Eine bisher wenig beachtete Möglichkeit der nährstoffrückgewinnenden Agrarproduktion, die für Deutschland auf dem Weg zu einer echten Bioökonomie unverzichtbar ist. Die SUSKULT-Vision gewinnt weiter an Bedeutung. In der zweiten Förderphase geht es nun darum, das neuartige auf Hydroponik basierende Produktionssystem weiter zu optimieren. Mit dem klaren Ziel, die Grundlagen für eine erfolgreiche Etablierung im Markt zu schaffen.
Die internationale Gemeinschaft ist nicht mehr auf Kurs, die Sustainable Development Goals (SDGs) bis 2030 zu erreichen. Das zeigt der Global Sustainable Development (SDG) Report 2023[1]. Verantwortlich sind neben dem fortschreitenden Klimawandel die Covid-19-Pandemie und gewaltsame Konflikte. Die Auswirkungen des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine unterstreichen die hohe Abhängigkeit der landwirtschaftlichen Produktion in Deutschland und der Europäischen Union von importierten Ressourcen wie Energie und Düngemittel. Gleichzeitig sind gegenwärtige Agrarsysteme mitverantwortlich dafür, dass die planetaren Belastungsgrenzen überschritten werden.
Ein Umdenken und neue Strukturen in der Agrarwirtschaft stehen außer Frage. Zukünftige Agrarsysteme müssen kreislaufbasiert, nachhaltig und resilient sein, um den Herausforderungen globaler Lieferketten, endlicher Phosphorressourcen, hoher Energiebedarfe und Verschmutzungen von Gewässern und Böden begegnen zu können. Das Verbundprojekt SUSKULT erforscht seit 2019 eine urbane, kreislaufbasierte Agrarproduktion. »Standorte für eine derartige Produktion benötigen zum einen lokal Nährstoffe, Wasser und Energie. Gleichzeitig müssen sie den zunehmenden Anforderungen der Gesellschaft an Produktqualität, Ressourcenschonung und Regionalität gerecht werden«, erklärt SUSKULT-Projektkoordinator Volkmar Keuter von Fraunhofer UMSICHT. In den vergangenen fünf Jahren seit Projektstart haben insgesamt 15 Partner – darunter Universitäten und Forschungseinrichtungen sowie Institutionen aus Industrie, Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung – die wissenschaftliche Grundlage für das Vorhaben gelegt und einzelne Bausteine entwickelt.
SUSKULT-Demonstrationsanlage auf der Kläranlage Emschermündung
Mittlerweile sind diese Bausteine in einer Demonstrationsanlage zu einer Prozesskette zusammengefasst und werden in der Praxis getestet. Standort der Anlage: die Kläranlage Emschermündung in Dinslaken, eine der größten ihrer Art in Europa. Kläranlagen werden in der SUSKULT-Vision zu sogenannten NEWtrient®-Centern, die sämtliche für den gartenbaulichen Anbau von Produkten notwendigen Ressourcen – Nährstoffe, CO2, Wasser und Energie – liefern. Und das alles mit nur kurzen Wegen zu den Verbraucher*innen. Die Ressource Abwasser wird in NPK-haltigen Flüssigdünger (NPK: Stickstoff, Phosphor und Kalium) umgewandelt, der wiederum zur Kultivierung von z. B. Gemüse und Salat sowie gesundheitsfördernden Lebensmitteln wie Süßkartoffeln und Moringa verwendet werden kann. Des Weiteren können Wasserlinsen produziert werden, die über einen hohen Vitaminanteil verfügen und als regionaler Sojaersatz dienen. »Der vertikale Anbau erfolgt indoor, geschützt vor Umwelteinflüssen – das ist platzsparend und saisonunabhängig«, so Volkmar Keuter.
SUSKULT 2.0: die NEWtrient®-Transformation
Nach dem erfolgreichen Abschluss der ersten Förderphase startet nun die zweite Phase von SUSKULT. Das Kick-off fand Ende Januar in den Räumlichkeiten von Fraunhofer UMSICHT in Oberhausen statt. Der ursprüngliche Ansatz der NEWtrient®-Center soll hin zu einer NEWtrient®-Transformation erweitert werden. Dabei werden neben den Ressourcenpotenzialen von Kläranlagen auch weitere Ressourcen wie z. B. Gärreste erschlossen. Miteinander gemischt, lassen sie sich als Flüssigdünger sowohl für vertikale Farmen in urbanen Zentren (Frischgemüse und proteinhaltige Pflanzen) als auch in der Feldkultivierung (mehrjährige Pflanzen) nutzen. Volkmar Keuter: »Unser Ziel ist es, dass in Deutschland ein flächendeckendes Netzwerk an verschiedenen Zentren entsteht, das künftig die Pflanzenkultivierung auf Basis heimischer Ressourcen – weitestgehend unabhängig von Importen und unvorhersehbaren Ereignissen – sichert.«
Die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in der zweiten Projektphase von SUSKULT richten sich an vier Leitlinien aus:
- Optimierung – Weiterentwicklung des originären SUSKULT-Ansatzes
- Etablierung – Entwicklung von Marktzugangsmaßnahmen für SUSKULT-Produkte
- Roll-out – Entwicklung von Maßnahmen und Technologien außerhalb des originären Ansatzes
- Internationalisierung – Inwertsetzung des SUSKULT-Ansatzes auf internationaler Ebene
Hierzu ist das Projektkonsortium in Teilen neu aufgestellt. Die Interdisziplinarität der verschiedenen Verbundpartner hat sich in der ersten Projektphase als sehr erfolgreich erwiesen – und bleibt bestehen. In Zukunft werden die Wirtschaftspartner EGLV, REWE und Yara ihre Aktivitäten in den zentralen Verwertungsschienen »SUSKULT-Rezyklate« und »Lebensmittel« ausweiten. Neu hinzugekommen sind u. a. das Wuppertal Institut, zuständig für die prospektive Nachhaltigkeitsbewertung, und die japanische Chiba University. Letztere gilt als Pionier auf dem Gebiet des Vertical Farmings und übernimmt eine entscheidende Rolle in der Erforschung der Internationalisierung des SUSKULT-Ansatzes. Ebenfalls Teil des Verbundprojekts ist ab sofort die Universität Münster. Sie untersucht den Einsatz von SUSKULT-Rezyklaten im Feldanbau und stärkt die Risikoforschung. »Gemeinsam arbeiten wir daran, unsere Vision in Deutschland und auch darüber hinaus zu etablieren«, so Volkmar Keuter. »Das Projektkonsortium ist überzeugt davon, dass SUSKULT das Potenzial hat, dass Deutschland zukünftig unabhängiger von Importen in der Food Supply Chain (Ressourcen und Lebensmittel) wird. Zudem können wir einen wichtigen Teil dazu beitragen, die Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen, regionalen Lebensmitteln zu versorgen.«
[1 ]UN. Global Sustainable Development Report 2023: Advance, Unedited Version, 14 June 2023. Available online: https://sdgs.un.org/sites/default/files/2023-06/Advance%20unedited%20GSDR%2014Ju... (accessed on 20 July 2023).
Projektkonsortium SUSKULT 2.0
Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik
Blue Foot Membranes GmbH (BFM)
Chiba University, Center for Environment, Health and Field Sciences)
Deutsches Forschungszentrum für künstliche Intelligenz DFKI (DFKI)
Emschergenossenschaft/Lippeverband K.ö.R (EGLV)
Helmholtz Zentrum für Umweltforschung GmbH (UFZ)
Hochschule Osnabrück (HSO)
ILS Research gGmbH (ILS)
Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU)
REWE Zentralfinanz eG (REWE)
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU)
Universität Münster (UM)
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH (WI)
Yara GmbH & Co. KG. (Yara)
https://suskult.de/ Homepage SUSKULT#https://www.umsicht.fraunhofer.de/de/presse-medien/pressemitteilungen/2022/susku... Einweihung SUSKULT-Demonstrationsanlage
Das Projektkonsortium von SUSKULT 2.0 beim Kick-off in Oberhausen
Fraunhofer UMSICHT
Die Vision von SUSKULT 2.0
Fraunhofer UMSICHT/Heddi Ried
Criteria of this press release:
Journalists
Biology, Environment / ecology, Nutrition / healthcare / nursing, Zoology / agricultural and forest sciences
transregional, national
Research projects
German
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