Eine schweizweite Langzeitstudie zeigt: In Quartieren mit vielen und sinnvoll angeordneten Bäumen ist das Sterblichkeitsrisiko tiefer als anderswo. Wieso dem so ist, und welche weiteren Faktoren eine Rolle spielen, muss weiter erforscht werden.
Bäume und Parks lockern nicht nur das Erscheinungsbild von urbanen Gebieten auf, sie tragen auch zum Wohlbefinden der Menschen bei. Das hat verschiedene Gründe: Bäume filtern Schadstoffe aus der Luft, spenden Schatten, senken an heissen Tagen die Umgebungstemperatur und animieren Menschen dazu, mehr Zeit im Freien zu verbringen. Viele Regierungen haben sich ehrgeizige Ziele gesetzt, wie viele Bäume sie in den kommenden Jahrzehnten pflanzen wollen – auch als Reaktion auf den Klimawandel und steigende Temperaturen. Doch in dicht bebauten Städten ist der Platz für neue Grünflächen begrenzt. Die entscheidende Frage lautet daher: Wie lassen sich bestehende Flächen optimal mit Bäumen bepflanzen?
Diese Frage beschäftigt sowohl die Forschung als auch die Praxis der Stadtentwicklung, da die Antwort immer auch die konkreten, lokalen Raum- und Klimaverhältnisse berücksichtigen muss. Entsprechend untersuchen auch ETH-Forschende diese Frage nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Asien: Aktuell sind Forschende des Future Cities Lab der ETH Zürich in Singapur und der National University of Singapore (NUS) dieser Frage nachgegangen und dabei auch auf interessante Querbezüge zur Gesundheit der Stadtbewohner:innen gestossen.
Daten von über sechs Millionen Personen analysiert
Zunächst ermittelten die Forschenden mittels hochauflösender Baumkronen-Daten wie die bewaldeten Grünflächen im Umkreis von jeweils 500 Metern um den Wohnort einer Person herum ausgestaltet sind. Dabei erfassten sie nicht nur die Gesamtfläche aller Baumgruppen, sondern eben auch, wie fragmentiert diese Baumkronenflächen sind, wie weit die einzelnen Flächen auseinanderliegen und wie komplex deren geometrische Form ist.
Diese Informationen setzten sie in Bezug zum Sterblichkeitsrisiko der entsprechenden Anwohner:innen – dabei berücksichtigten sie ausschliesslich natürlich bedingte Todesfälle aufgrund von Krankheit und Alter. Die Daten, geliefert vom Bundesamt für Statistik, umfassten Informationen zu mehr als sechs Millionen Erwachsenen über einen Zeitraum von zehn Jahren (2010-2019). Für jede dieser Personen erstellten die Forschenden ein individuelles Profil. Zum Schutz der Privatsphäre wurden die Koordinaten der Wohnorte durch das Bundesamt auf die nächsten 50 Meter gerundet.
Nicht nur die Menge, auch die Anordnung zählt
Die Analyse der Daten zeigt, dass nicht nur die Anzahl der Bäume in Wohngebieten, sondern auch deren räumliche Anordnung mit der Sterblichkeit korreliert. Personen, die in Quartieren mit grossen, zusammenhängenden und gut vernetzten Baumkronenflächen leben, haben laut Studie eine signifikant niedrigere Sterblichkeitswahrscheinlichkeit als jene, deren Umgebung nur wenige, fragmentierte und komplex geformte Baumkronenflächen aufweist. Besonders ausgeprägt ist dieser Zusammenhang in dicht bebauten Stadtgebieten mit schlechter Luftqualität und hohen Temperaturen: Haben solche Gebiete eine sehr vorteilhafte Begrünung, ist die Sterblichkeitsrate signifikant tiefer als in vergleichbaren Gebieten mit schlechter Begrünung.
Die Studie ist ein wichtiger erster Schritt, sie lässt jedoch noch keine kausalen Schlüsse zu, d.h. die Forschenden können noch nicht ganz präzise sagen, inwiefern die Anordnung von Bäumen die Gesundheit der Anwohner:innen beeinflusst. Die Ergebnisse stimmen jedoch mit ähnlichen Studien aus Philadelphia, Teheran und Taipeh überein.
Isolierte bewaldete Grünflächen sollten verbunden werden
Dengkai Chi, Postdoktorandin am Future Cities Lab der ETH und eine der Erstautorinnen der Studie, erklärt: «Zwar können wir noch keinen direkten kausalen Zusammenhang nachweisen, doch selbst wenn wir Faktoren wie Alter, Geschlecht und sozioökonomischen Status berücksichtigen, zeigen die Daten klare Korrelationen. Unsere Ergebnisse deuten darauf, dass nicht nur die Anzahl der Bäume, sondern auch ihre räumliche Verteilung die Gesundheit beeinflussen könnte.»
Die Ergebnisse unterstreichen, dass die sorgfältig überlegte Anordnung von bewaldeten Grünflächen und die gezielte Anpflanzung von Bäumen in der Stadtplanung wichtig ist: «Um das gesundheitliche Potenzial von Bäumen voll auszuschöpfen, sollten Städte nicht nur die Anzahl der Bäume erhöhen, sondern auch darauf achten, dass isolierte Grünflächen miteinander verbunden sind – beispielsweise über baumgesäumte Alleen» sagt Chi.
Die Studie liefert zudem Hinweise darauf, dass kompakte, geometrisch einfache Baumkronenflächen – etwa in Kreis- oder Rechteckform – einen positiveren Effekt auf die Gesundheit haben könnten als unregelmässig geformte, zersplitterte Baumflächen. Eine mögliche Erklärung: Einfach strukturierte Flächen bieten ein grösseres grünes Kerngebiet, fördern die Biodiversität und laden eher zur Nutzung ein.
Weitere Forschung und klare Kennzahlen nötig
«Wir stehen in dieser Forschung noch ganz am Anfang» erklärt Chi. Viele individuelle Einflussfaktoren – etwa Vorerkrankungen, Rauchverhalten oder die tatsächliche Nutzung der Grünflächen – konnten in der vorliegenden Studie nicht berücksichtigt werden. Auch muss noch lange nicht heissen, dass die vorliegenden Ergebnisse, die sich auf Quartierebene beziehen, sich auch auf das ganze Gemeindegebiet übertragen lassen. Erste Hinweise deuten darauf hin, dass auf Stadtebene Grünflächen umso gesundheitsfördernder sein könnten, je gleichmässiger sie innerhalb der Stadt verteilt sind – sodass möglichst alle Bewohner:innen Zugang zu ihnen haben. Um diese Zusammenhänge besser zu verstehen, wollen die Forschenden in weiteren Studien offene Fragen klären.
Mit Blick auf künftige Handlungsempfehlungen für politische Entscheidungsträger:innen und Stadtplaner:innen, müssten die Forschenden ihre Ergebnisse noch besser quantifizieren und konkrete Schwellenwerte definieren, erklärt Chi.
Dr Dengkai Chi, PhD
dengkai.chi@sec.ethz.ch
Chi D, Manoli G, Lin B, Aerts R, Yang J, Hahs A, Richards D, Meili N, Zhu Y, Qiu Y, Wang J, Burlando P, Fatichi S, Tan PY. Residential tree canopy configuration and mortality in 6 million Swiss adults: a longitudinal study. Lancet Planet Health 2025: 9. Doi: Seitehttps://www.thelancet.com/journals/lanplh/article/PIIS2542-5196(25)00022-1/fullt...
https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2025/03/baeume-richtig...
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
Construction / architecture, Environment / ecology, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Research results
German
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