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02/20/2025 11:40

Mathematisches Modell zeigt:Heterotrophe Bakterien für rund 10% der globalen marinen Stickstofffixierung verantwortlich

Andrea Daschner Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)

    Mit einem neuen mathematischen Modell konnte ein internationales Forschungsteam zeigen, dass heterotrophe Bakterien in sinkenden Partikeln den Stickstoff in fast allen Regionen der Weltmeere fixieren können. Nach Berechnungen der Forschenden aus Bremen und Kopenhagen sind diese speziellen Bakterien für rund 10% der globalen marinen Stickstofffixierung verantwortlich. Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt im renommierten Fachmagazin Science Advances veröffentlicht. Beteiligt an der Studie waren Forschende des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT), der Universität Kopenhagen und der Technischen Universität Dänemark.

    Stickstoff ist notwendig für Leben, Wachstum und Fortpflanzung von Meeresorganismen. Obwohl er im Ozean reichlich vorhanden ist, können die meisten marinen Arten das Stickstoffgas (N₂) nicht direkt nutzen. Spezielle Bakterien wandeln es für sie in Ammonium um, eine Form von Stickstoff, die für Photosynthese betreibende Meeresorganismen zugänglich ist. Dieser Prozess wird als Stickstofffixierung bezeichnet. So wird das marine Nahrungsnetz durch die Bereitstellung von Stickstoff unterstützt. Zudem spielt die Stickstofffixierung eine wichtige Rolle für die Lagerung von Kohlendioxid durch die Ozeane.

    Bisher nahm man an, dass hauptsächlich photosynthetische Cyanobakterien, die unter Sonneneinstrahlung in warmen Gewässern der niedrigen Breitengrade leben, verantwortlich für Stickstofffixierung sind. Unlängst wurden jedoch auch nicht-photosynthetische heterotrophe Bakterien identifiziert, die ebenfalls Stickstoff fixieren können. Diese Bakterien sind an kleine Partikel gebunden, auch Meeresschnee genannt, und nutzen organisches Material zur Energiegewinnung und Stickstofffixierung.

    Im Gegensatz zu Cyanobakterien sind heterotrophe Bakterien in den verschiedensten Umgebungen zu finden, von tropischen bis zu polaren Gewässern und von der Oberfläche bis in die Tiefsee. Dieses weit verbreitete Vorkommen gibt der Wissenschaft seit langem Rätsel auf.

    Denn trotz ihrer ökologischen Bedeutung sind heterotrophe Stickstofffixierer noch wenig erforscht, da sie sich nur schwer im Labor züchten und untersuchen lassen. Wissenschaftler des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen, der Universität Kopenhagen und der Technischen Universität Dänemark wollten verstehen, wie sich heterotrophe Bakterien anpassen, um unter verschiedenen Bedingungen im Ozean zu überleben und Stickstoff zu fixieren.

    „Wir haben uns gefragt, wie unterschiedliche Umweltfaktoren zusammenwirken, um die Stickstofffixierung der heterotrophen Bakterien zu regulieren”, berichtet Erstautor Subhendu Chakraborty vom ZMT, der sich auf die mathematische Modellierung von marinen Ökosystemen spezialisiert hat. „Außerdem wollten wir herausfinden, wie weit verbreitet die stickstofffixierende Aktivität dieser Mikroorganismen ist und wie viel sie zur gesamten Stickstofffixierung im globalen Ozean beitragen.“

    +++Modellierung zeigt den Beitrag heterotropher Bakterien zum globalen Budget der Stickstofffixierung+++

    Da sie stickstofffixierende heterotrophe Bakterien nicht im Labor untersuchen können, stützten sich die Forscher auf mathematische Modellierung, um Antworten auf ihre Fragen zu finden.

    „Unser neues Modell erfasst stickstofffixierende heterotrophe Bakterien, die innerhalb sinkender Meeresschneepartikel leben, und zeigt, wie sie die Stickstofffixierung regulieren und Wachstum unterstützen. Die Modellierung verrät uns zudem, wie diese Mechanismen die globale Verbreitung der Stickstofffixierung in diesen sinkenden Partikeln vorantreiben“, erklärt Mitautor Agostino Merico, Systemökologe und Modellierer am ZMT.

    ZMT-Forscher Subhendu Chakraborty fasst die neuen Ergebnisse der Modellberechnungen zusammen: „Zum ersten Mal können wir nun errechnen, dass heterotrophe Bakterien für rund 10% der Stickstofffixierung im Ozean verantwortlich sind, was ein großer Beitrag zum globalen Budget der Stickstofffixierung ist. Unser Modell zeigt uns zudem, dass rund 85% dieses Beitrags in den tropischen Sauerstoff-Minimum-Zonen anfällt.“

    Co-Autor Lasse Riemann, Meeresbiologie an der Universität Kopenhagen, ergänzt: „Stickstofffixierende Cyanobakterien sind generell nicht aktiv in tropischen Sauerstoff-Minimum-Zonen. Da sich diese Zonen aufgrund des Klimawandels ausweiten, kann ein besseres Verständnis der Rolle von heterotrophen Stickstofffixierern uns dabei helfen Vorhersagen zu treffen, wie Nährstoffkreisläufe und Meeresökosysteme auf die Erwärmung des Planeten reagieren.“

    „Die Entdeckung ihres genetischen Materials in den Ozeanen kann uns nur eine allgemeine Vorstellung davon vermitteln, wie verbreitet stickstofffixierende heterotrophe Bakterien sind, uns jedoch keine detaillierten Informationen darüber geben, wie viele dieser Bakterien aktiv präsent sind oder wie viel Stickstoff sie fixieren“, sagt Ken Andersen, Experte in theoretischer Meeresökologie an der Technischen Universität Dänemark (DTU), der auch an der Studie beteiligt war. „Mit unserem Modell konnten wir diese Grenzen überwinden und ein besseres Verständnis von stickstofffixierenden heterotrophen Bakterien und ihrer Aktivität gewinnen.“

    Agostino Merico erläutert: „Unser Modell zeigt, dass heterotrophe Bakterien Stickstoff über einen weiten Temperaturbereich hinweg fixieren können. Dieser reicht von -2 bis 24 °C. Verglichen damit, liegt der Temperaturbereich von cyanobakteriellen Stickstofffixierern bei ungefähr 18 bis 38 °C. Das hilft uns bei der Erklärung, warum heterotrophische Stickstofffixierer überall in den Ozeanen zu finden sind, während sich das Vorkommen von cyanobakteriellen Stickstofffixierern auf die warmen tropischen und subtropischen Gewässer beschränkt.“

    +++Auswirkungen auf Stickstofffixierungsprozesse und Nährstoffkreisläufe+++

    Aufgrund ihrer neuen Erkenntnisse schlagen die Forscher vor, Stickstofffixierungsmuster und biogeochemische Stickstoffkreisläufe im globalen Ozean neu zu bewerten. Ihre Ergebnisse vertieften das Verständnis des globalen Stickstoffbudgets und zeigten, dass heterotrophe Bakterien eine signifikantere Rolle als bisher angenommen dabei spielten, die Verfügbarkeit von Stickstoff in Meeresökosystemen zu erhalten, so die Wissenschaftler in ihrer Publikation.

    „Diese Studie liefert eine Grundlage, um besser vorauszusagen, wie sich Nährstoffkreisläufe verändern könnten als Folge von Umweltveränderungen – wie Klimawandel oder Sauerstoffmangel im Meer –, die erhebliche Folgen für die Artenvielfalt im Meer und Ökosystemleistungen haben“, betont Agostino Merico.

    „Unsere Forschung trägt direkt zum Ziel des ZMT bei, unser Wissen über lebenswichtige ozeanische Prozesse wie den Nährstoffkreislauf zu erweitern, die für die Gesundheit und Produktivität der tropischen Meeresökosysteme von grundlegender Bedeutung sind“, fasst Subhendu Chakraborty zusammen. „Wir rechnen damit, dass die hohe Rate heterotrophischer Stickstofffixierung in tropischen und subtropischen Sauerstoff-Minimum-Zonen, die unser Modell zeigt, eine wichtige Rolle für die Funktion und die Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen spielt.“


    Contact for scientific information:

    Dr. Subhendu Chakraborty | AG Systemökologie | Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)
    E-Mail: subhendu.chakraborty@leibniz-zmt.de

    Prof. Dr. Agostino Merico | AG Systemökologie | Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)
    E-Mail: agostino.merico@leibniz-zmt.de


    Original publication:

    Subhendu Chakraborty, Ken H. Andersen, Agostino Merico, and Lasse Riemann. Particle-associated N2 fixation by heterotrophic bacteria in the global ocean. Science Advances 11, eadq4693 (2025). DOI: 10.1126/sciadv.adq4693
    Link: https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adq4693


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    Meeresschnee besteht aus Ablagerungen von verschiedenen Organismen in der Wassersäule. Das Bild zeigt Meeresschnee aus der Sargassosee.
    Meeresschnee besteht aus Ablagerungen von verschiedenen Organismen in der Wassersäule. Das Bild zeig ...

    L. Riemann, Universität Kopenhagen


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, Students, all interested persons
    Biology, Chemistry, Environment / ecology, Oceanology / climate
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

    Meeresschnee besteht aus Ablagerungen von verschiedenen Organismen in der Wassersäule. Das Bild zeigt Meeresschnee aus der Sargassosee.


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