Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entdeckten eine Variante eines Chinon-Moleküls, das Methylplastochinon. Sie konnten diese in einem stickstoffverwertenden Bakterium (Nirtospirota) nachweisen und aufzeigen, dass sich die Grundlagen der Sauerstoff-Atmung bereits früher als vor 2,3 Milliarden Jahren entwickelt haben, also lange bevor es Sauerstoff in der Atmosphäre gab. Die Ergebnisse, die unter Leitung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) entstanden sind, wurden in der internationalen Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Science (PNAS) veröffentlicht.
Kein Ereignis in der Erdgeschichte hat den Lebewesen so viel Energie geliefert wie die Entwicklung der Sauerstoff-Atmung. Sie machte es möglich, Nahrung effizient in Energie umzuwandeln. Wann und in welchen Organismen diese Fähigkeit entwickelt wurde und welcher Prozess zuerst entstand: die Photosynthese, die Sauerstoff freisetzt oder die Sauerstoff-Atmung, die ihn nutzt, ist jedoch Gegenstand wissenschaftlicher Debatten. Eine Zufallsentdeckung eines internationalen Forscherteams könnte nun einen entscheidenden Hinweis auf die evolutionäre Abfolge dieser Prozesse liefern. Unter Federführung der Universität Kiel entdeckten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Variante eines Chinon-Moleküls, das Methylplastochinon. Sie konnten diese in einem stickstoffverwertenden Bakterium (Nirtospirota) nachweisen und damit aufzeigen, dass sich die Grundlagen der Sauerstoff-Atmung bereits früher als vor 2,3 Milliarden Jahren entwickelt haben, also lange bevor es Sauerstoff in der Atmosphäre gab.
Forscherteam entdeckt neue Molekülvariante
„Wir haben Bakterien für ein ganz anderes Projekt untersucht, als wir eine ungewöhnliche Veränderung in einem Molekül eines stickstoffverwertenden Bakteriums beobachteten“, beschreibt der Erstautor der Studie, Dr. Felix Elling vom Leibniz-Labor für Altersbestimmung und Isotopenforschung der CAU die zufällige Entdeckung. „Wir hatten von Anfang an den Verdacht, dass es sich dabei um einen entscheidenden Baustein handeln könnte, der mit der Entwicklung der Photosynthese und der Fähigkeit, Sauerstoff zu atmen, zusammenhängt“, so Elling weiter, der seine Forschung an der Harvard University (USA) begonnen hatte.
Entdeckt hat das internationale Forscherteam, darunter neben der CAU auch Forschende der Universität Bremen, der Universität Grenoble (Frankreich) und des Massachusetts Institute of Technology (MIT, USA), das Methylplastochinon, eine Variante eines Moleküls namens Chinon. Bisher ging man unter Forschenden davon aus, dass es nur zwei verschiedene Arten von Chinonen gibt, die in allen Lebewesen vorkommen und den Stoffwechsel steuern: anaerobe Chinone in Bakterien, die keinen Sauerstoff atmen, und aerobe Chinone, die von Pflanzen für die Photosynthese und von Menschen, Tieren oder Bakterien für die Sauerstoffatmung verwendet werden. Die Forschenden entdeckten nun mit Methylplastochinon erstmals eine dritte Art. Dieses hat die Grundstruktur der aeroben Chinone, weist aber dennoch einige Merkmale der anaeroben Form auf. „Ein Chinon, das dem ähnelt, das Pflanzen für die Photosynthese verwenden, in einem Bakterium zu finden, das Sauerstoff atmet, war sehr ungewöhnlich. Wir haben erkannt, dass Methylplastochinon ein dritter Chinon-Typ sein könnte und möglicherweise das fehlende Bindeglied zwischen den beiden Chinon-Typen darstellt“, erklärt Felix Elling. Das bisher unbekannte Molekül fand das Team nur in Bakterien des Phylums Nitrospirota, Organismen, die eine große Bedeutung für den globalen Stickstoffkreislauf haben.
Molekül existierte bereits früher als vor 2,3 Milliarden Jahren
Die Ergebnisse der Kieler und internationalen Forscherinnen und Forscher tragen auch maßgeblich dazu bei, ein erdgeschichtliches Ereignis, die so genannte Sauerstoffkatastrophe (The Great Oxygenation Event) vor etwa 2,3 bis 2,4 Milliarden Jahren, besser zu verstehen. Dieses Ereignis markiert einen Wendepunkt in der Geschichte der Atmung, da Cyanobakterien erstmals begannen, durch Photosynthese größere Mengen Sauerstoff zu produzieren und damit einen aeroben Stoffwechsel ermöglichten. Die Existenz von Methylplastochinon widerlegt nun die Hypothese, dass die Photosynthese zuerst kam. Das Molekül und sein Biosyntheseweg sind ein entscheidender Hinweis darauf, dass einige Bakterien bereits in der Lage waren, Sauerstoff zu nutzen, bevor die Cyanobakterien damit begannen, es zu produzieren.
Das internationale Forscherteam konnte in seinen Arbeiten die ursprüngliche Form dieses Moleküls identifizieren, das die Basis bildete für spätere Anpassungen – eine für Funktionen in Algen und Pflanzen und eine weitere in den Mitochondrien im menschlichen Organismus. „Dieses Molekül ist eine Zeitkapsel“, resümiert Elling. „Ein lebendes Fossil eines Moleküls, das mehr als zwei Milliarden Jahre überdauert hat.“
Grundlagen der Sauerstoff-Atmung bereits früh in Bakterien angelegt
Die Grundlagen für die Sauerstoff-Atmung waren also schon früh in der Erdgeschichte angelegt. Später, vor rund 2,5 Milliarden Jahren, als sich dann viel Sauerstoff in der Atmosphäre anreicherte, entwickelte sich daraus die Fähigkeit, Sauerstoff für die Energiegewinnung zu nutzen. Diese evolutionäre Neuerung der Sauerstoff-Atmung wurde von den Eukaryoten übernommen. In den Zellen der Eukaryonten, dazu gehören auch wir Menschen, ist dieses evolutionäre Ereignis in den Mitochondrien, den Kraftwerken unserer Zellen, überliefert.
Die Forschungsarbeiten von Dr. Felix Elling werden durch das Emmy Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Dr. Felix J. Elling
Leibniz-Labor für Altersbestimmung und Isotopenforschung
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU)
E-Mail: felling@leibniz.uni-kiel.de
F.J. Elling, F. Pierrel, S. Chobert, S.S. Abby, T.W. Evans, A. Reveillard, L. Pelosi, J. Schnoebelen, J.D. Hemingway, A. Boumendjel, K.W. Becker, P. Blom, J. Cordes, V. Nathan, F. Baymann, S. Lücker, E. Spieck, J.R. Leadbetter, K. Hinrichs, R.E. Summons, & A. Pearson, A novel quinone biosynthetic pathway illuminates the evolution of aerobic metabolism, Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 122 (8) e2421994122,
https://doi.org/10.1073/pnas.2421994122 (2025).
https://kiel-geobiology.de (Molecular Geobiology, Arbeitsgruppe Dr. Felix Elling)
https://www.uni-kiel.de/de/detailansicht/news/022-atmung (Link zur PM)
Für die Analyse von Proben nutzt Dr. Felix Elling hochspezialisierte Methodik. Im Labor werden die M ...
Jürgen Haacks
Uni Kiel
Die Evolution der Sauerstoff-Atmung Milliarden Jahre vor heute. Erst vor rund 2,4 Milliarden Jahren ...
Felix Elling, Uni Kiel
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology, Geosciences
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).