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01/28/2025 15:28

Gleich und doch verschieden: wie sich nahverwandte Bakterien unterscheiden

Eva Sittig Presse, Kommunikation und Marketing
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

    -    Gemeinsame Pressemitteilung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie Plön -

    Publikation unter Federführung der CAU und des MPI Plön zeigt, wie sich einzelne Bakterien des krankmachenden Bakteriums Pseudomonas aeruginosa in ihrem Typ VI Sekretionssystem unterscheiden

    •    Pseudomonas aeruginosa-Bakterien können lebensbedrohliche Infektionen verursachen,
    sind aber nicht alle gleich,

    •    das Typ VI Sekretionssystem ermöglicht es Bakterien, sogenannte Effektorprotein aus der
    Zelle zu schießen und damit ihre Umwelt zu verändern oder Nährstoffe aufzunehmen,

    •    die Forschenden zeigen, welche Gene des Typ VI Sekretionssystems gleich sind und
    welche sich zwischen verschiedenen P. aeruginosa-Bakterien unterscheiden. Diese
    Unterschiede könnten zu einem Wettkampf zwischen diesen Bakterien führen oder ihnen
    Fitness-Vorteile in bestimmten Umgebungen verschaffen, 

    •    die Erkenntnisse helfen zu verstehen, wie sich nahverwandte Bakterien
    evolutionsbiologisch verändern und könnten Anwendung zur besseren Diagnose und
    Behandlung von Infektionen finden.

    Egal wo Bakterien leben, konkurrieren sie ständig mit anderen Bakterien um Platz und Nährstoffe – und das nicht immer friedlich. Eine Möglichkeit, mit der Bakterien sich einen Vorteil über andere Bakterien verschaffen können, ist mithilfe des Typ VI Sekretionssystems (T6SS). Das T6SS funktioniert ähnlich wie ein Bogen. Dr. Luke Allsopp, einer der Mitautoren der Studien, sagt: „Bakterien können das T6SS nutzen, um Proteine aus der bakteriellen Zelle zu schießen, ähnlich wie ein Bogen Pfeile abfeuert." Diese sogenannten Effektorproteine kann man sich wie Giftpfeile vorstellen. Sie haben verschiede Funktionen und können zum Beispiel benachbarte Bakterien umbringen, eukaryotische Zelle manipulieren oder Nährstoffe aufnehmen. „Das T6SS ist also eine Art Superkraft für Bakterien. Es ermöglicht ihnen andere Bakterien zu bekämpfen und ihre Umgebung zu verändern“, sagt Dr. Daniel Unterweger, korrespondierender Autor der Publikation. Wie sich krankmachende Bakterien in ihrem T6SS unterscheiden ist noch nicht ganz verstanden.

    Forschende der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie in Plön (MPI-EB) und des National Heart and Lung Institute am Imperial College London haben nun herausgefunden, dass sich krankmachende Pseudomonas aeruginosa-Bakterien in der DNA ihrer T6SS Effektoren massiv unterscheiden. In einer Studie, die gerade in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Nature Communications erschienen ist, haben die Forschenden die DNA von circa 2000 verschiedenen P. aeruginosa-Bakterien verglichen und analysiert, welche der T6SS Effektoren in welchen Bakterien zu finden sind. Mithilfe dieses populationsgenetischen Ansatzes haben sie herausgefunden, dass manche T6SS Effektoren in allen P. aeruginosa-Bakterien vorkommen und andere Effektoren hingegen nicht. „Dieser Unterschied in der Verbreitung der Effektorproteine war für uns zunächst überraschend“, so Dr. Antonia Habich, Erstautorin der Publikation und Wissenschaftlerin in der BMBF-finanzierten Arbeitsgruppe Infektionsbiologie von Dr. Unterweger an CAU und MPI-EB, und fügt hinzu „Letztendlich konnten wir dies aber erklären. So sind zum Beispiel Effektoren für die Nähstoffaufnahme bei allen Stämmen vorhanden und Effektoren zum gegenseitigen Wettkampf mit Bakterien unterscheiden sich.“

    Die Forschenden sind auch der Frage nachgegangen, wie es überhaupt zu so einer großen Diversität innerhalb der Spezies kommen konnte. Dazu haben sie weitere bioinformatische Analysen durchgeführt und Hinweise dafür gefunden, dass P. aeruginosa-Bakterien die Gene für diese Effektoren untereinander weitergeben können. Diesen Prozess nennt man auch horizontalen Gentransfer. Horizontaler Gentransfer ist bei Bakterien weit verbreitet und vor allem dadurch bekannt, dass Gene für Antibiotikaresistenzen darüber auch verbreitet werden können. Für die Forschenden sind die Erkenntnisse des horizontalen Gentransfers von Effektorgenen vor allem aus evolutionärer Sicht spannend, da es Einblicke in die Entstehung von Diversität innerhalb einer Spezies gibt. „Wir Menschen bekommen Merkmale wie Augenfarbe oder Körpergröße von unseren Eltern vererbt. Dies nennt man vertikalen Gentransfer. Bakterien können jedoch auch DNA von anderen Bakterien bekommen. Das ist horizontaler Gentransfer und kann dazu führen, dass Bakterien sich in einer bestimmten Umgebung besser behaupten können“, sagt Luca Robinson, Mitautor der Studie.

    P. aeruginosa ist ein krankmachendes Bakterium. Es löst unter anderem Infektionen offener Wunden, der Harnwege oder der Atemwege bei uns Menschen aus. Jährlich sterben weltweit circa 600.000 Menschen an einer Infektion mit diesem Bakterium. Antibiotikaresistenzen erschweren das Behandeln von P. aeruginosa-Infektionen. Die Weltgesundheitsorganisation stuft Forschung und Entwicklung von neuen Behandlungsansätzen gegen P. aeruginosa-Infektionen als hohe Priorität ein. Die Publikation trägt mit ihren neuen Erkenntnissen über die Diversität von Genen des T6SS in P. aeruginosa-Bakterien zu diesen Bemühungen bei. Sie ermöglicht uns ein besseres Verständnis von pathogenen Bakterien und den Faktoren, die sie in ihrer Umgebung nutzen.

    Fotos stehen zum Download bereit: 

    https://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2025/008-habich-natcom-plate.jpg 
    Bildunterschrift: Kolonien von Pseudomonas aeruginosa-Bakterien auf einer Agarplatte ausgestrichen.
    © Dr. Antonia Habich

    https://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2025/008-habich-natcom-fluo.jpg 
    Bildunterschrift: P. aeruginosa-Bakterien, die mit einem gelbem oder roten Fluoreszenzmarker markiert wurden, und hier auf einer Agarplatten gewachsen sind.
    © Dr. Antonia Habich

    https://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2025/008-habich-natcom-authors.jpg 
    Bildunterschrift: An der Studie waren an der Kieler Universität und am Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie Antonia Habich, Daniel Unterweger und Verónica Chaves Vargas beteiligt (von links nach rechts).
    © Ekaterina Ovchinnikova

    https://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2025/008-habich-natcom-london.jpg 
    Luke Allsopp und Luca Robinson (links), die beiden Autoren vom National Heart and Lung Institute am Imperial College London.
    © Harriet Ellis 

    Weitere Informationen:

    Arbeitsgruppe Infektionsbiologie, 
    Institut für Experimentelle Medizin, CAU / MPI-EB:
    https://www.uni-kiel.de/de/person/unterweger-daniel-49449 
    https://www.evolbio.mpg.de/infektionsbiologie

    Dr Luke Allsopp, Senior Lecturer Molecular Bacteriology & Respiratory Infections,  
    National Heart and Lung Institute, Imperial College London
    https://profiles.imperial.ac.uk/l.allsopp


    Contact for scientific information:

    Dr. Daniel Unterweger
    Arbeitsgruppe Infektionsbiologie, 
    Institut für Experimentelle Medizin, CAU / MPI-EB
    Tel:          0431 500 30312
    E-Mail:     d.unterweger@iem.uni-kiel.de


    Original publication:

    Antonia Habich, Verónica Chaves Vargas, Luca A. Robinson, Luke P. Allsopp, Daniel Unterweger (2025): Distribution of the four type VI secretion systems in Pseudomonas aeruginosa and classification of their core and accessory effectors. Nature communications. First published: 21 January 2025 
    https://doi.org/10.1038/s41467-024-54649-5


    More information:

    https://www.uni-kiel.de/de/person/unterweger-daniel-49449
    https://www.evolbio.mpg.de/infektionsbiologie
    https://profiles.imperial.ac.uk/l.allsopp


    Images

    An der Studie waren an der Kieler Universität und am Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie Antonia Habich, Daniel Unterweger und Verónica Chaves Vargas beteiligt (von links nach rechts).
    An der Studie waren an der Kieler Universität und am Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie Anto ...
    © Ekaterina Ovchinnikova


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Biology, Medicine
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

    An der Studie waren an der Kieler Universität und am Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie Antonia Habich, Daniel Unterweger und Verónica Chaves Vargas beteiligt (von links nach rechts).


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