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03/11/2025 09:24

Technologien, um sich gegen Trockenheit im Süden Brandenburgs zu wappnen

Stefanie Terp Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin

    Im Projekt „SpreeWasser:N“ entwickeln Forschungsteams Konzepte, wie sich die Region mit einem Dürrefrühwarnsystem und künstlicher Grundwasseranreicherung an Wetterextreme anpassen kann

    Die Situation ist paradox: Obwohl es in dem Brandenburger Gebiet südöstlich von Berlin, zwischen Spreewald und Hauptstadt, viele Gewässer gibt, ist es eine Region mit einem der höchsten Wasserdefizite in Deutschland. Es ist das Einzugsgebiet der Unteren Spree. Um die Dramatik zu beschreiben, sprechen Fachleute gar vom südlichen Brandenburg als der Wüste Deutschlands. Die Ursachen sind vielfältig und seit Langem bekannt: heiße Sommer mit hohen Verdunstungsraten, länger andauernde Trockenperioden und sinkende Pegelstände, geringe Niederschläge und geringe Grundwasserneubildung. So haben sich in einigen Regionen die Grundwasserstände um bis zu drei Metern seit der Jahrtausendwende gesenkt. Die jährliche Grundwasserneubildung beträgt jedoch durchschnittlich nur 80 Millimeter.

    Ein Drittel der Fläche geeignet

    Ein Weg, den Wassermangel auszugleichen, ist die künstliche Grundwasserspeicherung in tiefen Schichten des Grundwasserleiters. Ein TU-Team unter Leitung der Hydrogeologin Prof. Dr. Irina Engelhardt identifizierte deshalb im Einzugsgebiet der Unteren Spree Standorte, die eine solche künstliche unterirdische Grundwasseranreicherung möglich machen würden. Die Forschungen sind Teil des großangelegten Projektes „SpreeWasser:N“, dessen Ziel es ist, Konzepte zu entwickeln, mit denen sich die Region Berlin-Brandenburg an Wetterextremereignisse – heiße Sommer, lange Dürreperioden, Starkregen und Hochwasser – anpassen kann.

    Das Gebiet, das im Projekt „SpreeWasser:N“ untersucht wurde, ist die eingangs beschriebene südöstlich von Berlin gelegene Region zwischen dem Spreewald in der Niederen Lausitz und der Hauptstadt. Es umfasst eine Fläche von 3500 Quadratkilometern, etwa das Vierfache Berlins.

    „Nur etwa ein Drittel der Fläche unseres Untersuchungsgebiets eignet sich für eine künstliche unterirdische Grundwasseranreicherung, wo Infiltrationsbrunnen gesetzt werden könnten, die zwischen 50 bis 80 Meter in die Tiefe reichen. Die Flächen liegen hauptsächlich in Wäldern“, sagt Prof. Dr. Irina Engelhardt, Leiterin des Fachgebiets Hydrogeologie an der TU Berlin und Koordinatorin von „SpreeWasser:N“. „Die Wasserschutzzonen 1 und 2, Flächen mit Altlasten und der Gefahr hoher Nitratbelastung sowie landwirtschaftliche Flächen kamen für uns nicht in Frage. Auch mussten es Gebiete sein, in deren Untergrund sich ein entsprechend mächtiger und kontinuierlicher Grundwasserleiter befindet, um Wasser speichern zu können. Und die Standorte sollten sich im Zustrom der Förderbrunnen eines Wassernutzers, wie zum Beispiel eines Wasserversorgers oder Landwirt befinden, um einen direkten Zustrom zu garantieren und Verluste zu minimieren. Wir sind von Speicherzeiten zwischen zwei und fünf Jahren für die Dimensionierung des Untergrundspeichers ausgegangen. Damit kann zusätzlich auch die natürliche Reinigungskraft des Untergrundes genutzt werden.“

    Die Seitenarme der Spree werden angezapft

    Die künstliche Grundwasseranreicherung beruht auf der Idee, überschüssiges Wasser in Zeiten von Regenperioden oder bei Extremereignissen wie Starkregen oder Hochwasser zunächst abzufangen und in Senken zwischenzuspeichern und dann in den Grundwasserleiter zu infiltrieren oder zu injizieren, um es bei Extremereignissen wie lang anhaltender Dürre dann wieder zur Verfügung zu haben – für Haushalte, Landwirtschaft, Tourismus, Industrie und natürlich für Fauna und Flora.

    Das Überschusswasser kommt in dem TU-Konzept aus den vielen kleinen Seitenarmen der Spree, den sogenannten Fließen. Die Wissenschaftler errechneten mit den Daten aus langjährigen Messreihen des Brandenburger Landesamtes für Umwelt und unter Einbeziehung von im Projekt erstellten Klimaprojektionen, dass aus den Fließen circa 20 Prozent des Wassers, das aktuell von dem ansässigen Wasserversorger in der Region aus dem Grundwasser entnommen wird, unterirdisch gespeichert werden könnte und in Dürrezeiten zur Verfügung stünde. Die verfügbare Menge variiert jedoch stark zwischen den einzelnen Einzugsgebieten.

    Um die Standorte für die Infiltrationsbrunnen zur künstlichen Grundwasseranreicherung in der Tiefe bestimmen zu können, haben die TU-Hydrogeologen zuvor ein dreidimensionales geologisches und hydrogeologisches Modell mit Methoden des Maschinellen Lernens erstellt. Das Modell gibt unter anderem Auskunft über die geologische Beschaffenheit des Untergrundes, die Tiefenlage und Mächtigkeit der Grundwasser führenden Schichten. Das Modell wird später den Behörden und Wasserversorgern für ihre wasserwirtschaftlichen Planungen zur Verfügung gestellt.

    Weltweit im Einsatz, in Deutschland (noch) verboten

    Die künstliche Grundwasseranreicherung an den im Untersuchungsgebiet ausgewiesenen Standorten würde sich auch eignen, um Klarwasser, also gereinigtes Abwasser zu speichern. Diese Technologie wird weltweit praktiziert: im Mittleren Osten, besonders in Israel und Jordanien, in Frankreich, in Spanien, in Italien, Kalifornien, Australien. Das deutsche Wasserrecht lässt diese Technologie bislang nicht zu. Deutsche Behörden haben gesundheitliche Bedenken. Doch juristische Analysen des Lehrstuhls für Nationales Wasserrecht an der Universität Trier, Kooperationspartner im Projekt, kommen zu einem anderen Ergebnis: In der bestehenden Gesetzgebung gebe es Spielräume, Klarwasser zu verwenden. „Bislang war Deutschland in der komfortablen Situation, auf gereinigtes Abwasser verzichten zu können. Die verfügbaren Wassermengen reichten aus. Ich denke aber, dass Deutschland künftig nicht umhinkommen wird, eine andere Position zur Nutzung von Klarwasser einzunehmen. Auch sind die deutschen Wassergesetze alt und nehmen keinen Bezug auf den Klimawandel. Sie sind nicht mehr ganz zeitgemäß“, so Prof. Dr. Irina Engelhardt.

    Benutzerfreundliche Toolbox für Wasserversorger, Planungsbüros und Behörden

    Neben der Methode der künstlichen Grundwasseranreicherung beschäftigte sich der Kooperationspartner Ingenieurgesellschaft Prof. Dr. Sieker mbH auch mit dem Wasserrückhalt in Gewässern und der Entwicklung eines Prototyps für kontrollierte Drainagen, zwei weiteren Methoden, um den Winterregen im Sommer zur Verfügung zu haben und vor allem die Landwirtschaft gegen Dürre zu wappnen.

    Diese drei Methoden der Wasserspeicherung hat das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF e.V.) in einer Toolbox für Wasserversorger, Planungsbüros und Behörden benutzerfreundlich aufgearbeitet. Für jede Methode werden Aussagen getroffen, wie viel Wasser damit gespeichert werden kann, was die Umsetzung potenziell kostet und welche Gesetze zu berücksichtigen sind.

    Weitere Ergebnisse des Projektes sind unter anderem die Entwicklung eines Dürrefrühwarnsystems für das Untersuchungsgebiet durch das ZALF e.V. und neuartige Sensoren zur Messung der Bodenfeuchte am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung erstellten Forscher ein Modell der Spree, an dem sich ablesen lässt, wie sich die Pegelstände des Flusses perspektivisch entwickeln werden: Eine Prognose besagt, dass die Spree Ende der 2030er-Jahre auf dem Weg aus dem Spreewald Richtung Berlin spätestens am Pegel Große Tränke in heißen Sommermonaten kein Spreewasser mehr der Hauptstadt Berlin zuführen wird. Denn mit dem Ausstieg aus der Braunkohle in der Lausitz entfallen auch die Sümpfungswassereinleitungen aus den Braunkohletagebauen, die bislang den Abfluss der Spree stabilisieren.

    Das Projekt „SpreeWasser:N“ ist eines von zwölf Vorhaben, die innerhalb der Maßnahme „WaX – Wasser-Extremereignisse“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden: https://www.spreewasser-n.de/

    Während der WaX-Abschlusskonferenz des BMBF am 12 und 13 März 2025 in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften wird Prof. Dr. Irina Engelhardt den Vortrag halten „SpreeWasser:N – Adaption an Wasser-Extremereignisse: Dürremanagement, integrierte Wasserbewirtschaftungskonzepte und verbesserte Wasserspeicherung in der Region Berlin-Brandenburg“.

    Kontakt:

    Prof. Dr. Irina Engelhardt
    TU Berlin
    Fakultät VI Planen Bauen Umwelt
    Fachgebiet Hydrogeologie
    Tel.: +49 30 314-24088
    E-Mail: irina.engelhardt@tu-berlin.de


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    Die Karte zeigt die Mächtigkeit des Hauptgrundwasserleiters im Untersuchungsgebiet Untere Spree. Der Hauptgrundwasserleiter dient der Trinkwasserversorgung. An den tiefroten Stellen ist er bis zu 135 Metern mächtig, an den hellsten Stellen bis zu 5 Metern.
    Die Karte zeigt die Mächtigkeit des Hauptgrundwasserleiters im Untersuchungsgebiet Untere Spree. Der ...

    TU Berlin


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Environment / ecology, Geosciences, Oceanology / climate
    transregional, national
    Research projects, Transfer of Science or Research
    German


     

    Die Karte zeigt die Mächtigkeit des Hauptgrundwasserleiters im Untersuchungsgebiet Untere Spree. Der Hauptgrundwasserleiter dient der Trinkwasserversorgung. An den tiefroten Stellen ist er bis zu 135 Metern mächtig, an den hellsten Stellen bis zu 5 Metern.


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