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03/21/2025 09:59

Ein natürlicher Türsteher: Wie Pflanzen Barrieren für gesunde Beziehungen nutzen

Dr. Mia von Scheven Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung

    Forschende des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung, der Universität zu Köln und der Universität Kopenhagen haben ein verborgenes Talent des Caspary-Streifens entdeckt - einer Wurzelstruktur, die vor allem als Pförtner der Pflanze bekannt ist. Wie sich herausstellte, spielt diese natürliche Barriere auch eine Schlüsselrolle dabei, dass Hülsenfrüchte die richtige Menge Stickstoff von ihren bakteriellen Partnern erhalten. Die jetzt in Science veröffentlichten Ergebnisse könnten Forschenden helfen, besser zu verstehen, wie Pflanzen und Mikroben ihre unterirdischen Geschäfte aushandeln.

    Stickstoff: Ein Lieblingssnack der Pflanzen (aber schwer zu bekommen)
    Pflanzen brauchen Stickstoff zum Wachsen, aber sie können ihn nicht einfach aus der Luft holen wie wir Sauerstoff. Wenn der Boden zu wenig davon enthält, müssen die Landwirte ihn düngen - eine teure und ökologisch heikle Lösung, denn überschüssiger Stickstoff kann ins Grundwasser gelangen.
    Doch Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen und Erdnüsse haben einen Trick auf Lager. Sie bilden spezielle Knöllchen, in denen freundliche Bakterien namens Rhizobien leben, die den Stickstoff aus der Luft aufnehmen und in eine pflanzenverfügbare Form umwandeln. Im Gegenzug erhalten die Bakterien Zucker von der Pflanze. Ein klassischer Fall von „eine Hand wäscht die andere“.

    Wurzelknöllchen in Schach halten: Gruppenchat von der Wurzel bis zum Blatt
    Die Knöllchenbildung ist kein Zufall, sondern wird streng reguliert, je nachdem, wie viel Stickstoff im Boden vorhanden ist. Ist zu wenig Stickstoff vorhanden, senden die Wurzeln ein Notsignal (ein Peptid namens CEP1) an die Blätter, wodurch das Gen ‚Too Much Love‘ (TML), welches die Knöllchenbildung blockiert, ausgeschaltet wird. Dadurch kann die Pflanze nun Knöllchen bilden und mehr Stickstoff aufnehmen. Es ist wie ein gut organisierter Gruppenchat, in dem alle über die Stickstoffkrise auf dem Laufenden sind.

    Doch jetzt wird es merkwürdig. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben nun herausgefunden, dass sich der Casparische Streifen (CS), eine wasserdichte Barriere in Pflanzenwurzeln, gleichzeitig mit den Knöllchen entwickelt. Der CS funktioniert normalerweise wie ein VIP-Türsteher und entscheidet, welche Nährstoffe und welches Wasser in das Gefäßsystem der Pflanze gelangen. Die Knöllchen bilden sich allerdings außerhalb dieser Barriere, so dass diese irgendwann Nährstoffe durchlassen müssen.

    Die verborgene Rolle des Türstehers
    Um dies zu untersuchen, haben Tonni Andersen und sein Team die Hülsenfrucht Lotus japonicus untersucht und dabei auf Erkenntnisse zurückgegriffen, die sie bei der nicht-knöllchenbildenden Pflanze Arabidopsis gewonnen hatten. Entfernten sie den CS in den Pflanzen, bildeten sich die Knöllchen unter stickstoffarmen Bedingungen langsamer. Das Problem war jedoch nicht eine undichte Wurzelbarriere, sondern ein Kommunikationsproblem. Die CS-Mutanten hatten Probleme, CEP1 zu produzieren, so dass die Pflanze den Stickstoffmangel nicht richtig registrierte und die Knöllchenbildung verzögerte.

    Wenn Bakterien zu gierig werden
    Noch überraschender war die Entdeckung, dass die Knöllchen selbst eine Mini-Version des Caspary-Streifens enthalten. In den Knöllchen spielt der CS eine entscheidende Rolle bei der Kontrolle des Handels zwischen Pflanze und Bakterien und sorgt dafür, dass der Austausch fair bleibt. Ohne den CS in den Knöllchen, ging diese Kontrolle verloren - die Zucker aus der Pflanze strömten ungehindert hinein und verwandelten die Knöllchen in ein All-you-can-eat-Buffet für die Bakterien. Das Ergebnis - die Bakterien vermehren sich weiter, produzierten aber keine Stickstoffverbindungen mehr, so dass der Pflanze die dringend benötigten Nährstoffe fehlten.

    Seit mehr als einem Jahrhundert ist der Caspary-Streifen als Türsteher der Wurzel bekannt, der kontrolliert, was in die Pflanze gelangt. Diese Studie zeigt jedoch, dass er eine zweite Funktion hat: Er reguliert den empfindlichen Stoffwechsel zwischen Pflanzen und Bakterien.

    „Die Studie liefert neue Erkenntnisse darüber, wie Pflanzen und Mikroben miteinander interagieren, und etabliert ein neues Modellsystem, um zu untersuchen, wie eine vorteilhafte Partnerschaft auf engstem Raum stattfinden kann“, sagt Tonni Grube Andersen.


    Contact for scientific information:

    Tonni Grube Andersen
    Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung
    tandersen@mpipz.mpg.de

    +49 221 5062-317


    Original publication:

    https://www.science.org/doi/10.1126/science.ado8680


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    Die Wurzeln der Lotus japonicus Pflanzen bilden Knöllchen (sichtbar als kugelförmige Strukturen), die Rhizobium-Bakterien beherbergen und so die Stickstofffixierung ermöglichen.
    Die Wurzeln der Lotus japonicus Pflanzen bilden Knöllchen (sichtbar als kugelförmige Strukturen), di ...
    Defeng Shen
    Defeng Shen


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology, Environment / ecology
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Die Wurzeln der Lotus japonicus Pflanzen bilden Knöllchen (sichtbar als kugelförmige Strukturen), die Rhizobium-Bakterien beherbergen und so die Stickstofffixierung ermöglichen.


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