idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
02/13/2025 09:58

Stabilisierung des Rentenniveaus verbessert Renten-Rendite für alle Jahrgänge zwischen 1940ern und 2010

Rainer Jung Abt. Öffentlichkeitsarbeit
Hans-Böckler-Stiftung

    Neue Berechnungen

    Stabilisierung des Rentenniveaus verbessert Renten-Rendite für alle Jahrgänge zwischen 1940ern und 2010

    Eine langfristige Stabilisierung des Rentenniveaus, wie sie im gescheiterten Rentenpaket II der Ampelkoalition vorgesehen war, verbessert für Menschen aller Geburtsjahrgänge zwischen den 1940ern (konkret: Männer ab 1945; Frauen ab 1942) und 2010 die interne Rendite der gesetzlichen Rente. Das heißt: Alle heute Erwerbstätigen sowie junge Menschen, die aktuell kurz vor Eintritt ins Berufsleben stehen und ein wesentlicher Teil der heutigen Rentner*innen erhalten im Verhältnis zu ihren Beiträgen überproportional mehr Rente.

    Der positive Effekt zeigt sich, mit leichten Unterschieden, für Frauen wie Männer. Je nach Geburtsjahr und Geschlecht liegen bei einer Stabilisierung des Rentenniveaus die internen Renditen des Beitragsteils, der in den individuellen Rentenanspruch fließt, bei 3,3 bis 4,1 Prozent, das ist bis zu 0,2 Prozentpunkte höher als ohne Stabilisierung. Am stärksten steigt die interne Rendite für Versicherte, die zwischen den frühen 1960er und den frühen 1980er Jahren geboren sind. Damit gleicht die Stabilisierung ein Stück weit aus, dass die Jahrgänge bis 1970 aktuell pro eingezahltem Euro bisher etwas unterdurchschnittliche Renditen verzeichnen (siehe auch die Abbildung in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Bei den ältesten und den jüngsten Geburtsjahrgängen ist der Renditen-Effekt der Stabilisierung zwar deutlich geringer, aber gleichwohl eindeutig positiv. Das ergibt eine neue Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.* Angesichts der Ergebnisse sei die These nicht haltbar, eine Stabilisierung des Rentenniveaus würde jüngere Generationen benachteiligen, schreiben die Autor*innen João Domingues Semeano, Prof. Dr. Sebastian Dullien, Prof. Dr. Camille Logeay und Dr. Ulrike Stein.

    „Die Zahlen zeigen, dass sich die Mitgliedschaft in der umlagefinanzierten Rentenversicherung lohnt, denn sie wirft für alle betrachteten Jahrgänge ordentliche Renditen ab, die spürbar über der erwarteten Inflation liegen. Das gilt ausdrücklich auch für die Jungen, eine Benachteiligung jüngerer Generationen ist nicht zu erkennen. Eine Stabilisierung des Rentenniveaus verbessert das Verhältnis zwischen individuellen Beiträgen und daraus erwachsenden Renten sogar weiter“, fasst Sebastian Dullien, der wissenschaftliche Direktor des IMK, die Ergebnisse zusammen. „Davon profitieren ebenfalls alle derzeit erwerbstätigen oder noch nicht erwerbstätigen Geburtsjahrgänge bis ans Ende unseres Simulationszeitraums. Denn die höheren künftigen Rentenauszahlungen bringen ihnen unter dem Strich mehr als sie die künftig höheren Beiträge kosten.“

    Die Berechnungen erfolgen auf Basis des neuen DyReMo-Rentenmodells, das Camille Logeay und João Domingues Semeano an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin mit Förderung der Hans-Böckler-Stiftung entwickelt haben. Perspektivisch soll es als Open-Source-Modell interessierten Wissenschaftler*innen für eigene Forschung zur Verfügung gestellt werden. Damit soll die Debatte um Reformen der Rentenversicherung auf eine sachlichere und transparentere Ebene gehoben werden.

    Eine realistische Betrachtung relativiere auch die Zahlungen aus dem Bundeshaushalt an die Rentenkasse, betont Dullien. Kritiker*innen der gesetzlichen Rente hantierten beim Bundeszuschuss oft mit absoluten, für viele Jahre zusammengerechneten Milliardenbeträgen. Das wirke auf den ersten Blick beeindruckend, zur Beurteilung wäre aber eine Darstellung der Zahlungen relativ zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) besser geeignet. Berechne man aus den Regierungsprojektionen zu den Bundeszuschüssen und Projektionen für die BIP-Entwicklung diese Quoten, so bleibt nach der Analyse der Anstieg auch bei einer Stabilisierung wie im Rentenpaket II vorgesehen sehr moderat: Von 2020 bis 2035 steigen die Bundeszuschüsse von 2,2 Prozent auf 2,4 Prozent des BIP. Relativ zur Wirtschaftsleistung lägen damit die Zuschüsse zur Rentenversicherung auch 2035 nicht höher als schon 2003, als es 2,8 Prozent des BIP waren. „Ein relevantes Haushaltsproblem für den Bund lässt sich aus diesem Anstieg nicht erkennen“, so Dullien.

    Der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung steigt nach den in der Studie enthaltenen Simulationsrechnungen ähnlich stark wie in den Berechnungen der Bundesregierung von derzeit 18,6 Prozent auf 22,4 Prozent 2035. Danach bleibt der Satz bis zur Mitte des Jahrhunderts konstant, um danach wieder leicht zu steigen. Grund ist vor allem die steigende Lebenserwartung der Bevölkerung, die auf der Auszahlungsseite aber auch dazu führt, dass die Rentner*innen über eine längere Zeit Renten – und damit in der Summe einen höheren Betrag – erhalten als frühere Generationen.

    Diese Logik gelte für alle Alterssicherungssysteme, unabhängig ob diese kapitalgedeckt oder – wie die gesetzliche Rente in Deutschland – umlagefinanziert seien, betonen die Forschenden. „Da den steigenden Beiträgen auch steigende Leistungen gegenüberstehen, wirken die Rentenbeiträge nicht wie Steuern. Sie sind – wie es auch die Bundesbank beschreibt – eher eine obligatorische Vorsorge“, erläutert IMK-Direktor Dullien. „Deshalb haben die steigenden Rentenbeiträge gesamtwirtschaftlich auch keine negativen Wachstums- oder Beschäftigungseffekte.“

    -Mehr Informationen zur Methodik der Berechnungen-

    Die dargestellten internen Renditen beziehen sich auf Personen aus Westdeutschland mit einem durchschnittlichen Verdienstprofil und durchgängiger Erwerbsbiografie bis zum gesetzlichen Renteneintritt. Die Berechnung konzentriert sich auf Westdeutsche, weil aufgrund der Währungsreform bei der deutschen Wiedervereinigung eine sinnvolle detaillierte Renditeberechnung für Ostdeutsche kaum möglich ist. Der grundsätzliche Zusammenhang – höhere Renditen durch Stabilisierung des Rentenniveaus – bleibt aber auch dort intakt.

    Als Datenbasis verwendet die Berechnung mit dem DyReMo-Modell die mittlere Variante der 15. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung von Destatis einschließlich der dort enthaltenen Annahmen über die Entwicklung der ferneren Lebenserwartung, eine Fortschreibung der historischen Arbeitsmarktentwicklung, unter der das Modelloutput den Schätzungen des BMAS entspricht, sowie die Annahme eines nominalen Lohnwachstums von 3 Prozent pro Jahr.

    Zur Berechnung der Rendite muss unter anderem differenziert werden zwischen Beiträgen, die für die enge Alterssicherung aufgewendet werden, und solchen Beiträgen, die in andere Absicherungselemente fließen wie die Erwerbsunfähigkeitsrenten, die Hinterbliebenenrenten sowie Rehabilitationsleistungen, so dass ein direkter Vergleich mit Erträgen aus privaten Kapitalanlagen schwierig ist. Der Sachverständigenrat für Wirtschaft (SVR) legt deshalb einen Korrekturfaktor an, mit dem die Rendite nur für jenen Teil der Beiträge berechnet wird, der in die Alterssicherung fließt. Die Absicherung gegen Erwerbsunfähigkeit und der Hinterbliebenen werden dabei quasi wie separate Versicherungen betrachtet, deren Analyse außen vorbleiben. Das IMK folgt diesem Ansatz. Die nach dieser Methodik berechneten Renditen sind in der Abbildung im Anhang als Renditen „mit Korrekturfaktor“ ausgewiesen.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Sebastian Dullien
    Wissenschaftlicher Direktor IMK
    Tel.: 0211-7778-331
    E-Mail: Sebastian-Dullien@boeckler.de

    Dr. Ulrike Stein
    IMK-Expertin für Renten, Löhne und Verteilung
    Tel.: 0211-7778-339
    E-Mail: Ulrike-Stein@boeckler.de

    Rainer Jung
    Leiter Pressestelle
    Tel.: 0211-7778-150
    E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de


    Original publication:

    *João Domingues Semeano, Sebastian Dullien, Camille Logeay, Ulrike Stein: Stabilisierung des Rentenniveaus: Wer verliert und wer gewinnt wirklich? Simulationsergebnisse für verschiedene Geburtsjahrgänge zum gescheiterten Rentenpaket II der Ampel-Regierung. IMK Policy Brief Nr. 186, Februar 2025. Download: https://www.boeckler.de/de/faust-detail.htm?produkt=HBS-009062

    Die PM mit Abbildung (pdf) https://www.boeckler.de/data/pm_imk_2025_02_13.pdf


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists
    Economics / business administration, Politics, Social studies
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).