idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
03/26/2025 09:11

Philosophie: Wo Menschen künstliche Assistenten ausnutzen

LMU Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    Eine neue LMU-Studie zeigt: In Japan geht man respektvoller mit Robotern und KI-Helfern um, als im Westen.

    Stellen Sie sich ein automatisiertes Lieferfahrzeug vor, das eine Lieferung von Lebensmitteln zustellt, während Sie spät dran sind zu einem lang ersehnten Abendessen mit Ihren Freunden. An einer belebten Kreuzung kommen Sie beide zur gleichen Zeit an. Bremsen Sie ab, um dem selbstfahrenden Lieferwagen Platz zu machen? Oder erwarten Sie, dass er anhält und Sie vorbeifahren lässt, auch wenn er eigentlich Vorfahrt hat?

    „Da die Technologie des autonomen Fahrens immer mehr zur Realität wird, werden solche alltäglichen Begegnungen in Zukunft bestimmen, wie wir die Welt mit intelligenten Maschinen teilen“, sagt Dr. Jurgis Karpus vom Lehrstuhl für Philosophy of Mind an der LMU. Die Einführung vollautomatischer Autos signalisiere einen Wandel von der bloßen Nutzung intelligenter Maschinen – wie Google Translate oder ChatGPT – hin zur aktiven Interaktion mit ihnen. Der entscheidende Unterschied: Im dichten Verkehr entsprechen unsere Interessen nicht immer denen der selbstfahrenden Autos, denen wir begegnen. Wir müssen mit ihnen interagieren, auch wenn wir sie gerade nicht selbst nutzen.

    Forschende der LMU und der Waseda-Universität in Tokio haben in einer kürzlich im Fachmagazin Scientific Reports veröffentlichten Studie herausgefunden, dass Menschen viel eher dazu neigen, kooperative künstliche Intelligenzen auszunutzen als ähnlich kooperative Mitmenschen. „Wenn man einen Roboter im Verkehr schneidet, verletzt man schließlich nicht dessen Gefühle“, so Karpus, Erstautor der Studie. Dazu nutzte das Team Methoden der klassischen Verhaltensökonomie. Die japanischen und US-amerikanischen Probandinnen und Probanden hatten in verschiedenen spieltheoretischen Experimenten die Wahl: Ihren Mitspieler hintergehen, oder sich kooperativ verhalten? Das Ergebnis: War das Gegenüber kein Mensch, sondern eine Maschine, tendierten die Testpersonen viel eher dazu, egoistisch zu handeln.

    Wie die Ergebnisse der Studie jedoch zeigen, ist unsere Tendenz, eine auf kooperatives Verhalten trainierte Maschine auszunutzen, nicht universell: Menschen in den USA und Europa nutzen Roboter deutlich häufiger aus als Menschen in Japan. Das Forschungsteam vermutet, dass dieser Unterschied auf Schuldgefühle zurückzuführen ist: Im Westen empfinden Menschen Reue, wenn sie einen anderen Menschen hintergehen, aber nicht, wenn sie das bei einer Maschine tun. In Japan hingegen empfinden Menschen gleichermaßen Schuldgefühle – egal, ob sie eine Person oder einen wohlmeinenden Roboter schlecht behandeln.

    Diese kulturellen Unterschiede könnten die Zukunft der Automatisierung beeinflussen. „Wenn Menschen in Japan Roboter mit demselben Respekt behandeln wie Menschen, könnten vollautonome Taxis in Tokio schon lange vor Berlin, London oder New York zum Einsatz kommen“, mutmaßt Jurgis Karpus.


    Contact for scientific information:

    Dr. Jurgis Karpus
    Lehrstuhl für Philosophy of Mind
    Ludwig-Maximilians-Universität München
    E-Mail: Jurgis.Karpus@lmu.de


    Original publication:

    Karpus, J., Shirai, R., Verba, J.T. et al. Human cooperation with artificial agents varies across countries. Scientific Reports 15, 10000 (2025).
    https://doi.org/10.1038/s41598-025-92977-8


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists
    Philosophy / ethics, Psychology, Social studies, Traffic / transport
    transregional, national
    Research results, Scientific conferences
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).