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03/13/2025 12:00

Konjunktur aktuell: Zeitenwende für die deutsche Wirtschaft?

Stefanie Müller-Dreißigacker Kommunikation
Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle

    Die außenpolitischen Rahmenbedingungen haben sich mit den drohenden Handelskriegen und der Verschlechterung der Sicherheitslage in Europa grundsätzlich geändert. Die deutsche Politik schafft mit weitreichenden Änderungen an der Schuldenbremse die Voraussetzungen für schuldenfinanzierte zusätzliche Verteidigungsaufgaben. Das bringt für die deutsche Wirtschaft große Risiken, daneben aber auch Chancen mit sich. Derweil ist die Konjunktur weiter im Abschwung.

    Nach der Frühjahrsprognose des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2025 etwa so hoch sein wie im Vorjahr und erst im Jahr 2026 nennenswert zulegen, u. a. weil die Unsicherheit über die deutsche Wirtschaftspolitik nach der Regierungsbildung abnehmen dürfte, sodass die Sparquote der privaten Haushalte wieder etwas zurückgehen wird und die schuldenfinanzierten staatlichen Mehrausgaben allmählich nachfragewirksam werden. Die IWH-Konjunkturforscher prognostizieren für 2025 einen BIP-Zuwachs von 0,1%. Im Dezember waren sie noch von einem Zuwachs von 0,4% für 2025 ausgegangen. Ähnlich sind die Aussichten für Ostdeutschland, wo die Produktion allerdings, anders als in Deutschland insgesamt, im Jahr 2024 leicht gestiegen sein dürfte.

    Die Ankündigungen und Entscheidungen der neuen US-Regierung, vor allem um die Positionierung im Russland-Ukraine-Konflikt und um die neue Zollpolitik, haben weltweit zu hoher Unsicherheit geführt und amerikanische Aktienwerte zuletzt deutlich sinken lassen. Derweil dürfte sich im Winter die moderate weltwirtschaftliche Expansion fortgesetzt haben. Weiterhin war die Konjunktur in den USA robust, im Euroraum blieb sie schwach. In den USA dürften sich die negativen Effekte der wirtschaftspolitischen Unsicherheit und höherer Zölle mit den kurzfristig positiven Effekten der Deregulierungen in etwa die Waage halten. In China hält die Immobilienkrise vorerst an, allerdings hat der Erfolg der Chatbot-App von DeepSeek die Aussichten des chinesischen Tech-Sektors verbessert. Im Euroraum bleibt die Konjunktur schwach.

    In Deutschland haben sich CDU/CSU und SPD darauf geeinigt, die Schuldenbremse de facto außer Kraft zu setzen, um Aufrüstung und zusätzliche öffentliche Infrastrukturinvestitionen zu finanzieren. „Die öffentlichen Mehrausgaben dürften nach und nach konjunkturell eine stimulierende Wirkung entfalten“, sagt Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident des IWH. „Der Politikschwenk trifft auf eine Wirtschaft, die in einer Krise steckt, welche durch Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit und Investitionsschwäche gekennzeichnet ist.“ So ist der Produktionsrückgang im vierten Quartal 2024 vor allem auf geringere Exporte zurückzuführen, und die Ausrüstungsinvestitionen sind weiter gesunken. Die Arbeitslosenquote nimmt weiter langsam zu, und der Beschäftigungsaufbau ist zuletzt zum Erliegen gekommen. Die privaten Haushalte stellen sich auf die wirtschaftliche Krise ein, indem sie mit Ausgaben vorsichtiger sind: Ihre Sparquote war im vierten Quartal 2024 deutlich höher als im langjährigen Durchschnitt. Zwar ist in dieser Prognose unterstellt, dass es tatsächlich zur Einrichtung des Infrastrukturfonds und zu erheblich höheren Militärausgaben kommt. Allerdings wird der dadurch eröffnete finanzpolitische Spielraum im laufenden Jahr und auch im Jahr 2026 noch kaum realwirtschaftlich wirksam werden. Zudem belasten stark gestiegene Sozialversicherungsabgaben die verfügbaren Einkommen. „Alles in allem stagniert das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland wohl 2025, ebenso wie die Zahl der Erwerbstätigen“, sagt Oliver Holtemöller. Das gesamtstaatliche Haushaltsdefizit dürfte sich im Jahr 2025 auf 2,7% belaufen und im Jahr 2026 auf 3,2% steigen.

    Risiken für die vorliegende Prognose ergeben sich vor allem aus dem unberechenbaren politischen Umfeld. Die Unsicherheit über die US-Zollpolitik schlägt auf die deutsche Wirtschaft besonders stark durch, weil die USA das Land sind, in das mit Abstand am meisten deutsche Exportgüter geliefert werden. Aber auch die schuldenfinanzierte Ausweitung der Staatsausgaben in Deutschland und Europa bringt erhebliche Risiken mit sich. Vertrauensverluste an den Kapitalmärkten könnten gerade Euroraum-Länder mit hoher Verschuldung rasch in eine finanzielle Schieflage bringen, der die Europäische Zentralbank (EZB) nach Einschätzung der IWH-Konjunkturforscher wohl mit Stützungskäufen der betroffenen Staatstitel begegnen würde. Die Geldpolitik würde in einem solchen Fall das Ziel der Preisstabilität zugunsten fiskalischer Ziele aufgeben, sie würde stattdessen von fiskalischen Gesichtspunkten dominiert.


    Contact for scientific information:

    Professor Dr. Oliver Holtemöller
    Tel +49 345 7753 800
    oliver.holtemoeller@iwh-halle.de


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    Tabelle zu den gesamtwirtschaftlichen Eckdaten der Prognose des IWH für Deutschland in den Jahren 2023 bis 2026
    Tabelle zu den gesamtwirtschaftlichen Eckdaten der Prognose des IWH für Deutschland in den Jahren 20 ...


    Criteria of this press release:
    Journalists
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