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04/14/2025 13:57

Optische neuronale Netze können durch Akustik an Nichtlinearität gewinnen

Edda Fischer Kommunikation und Marketing
Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts

    Neuronale Netze sind eine typische Struktur, auf der künstliche Intelligenz basieren kann. Die Bezeichnung ›neuronal‹ beschreibt ihre Art der Lernfähigkeit, die die Arbeitsweise von Neuronen unseres Gehirns zu einem gewissen Grad nachahmt. Für ihre Funktionsweise sind Schlüsselkomponenten erforderlich – eine davon ist eine Aktivierungsfunktion, die Nichtlinearität der Struktur hinzufügt. Für die Umsetzung großer optischer neuronaler Netze auf der Basis der Lichtausbreitung hat eine photonische Aktivierungsfunktion wichtige Vorteile.

    Wissenschaftler*innen der Stiller-Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL) und der Leibniz Universität Hannover (LUH) haben nun in Zusammenarbeit mit Dirk Englund vom MIT experimentell eine rein optisch gesteuerte Aktivierungsfunktion präsentiert, die auf Schallwellen basiert. Sie eignet sich für eine Vielzahl von Ansätzen für optische neuronale Netze und ermöglicht den Betrieb in der sogenannten synthetischen Frequenzdimension.

    Künstliche Intelligenz (KI) ist weit verbreitet und darauf ausgelegt, menschliche Fähigkeiten wie Datenanalyse, Textgenerierung und Bilderkennung zu verbessern. Ihre Leistung, beispielsweise in Bezug auf die Geschwindigkeit, hat in vielen Bereichen die des Menschen übertroffen. Aufgaben, die bei ihrer manuellen Ausführung viele Stunden Arbeitszeit beanspruchen würden, können binnen Sekunden erledigt werden.

    Neben anderen Optionen kann KI auf künstlichen neuronalen Netzen basieren, die vom Gehirn inspiriert sind. Ähnlich wie die Neuronen im menschlichen Gehirn sind die Knoten der neuronalen Netze in einer sehr komplexen Struktur miteinander verbunden. Derzeit werden sie am häufigsten durch digitale Verbindungen realisiert. Mit der zunehmenden Erfahrung im Training künstlicher Intelligenz wie z. B. bei großen Sprachmodelle wird offensichtlich, dass der Energieverbrauch enorm ist und in den kommenden Jahren exponentiell ansteigen wird. Daher forschen Wissenschaftler*innen intensiv nach einer Lösung und denken über verschiedene physikalische Systeme nach, die elektronische Systeme bei bestimmten Aufgaben unterstützen oder teilweise ersetzen können. Diese Netzwerke können auf optischen Materialien basieren, aber auch Strukturen von Molekülen, DNA-Strängen und sogar Pilzstrukturen können als Grundlage für solche Netzwerk dienen.

    Optik und Photonik haben viele Vorteile gegenüber herkömmlichen elektronischen Systemen

    Optik und Photonik zeichnen sich durch eine hohe Bandbreite und die Informationscodierung in hochdimensionalen Symbolen aus – beides Faktoren, die unser Kommunikationssystem beschleunigen. Photonische Systeme sind bereits weit entwickelt und ermöglichen oft eine schnelle parallele Verarbeitung sowie die Anbindung an etablierte Systeme. Das Glasfaser-basierte weltweite Internet ist ein Anbindungsbeispiel. Und auch bei einer Erweiterung der Systeme für komplexe Anwendungen bleibt der Energieverbrauch der Photonik gering. Forschungsgruppen nutzen diese Ressourcen und dieses Wissen nun, um optische neuronale Netze auf vielfältige Weise zu realisieren. Zuvor müssen jedoch zahlreiche zentrale Herausforderungen bewältigt werden, beispielsweise die Hochskalierung der photonischen Hardware und die Rekonfigurierbarkeit der neuronalen Netze.

    Erstmals mit Schallwellen mediierte, volloptisch gesteuerte Aktivierungsfunktion demonstriert

    Die Forscher*innen im Stiller Lab arbeiten im Forschungsgebiet der Optoakustik und insbesondere an der Herausforderung der optischen neuronalen Netze, die durch akustische Wellen mediiert werden. Für die Hochskalierung optischer neuronaler Netze haben sie nun eine Aktivierungsfunktion entwickelt, die vollständig optisch gesteuert werden kann. Dabei ist es nicht erforderlich, Informationen von der optischen in die elektronische Domäne zurück zu konvertieren. Diese Entwicklung ist ein bedeutender Schritt für photonisches Rechnen, eine analoge Computing-Alternative, die auf längere Sicht energieeffiziente künstliche Intelligenz verspricht.

    Eine einfache Form eines neuronalen Netzes besteht aus einer gewichteten Summe von Bits der eingehenden Informationen und einer nichtlinearen Aktivierungsfunktion. Die nichtlineare Aktivierungsfunktion ist für Deep-Learning-Modelle unerlässlich, um komplexe Aufgaben zu lösen. In optischen neuronalen Netzen werden diese Teile idealerweise auch im photonischen Bereich umgesetzt. Für die gewichtete Summe – einen Matrixoperator – gibt es bereits eine Vielzahl photonischer Ansätze. Anders sieht es bei der nichtlinearen Aktivierungsfunktion aus, für die es nur wenige experimentell nachgewiesene Ansätze gibt.

    „Das Versprechen, dass optische neuronale Netzwerke eines Tages energieeffizienter sein werden, hängt davon ab, ob wir in der Lage sind, die optische Rechneransätze zu skalieren, und hier wird eine photonische Aktivierungsfunktion vermutlich ein wesentlicher Bestandteil sein“, sagt Birgit Stiller, Leiterin der Forschungsgruppe ›Quanten-Optoakustik‹.

    Eine photonische nichtlineare Aktivierungsfunktion ist das optische Äquivalent der nichtlinearen Aktivierungsfunktionen, die in künstlichen neuronalen Netzen verwendet werden, jedoch mit photonischen Geräten anstelle von Elektronik implementiert werden. Sie führt Nichtlinearität in photonische Rechensysteme ein und ermöglicht rein optische neuronale Netze und optische Beschleuniger für maschinelles Lernen. Beispiele für Aktivierungsfunktionen sind ReLU-, Sigmoid- oder Tanh-Funktionen, die die gewichtete Summe von Eingaben in ein künstliches neuronales Netz umwandeln können.

    Schallwellen als Vermittler für eine effektive photonische Aktivierungsfunktion

    Wissenschaftler*innen der Stiller-Forschungsgruppe am MPL und an der LUH haben nun in Zusammenarbeit mit Dirk Englund vom MIT gezeigt, dass Schallwellen als Vermittler für eine effektive photonische Aktivierungsfunktion dienen können. Die optische Information muss den optischen Bereich nicht verlassen und wird direkt in optischen Fasern oder photonischen Wellenleitern verarbeitet. Durch den Effekt der stimulierten Brillouin-Streuung erfährt die optische Eingangsinformation eine nichtlineare Änderung in Abhängigkeit von der optischen Intensität.

    „Die photonische Aktivierungsfunktion kann auf vielfältige Weise modifiziert werden: Wir zeigen die Umsetzung einer Sigmoid-, ReLU- und quadratischen Funktion, und das Konzept lässt auch exotischere Aktivierungsfunktionen zu, wenn diese für bestimmte Aufgaben benötigt werden“, sagt einer der beiden Erstautoren, Grigorii Slinkov. Der zweite Erstautor Steven Becker fügt hinzu: „Ein interessanter Vorteil ergibt sich aus einer strengen Phasenanpassungsregel bei der stimulierten Brillouin-Streuung: Unterschiedliche optische Frequenzen – für paralleles Rechnen – können einzeln angesprochen werden, was die Rechenleistung des neuronalen Netzwerks verbessern kann.“

    Durch die Integration einer photonischen Aktivierungsfunktion in ein optisches neuronales Netz wird die Bandbreite der optischen Daten beibehalten, eine elektrooptische Umwandlung vermieden und die Kohärenz des Signals erhalten. Die vielseitige Steuerung der nichtlinearen Aktivierungsfunktion mithilfe von Schallwellen ermöglicht die Implementierung des Schemas in bestehende Glasfasersysteme sowie photonische Chips.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Birgit Stiller
    Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts, Erlangen
    Forschungsgruppenleiterin ›Quanten-Optoakustik‹
    https://www.mpl.mpg.de / birgit.stiller@mpl.mpg.de


    Original publication:

    G. Slinkov, S. Becker, D. Englund, and B. Stiller, “All-optical nonlinear activation function based on stimulated Brillouin scattering”, Nanophotonics, 2025.
    DOI: https://www.doi.org/10.1515/nanoph-2024-0513


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    Wie eine bildgebende KI denkt, dass eine optoakustische nichtlineare Aktivierungsfunktion aussehen könnte.
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    Generiert mit Canva.

    Die Forscher*innen im Labor: Steven Becker, Grigorii Slinkov und Birgit Stiller.
    Die Forscher*innen im Labor: Steven Becker, Grigorii Slinkov und Birgit Stiller.
    MPL, Susanne Viezens


    Attachment
    attachment icon Eine schematische Darstellung, wie eine optoakustische Aktivierungsfunktion in einem rein optischen Mehrfrequenz-Neuronalnetzwerk eingesetzt werden kann.

    Criteria of this press release:
    Journalists
    Physics / astronomy
    transregional, national
    Scientific Publications
    German


     

    Wie eine bildgebende KI denkt, dass eine optoakustische nichtlineare Aktivierungsfunktion aussehen könnte.


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    Die Forscher*innen im Labor: Steven Becker, Grigorii Slinkov und Birgit Stiller.


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