Hörforschung und Politikwissenschaft stehen im Mittelpunkt von zwei neuen Forschungsvorhaben der Universität Oldenburg gemeinsam mit israelischen Partner-Universitäten. Die Projekte untersuchen, wie sich Zweisprachigkeit auf das Hörverstehen auswirkt und inwiefern gesellschaftliche Gruppen womöglich erst durch die politische Kommunikation von Parteien konstruiert werden.
Der Einfluss von Zweisprachigkeit auf das Hörverstehen und die Konstruktion gesellschaftlicher Gruppen durch politische Parteien stehen im Mittelpunkt zweier Forschungsvorhaben der Universität Oldenburg, die vom Niedersächsischen Wissenschaftsministerium im Programm „Forschungskooperation Niedersachsen – Israel“ vier Jahre lang mit jeweils bis zu 500.000 Euro gefördert werden. Die Sprachwissenschaftlerinnen Prof. Dr. Esther Ruigendijk von der Universität Oldenburg und Dr. Hanin Karawani von der Universität Haifa in Israel wollen in ihrem Projekt herausfinden, warum es Menschen, die in zwei Sprachen zu Hause sind, besonders schwerfällt in einer lauten Umgebung Sprache zu verstehen. Im zweiten Projekt arbeitet der Oldenburger Politikwissenschaftler Prof. Dr. Marius Sältzer mit Dr. Tristan Klingelhöfer von der Hebrew University of Jerusalem und Dr. Alona Dolinsky von der Freien Universität Amsterdam (Niederlande) zusammen. Die drei Forschenden untersuchen die Frage, ob politische Akteur*innen die Identitäten gesellschaftlicher Gruppen, die sie repräsentieren, durch ihre Kommunikation selbst konstruieren.
Ruigendijk und Karawani wollen in ihrem Projekt „Bilingualism in challenging listening conditions: Is it language specific or a general mechanism?” gemeinsam erkunden, wie frühe Spracherfahrungen, insbesondere die Zweisprachigkeit, die Verarbeitung von Sprache im Gehirn beeinflussen und wie sich dies auf die Fähigkeit auswirkt, Sprache zu verstehen. „Die meisten Menschen auf der Welt benutzen im Alltag mehr als eine Sprache – eine Tatsache, die von der Hörforschung bislang kaum berücksichtigt wird“, erklärt Ruigendijk. Ziel ist es herauszufinden, warum eine laute Umgebung für bilinguale Menschen besondere Herausforderungen mit sich bringt.
Das Team will verstehen, ob hinter diesem Effekt ein grundlegender neuronaler Mechanismus steckt – dass nämlich bei Zweisprachigen im Gehirn generell beide Sprachen aktiviert werden, auch wenn sie sich gerade nur in einer von beiden bewegen. Dafür führen die Forscherinnen und ihre Teams mit Testpersonen eine Reihe von Experimenten durch. Durch eine Kombination von Sprachaufgaben und Gehirnstrommessungen wollen sie herausfinden, ob die Verwandtschaft von Sprachen das Hörverständnis in einer lauten Umgebung beeinflusst. Für die Experimente suchen sie bilinguale Menschen mit den Sprachkombinationen Arabisch – Hebräisch, Arabisch – Deutsch und Deutsch – Niederländisch sowie Personen, die Hebräisch und Deutsch als einzige Sprache verwenden. Karawani hatte im vergangenen Jahr als Stipendiatin der Humboldt-Stiftung mehrere Monate an der Universität Oldenburg verbracht und gemeinsam mit Ruigendijk im Exzellenzcluster Hearing4all die Grundlagen für das gemeinsame Forschungsprojekt erarbeitet.
Das zweite geförderte Projekt „The Construction of Groups in Politics” (CONSTRUCT) untersucht eine neue Theorie zum Verhältnis zwischen politischen Parteien und gesellschaftlichen Gruppen. „In der jüngeren Vergangenheit hat kulturelle und identitätsbasierte Politik in vielen Ländern drastisch zugenommen, was zu einer zunehmenden Polarisierung der Gesellschaft geführt hat“, berichtet Sältzer, der an der Universität Oldenburg die Arbeitsgruppe „Digital Social Science“ leitet. Die Forschenden wollen der Idee nachgehen, dass politische Parteien seit einiger Zeit nicht unbedingt existierende gesellschaftliche Gruppen repräsentieren, sondern vielmehr diese Gruppen selbst konstruieren. „Parteien versuchen, neue Wählergruppen für sich zu gewinnen, indem sie politische Identitäten aufbauen oder zerstreuen und verschieben auf diese Weise Gruppengrenzen“, erläutert Sältzer.
Das Team will zunächst mit Methoden des maschinellen Lernens in der Kommunikation von Parteien in Israel und Deutschland – etwa Anzeigen, Parteiprogrammen, Reden und Posts in den sozialen Medien – nach Belegen für diese Theorie suchen. Anschließend führen die Forschenden mit Freiwilligen aus beiden Ländern Experimente dazu durch, ob sich die eigene Wahrnehmung der Zugehörigkeit zu einer Gruppe durch politische Kommunikation verändern lässt. Das Team erhofft sich von den Ergebnissen einerseits einen neuen Blick auf das Verhältnis von Parteien und gesellschaftlichen Gruppen. Zum anderen könnte die Forschung auch für die Praxis nützlich sein und etwa mögliche neue Werkzeuge für politische Kampagnen, aber auch zur Verbesserung politischer Repräsentation liefern. Zudem könnten die Projektergebnisse Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzen, die Methoden und Absichten von politischen Organisationen besser zu durchschauen.
Das Land Niedersachsen fördert im Programm „Forschungskooperation Niedersachsen – Israel“ insgesamt acht Projekte aus den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften, die von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern niedersächsischer und israelischer Hochschulen und Forschungseinrichtungen gemeinsam durchgeführt werden. Die Mittel stammen aus zukunft.niedersachsen, dem gemeinsamen Förderprogramm des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur und der VolkswagenStiftung.
Prof. Dr. Esther Ruigendijk, Tel.: 0441/798-4695, E-Mail: esther.ruigendijk@uol.de
Prof. Dr. Marius Sältzer, Tel.: 0441/798-4855, E-Mail: marius.saeltzer@uol.de
https://uol.de/niederlandistik
https://hearing4all.de/
https://uol.de/digital-social-science
Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars, Students, Teachers and pupils, all interested persons
Language / literature, Media and communication sciences, Politics, Psychology, Social studies
transregional, national
Cooperation agreements, Research projects
German
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