Neue Werte des IMK Inflationsmonitors
Inflation für 6 von 9 Haushaltstypen bei oder unter 2 Prozent – noch zu früh für Pause bei Zinssenkungen
Die Inflationsrate in Deutschland lag im Februar 2025 bei 2,3 Prozent und damit auf dem gleichen Niveau wie im Januar. Das ist bereits nahe beim Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent, zudem sank die Kernrate, also die Inflation ohne die besonders schwankungsanfälligen Güter Energie, Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak, gegenüber Januar von 2,8 auf 2,6 Prozent.
Schaut man auf die Inflationsraten verschiedener Haushaltstypen, die sich nach Einkommen und Personenzahl unterscheiden, hatten sechs von neun untersuchten Haushaltstypen im Februar Inflationsraten leicht unter oder genau bei 2,0 Prozent, zeigt der neue Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.* Insgesamt reichte die Bandbreite der haushaltsspezifischen Inflationsraten von 1,8 bis 2,3 Prozent. Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Inflationswelle im Herbst 2022 waren es 3,1 Prozentpunkte Differenz. Während Haushalte mit niedrigen Einkommen während des akuten Teuerungsschubs der Jahre 2022 und 2023 eine deutlich höhere Inflation schultern mussten als Haushalte mit mehr Einkommen, war ihre Inflationsrate im Februar 2025 wie in den Vormonaten unterdurchschnittlich: Der Warenkorb von Paaren mit Kindern sowie der von Alleinlebenden mit jeweils niedrigen Einkommen verteuerte sich um je 1,8 Prozent. Allerdings waren beide Werte um 0,1 Prozentpunkte höher als im Januar. Das liegt daran, dass der wieder stärkere Preisanstieg bei Nahrungsmitteln sich bei diesen Haushalten stärker auswirkt als bei Haushalten mit höheren Einkommen, weil diese Güter des Grundbedarfs in ihren schmalen Budgets ein relativ hohes Gewicht haben.
Im Jahresverlauf 2025 dürfte sich die Inflationsrate sowohl in Deutschland als auch im Euroraum weiter normalisieren und bei gesamtwirtschaftlich zwei Prozent einpendeln, so die Prognose des IMK. Gleichzeitig schwächelt die Wirtschaft weiterhin. Die von Union und SPD geplanten umfangreichen zusätzlichen Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung werden der Wirtschaftsentwicklung nach Erwartung des IMK zwar wichtige Impulse geben, richtig wirksam werden sie allerdings erst ab dem kommenden Jahr. Daher hält Dr. Silke Tober, IMK-Expertin für Geldpolitik und Autorin des Inflationsmonitors, weitere Leitzinssenkungen durch die EZB für erforderlich, zumal die kürzlich erfolgte Zinssenkung auf 2,5 Prozent durch eine zeitgleich stattfindende quantitative Straffung der Geldpolitik in ihrer Wirkung abgeschwächt wird. „Für eine Pause bei den Zinssenkungen wäre es daher zu früh“, betont Tober. „Es ist an der Zeit, dass Geld- und Fiskalpolitik gemeinsam ein günstiges Umfeld für private Investitionen schaffen, damit die Herausforderungen der kommenden Jahre bewältigt werden und die Realeinkommen steigen können.“
Das IMK berechnet seit Anfang 2022 monatlich spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden (mehr zu den Typen und zur Methode unten). In einer Datenbank liefert der Inflationsmonitor zudem ein erweitertes Datenangebot: Online lassen sich Trends der Inflation für alle sowie für ausgewählte einzelne Haushalte im Zeitverlauf in interaktiven Grafiken abrufen (Link unten).
-Inflation hat sich zwar abgeschwächt – Preisniveau ist aber weiterhin deutlich erhöht-
Die längerfristige Betrachtung illustriert, dass Haushalte mit niedrigem bis mittlerem Einkommen von der starken Teuerung nach dem russischen Überfall auf die Ukraine besonders stark betroffen waren, weil Güter des Grundbedarfs wie Nahrungsmittel und Energie in ihren Warenkörben eine größere Rolle spielen als bei Haushalten mit hohen Einkommen. Diese wirkten lange als die stärksten Preistreiber, zeigt ein längerfristiger Vergleich, den Tober in ihrem neuen Bericht ebenfalls anstellt: Insgesamt lagen die Verbraucherpreise im Februar 2025 um 20,7 Prozent höher als fünf Jahre zuvor. Damit war die Teuerung fast doppelt so stark wie mit der EZB-Zielinflation von kumuliert 10,4 Prozent in diesem Zeitraum vereinbar. Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke verteuerten sich sogar um 34,4 Prozent, Energie war trotz der Preisrückgänge in letzter Zeit um 38,8 Prozent teurer als im Februar 2020. Auf dem Höhepunkt der Inflationswelle im Oktober 2022 betrug die Teuerungsrate für Familien mit niedrigen Einkommen 11 Prozent, die für ärmere Alleinlebende 10,5 Prozent. Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen hatten damals mit 7,9 Prozent die mit Abstand niedrigste Inflationsrate. Erschwerend kommt hinzu, dass Haushalte mit niedrigeren Einkommen wenig finanzielle Polster besitzen und sich die Güter des Grundbedarfs, die sie vor allem nachfragen, kaum ersetzen oder einsparen lassen.
Im Februar 2025 verteuerten sich die spezifischen Warenkörbe von Haushalten mit niedrigen bis mittleren Einkommen hingegen etwas weniger stark als der Durchschnitt, weil zuletzt vor allem die Preise für Dienstleistungen anzogen, die mit steigendem Einkommen stärker nachgefragt werden. Allerdings wurde der Abstand infolge wieder stärker anziehender Nahrungsmittelpreise noch einmal geringfügig kleiner. So folgten im Vergleich der neun Haushaltstypen auf die Familien und Alleinlebenden mit niedrigen Einkommen (je 1,8 Prozent Inflation) die Inflationsraten von Alleinlebenden und Alleinerziehenden mit jeweils mittleren Einkommen (je 1,9 Prozent) sowie die von Paarfamilien mit Kindern und mittleren Einkommen (2,0 Prozent). Um ebenfalls 2,0 Prozent verteuerte sich der Warenkorb von Alleinlebenden mit höheren Einkommen. Am oberen Rand des Vergleichs, aber nicht weit entfernt, lagen Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen (2,3 Prozent) und Familien mit hohen Einkommen (2,1 Prozent), bei denen sich beispielsweise höhere Preise für Gastronomie und Hotelübernachtungen stärker auswirken. Auch die Warenkörbe von Paaren ohne Kinder mit mittleren Einkommen verteuerten sich um 2,1 Prozent (siehe auch die Abbildung in der pdf-Version dieser PM; Link unten).
-Informationen zum Inflationsmonitor-
Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.
Dr. Silke Tober
IMK-Expertin für Geldpolitik
Tel.: 0211-7778-336
E-Mail: Silke-Tober@boeckler.de
Rainer Jung
Leiter Pressestelle
Tel.: 0211-7778-150
E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de
*Silke Tober: IMK Inflationsmonitor: Inflation verharrt im Februar 2025 bei 2,3 %, Kernrate sinkt auf 2,6 %. IMK Policy Brief Nr. 188, März 2025. Download: https://www.boeckler.de/de/faust-detail.htm?produkt=HBS-009087
Die PM mit Abbildung (pdf): https://www.boeckler.de/data/pm_imk_2025_03_20.pdf
Ergebnisse des Inflationsmonitors in interaktiven Grafiken: https://www.imk-boeckler.de/de/imk-inflationsmonitor-51365.htm
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Economics / business administration, Politics, Social studies
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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