, die diese Vorliebe bestimmen, zu bestimmen. Außerdem wollten die Forschenden herausfinden, welche Entgiftungsmechanismen es den Fliegen ermöglichen, auf giftigen Substraten zu überleben.

    Toxisches Gas Dimethyldisulfid als Schlüsselverbindung

    Mit einer Kombination von Untersuchungsmethoden, bei denen verschiedene flüchtige Substanzen in verrottenden Gemüsesubstraten identifiziert, die Reaktion einzelner Sinneshaare auf den Antennen der Fliegen auf Düfte gemessen und das Verhalten der Fliegen auf verschiedene Düfte getestet wurden, identifizierte das Team eine einzige entscheidende Verbindung, Dimethyldisulfid (DMDS). „Diese Verbindung könnte man als Schlüsselfaktor im Leben von Drosophila busckii bezeichnen. Diese Fliege bevorzugt eindeutig Substrate, die DMDS freisetzen. Besonders bemerkenswert ist, dass sie bereits sehr geringe Konzentrationen von DMDS wahrnehmen und diese als Duftsignal für die Eiablage nutzen kann“, erklärt Venkatesh Pal Mahadevan.

    DMDS-Toleranz eröffnet ungenutzte Nahrungsquellen

    DMDS ist eine für den Menschen unangenehm riechende Schwefelverbindung, die in der Natur weit verbreitet und für viele Insekten giftig ist. Sowohl die Larven als auch die adulten Fliegen von Drosophila busckii entwickelten sich jedoch normal auf Nahrung, die DMDS-Verbindungen enthielt. Im Gegensatz dazu waren andere Arten, einschließlich Drosophila melanogaster, nicht in der Lage auf DMDS-haltigen Substraten zu überleben. Die DMDS- Toleranz von Drosophila busckii scheint unter den meisten Drosophila-Arten eine Ausnahme zu sein.

    Die Fähigkeit von Drosophila busckii, in einer toxischen Nahrungsnische zu gedeihen, ist ein wichtiger Vorteil, der es ihr ermöglicht, Lebensräume zu besetzen, in denen andere Drosophila-Arten nicht überleben können. Die Forschenden vermuten, dass diese einzigartige Anpassung dazu beigetragen hat, die Konkurrenz zwischen den Arten zu verringern und Drosophila busckii Zugang zu exklusiven Ressourcen zu verschaffen.

    Enzymkomplex entscheidet über DMDS-Toleranz

    Die toxische Wirkung von DMDS erfolgt normalerweise über den Enzymkomplex Cytochrom-C-Oxidase (COX). Das Forschungsteam aus Jena untersuchte daher, ob eine Veränderung in diesem Enzymkomplex für die Unempfindlichkeit von Drosophila busckii gegenüber DMDS verantwortlich ist. Vergleichende genetische Untersuchungen an 200 anderen Fliegenarten der Drosophilidae Familie ergaben, dass COX bei Drosophila busckii und wenigen weiteren Arten verändert ist. „Die Ergebnisse unserer Experimente mit anderen Arten, die ebenfalls eine Veränderung in diesem Enzymkomplex aufweisen, legen nahe, dass die DMDS-Toleranz von Drosophila busckii wahrscheinlich auf der Unempfindlichkeit seiner mitochondrialen Cytochrom-Oxidase beruht“, sagt Venkatesh Pal Mahadevan.

    Drosophila busckii als Modell zur Untersuchung der Anpassungen an Gifte

    Aufgrund ihrer einzigartigen ökologischen Anpassungen an verrottendes Gemüse ist Drosophila busckii nicht nur ein ideales Modell zur Untersuchung wichtiger ökologischer Konzepte wie Nischentrennung und Konkurrenz. Die Fliegenart stellt auch ein vielversprechendes Modell für die Erforschung von Gifttoleranz dar. So ist der COX-Mechanismus auch an der Erkennung anderer toxischer Gase wie Kohlenmonoxid und Cyanid beteiligt. Dies macht Drosophila busckii zu einem vielversprechenden System, um die molekularen und physiologischen Anpassungen an toxische Umgebungen aufzuklären.

    „Unsere Studie ist ein hervorragendes Beispiel für die Anwendung klassischer Techniken der chemischen Ökologie, um evolutionäre Anpassungen bei einer völlig unerforschten Insektenart aufzudecken. Die faszinierenden Ergebnisse unterstreichen das Potenzial der Gattung Drosophila als leistungsfähiges Werkzeug für weitere Studien, insbesondere bei Arten, die einzigartige und vielfältige ökologische Nischen besetzen“, fasst Bill Hansson, Leiter der Abteilung Evolutionäre Neuroethologie und einer der Hauptautoren, die Bedeutung der Untersuchungen zusammen.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Bill S. Hansson, Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, Hans-Knöll-Straße 8, D-07745 Jena, Tel. +49 3641 57-1400, E-Mail hansson@ice.mpg.de
    Dr. Venkatesh Pal Mahadevan, Centre for Integrative Genomics (CIG), Université de Lausanne, Quartier UNIL-Sorge, Bâtiment Génopode, CH-1015 Lausanne, Schweiz, Tel. +41 21 692-3980, E-Mail Venkatesh.PalMahadevan@unil.ch


    Original publication:

    Pal Mahadevan, V., Galagovsky, D., Knaden, M., Hansson, B. S. (2025). Preference for and resistance to a toxic sulfur volatile opens up a unique niche in Drosophila busckii. Nature Communications, 16, 767. DOI: 10.1038/s41467-025-55971-2
    https://doi.org/10.1038/s41467-025-55971-2


    More information:

    https://www.ice.mpg.de/97109/evolutionary-neuroethology Abteilung Evolutionäre Neuroethologie am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie


    Images

    Drosophila busckii
    Drosophila busckii
    Benjamin Fabian
    Benjamin Fabian, Max-Planck-Institut für chemische Ökologie


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, Teachers and pupils
    Biology, Chemistry, Environment / ecology, Zoology / agricultural and forest sciences
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Drosophila busckii


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