idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
02/21/2025 09:51

Amazonas-Regenwald widerstandsfähiger als gedacht

Dr. Denise Müller-Dum Kommunikation
Max-Planck-Institut für Meteorologie

    Der durchschnittliche Jahresniederschlag in der Amazonasregion wird sich neusten Erkenntnissen zufolge nicht wesentlich ändern, selbst wenn diese vollständig abgeholzt würde. Dies steht im Gegensatz zu früheren Befürchtungen, dass sich das Gebiet ab einem bestimmten Punkt in eine Savanne verwandeln würde. Die Forscherinnen, die die Studie durchgeführt haben, geben aber auch zu bedenken: Um sich ein umfassendes Bild von den Folgen der Entwaldung machen zu können, braucht es mehr als einen Indikator.

    Der drohende Verlust des Amazonas-Regenwaldes durch Abholzung beunruhigt Forschende, Aktivist*innen und Bürger*innen rund um den Globus. Die natürlichen Lebensräume, die die unvergleichliche biologische Vielfalt der Region erhalten, und wichtige Kohlenstoffspeicher stehen auf dem Spiel – mit weitreichenden Auswirkungen auf das globale Klima. Frühere Studien haben davor gewarnt, dass sich der Amazonas auf einen Kipppunkt zubewege, jenseits dessen der Wald die Fähigkeit verliere, sich selbst zu erhalten – und sich in eine Savanne verwandeln würde. Neue Forschungsergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass dies möglicherweise nicht stimmt. Wissenschaftlerinnen des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (MPI-M) haben gezeigt, dass der Niederschlag im Amazonasgebiet im Mittel erhalten bleibt, selbst wenn dieses vollständig abgeholzt würde.

    Kipppunkt-Argument basierte auf vereinfachten Modellen

    Der Grund, einen Kipppunkt zu befürchten, ist die Bedeutung der Vegetation bei der Bildung von Niederschlag: Pflanzen transportieren Wasser aus den Böden über ihre Blätter in die Atmosphäre und erzeugen so Feuchtigkeit. Diese erhält die Niederschläge im Amazonasgebiet aufrecht. Die kombinierte Fähigkeit von Böden und Pflanzen, Feuchtigkeit an die Atmosphäre abzugeben, wird in Fachkreisen als Evapotranspiration bezeichnet. Das Argument, dass die Entwaldung zu einer Verringerung der Evapotranspiration und damit der Niederschläge führt, wurde durch zahlreiche Modellierungsstudien gestützt. Sie hatten jedoch allesamt entscheidende Einschränkungen: Die Studien basierten entweder auf globalen Klimamodellen, in denen die Konvektion stark vereinfacht dargestellt ist – also der wesentliche Atmosphärenprozess im Amazonas, der Feuchtigkeit in Regen umwandelt. Oder sie beruhten auf regionalen Modellen, die eine Anpassung der großräumigen Zirkulation der Atmosphäre an die Entwaldung nicht erfassen. Nun haben die MPI-M-Wissenschaftlerinnen Arim Yoon und Cathy Hohenegger zum ersten Mal das globale sturmauflösende ICON-Modell verwendet, um diese beiden Einschränkungen zu überwinden. Sie erstellten dazu eine globale Simulation der Atmosphäre mit einer horizontalen Auflösung von fünf Kilometern über einen Zeitraum von drei Jahren. Anstatt vereinfachte Faustregeln zu verwenden, um die Konvektion zu erfassen, löste das Modell diese explizit auf.

    Wind transportiert Feuchtigkeit in die Region

    Die Ergebnisse zeigen, dass die Niederschläge im Amazonasgebiet nicht so stark von der Evapotranspiration abhängen, wie bisher angenommen. Tatsächlich kompensieren Veränderungen in der großräumigen Zirkulation den durch die Entwaldung entstehenden Verlust an Evapotranspiration. „Der Wind in etwa drei Kilometern Höhe trägt genug Feuchtigkeit vom Ozean in die Region, um den Rückgang der Evapotranspiration auszugleichen“, sagt Yoon. Den Berechnungen zufolge ändert sich der mittlere Jahresniederschlag im Amazonasgebiet auch nach vollständiger Abholzung nicht wesentlich – ganz im Gegensatz zu früheren Ergebnissen. „Der Niederschlag über Land scheint in unserer globalen sturmauflösenden Simulation enger an die großräumige Zirkulation gekoppelt zu sein als an die Evapotranspiration, verglichen mit den aktuellen Klimamodellen, die derzeit in den Sachstandsberichten des Weltklimarats verwendet werden. Diese Tatsache ist aufregend, denn sie animiert dazu, einige der Dinge zu überprüfen, die wir über den Niederschlag über Land und seine Empfindlichkeit zu wissen dachten“, sagt Hohenegger.

    Zwar wird sich im Amazonasgebiet die Gesamtmenge der Niederschläge eines Jahres nicht ändern, wohl aber die Verteilung der Regenmengen über das Jahr. „Ein Indikator reicht nicht aus, um die Zukunft des Amazonas-Regenwaldes zu beurteilen“, sagt Yoon. „Die Details der Niederschlagsmuster können einen großen Unterschied machen.“ Als nächstes wollen die Forscherinnen mit der gleichen Simulation untersuchen, ob extreme Niederschläge und extreme Dürren häufiger oder intensiver werden. Die Studie ist also eine gute Nachricht, aber keine Entwarnung. Auch wenn die Entwaldung den durchschnittlichen Jahresniederschlag nicht signifikant verringert, verändert sie doch das regionale und das globale Klima und hat negative Auswirkungen auf das Ökosystem und die Menschen, die von ihm abhängen.


    Contact for scientific information:

    Arim Yoon, Max-Planck-Institut für Meteorologie, arim.yoon@mpimet.mpg.de
    Dr. Cathy Hohenegger, Max-Planck-Institut für Meteorologie, cathy.hohenegger@mpimet.mpg.de


    Original publication:

    Yoon, A., & Hohenegger, C. Muted amazon rainfall response to deforestation in a global storm‐resolving model. Geophysical Research Letters, 52, e2024GL110503, 2025. https://doi.org/10.1029/2024GL110503


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists
    Geosciences, Oceanology / climate, Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).