Ein Rückschlag für die interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Leitlinienarbeit: Drei Fachgesellschaften haben sich aus der gemeinsam erarbeiteten Nationalen Versorgungsleitlinie „Chronische KHK“ zurückgezogen. Diese Entscheidung kritisiert die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) zusammen mit anderen Fachgesellschaften in einem aktuellen Statement und fordert eine Wiederaufnahme der fachgruppenübergreifenden Arbeit.
Herzkreislauf-Erkrankungen gehören zu den großen Herausforderungen in der medizinischen Versorgung. Umso wichtiger, dass in Diagnostik und Therapie alle Kräfte der beteiligten Fachdisziplinen gebündelt werden. Diese Perspektive spiegelt die Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) „Chronische KHK“ wider, die im August 2024 (Version 7.0) veröffentlicht wurde.
Nun wurde bekannt, dass die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK), die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) und die Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR) die NVL „Chronische KHK“ nicht mehr mittragen wollen. In einem Statement kritisiert die DEGAM, die sich intensiv in die Arbeit an der NVL eingebracht hat, diese Entscheidung und fordert, die gemeinsame Arbeit an dieser wichtigen NVL nicht abreißen zu lassen. Das Statement wird von der Deutschen Röntgengesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin, der Deutschen Gesellschaft für Verhaltensmedizin und Verhaltensmodifikation sowie der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde unterstützt.
„Es ist sehr bedauerlich, dass DGK, DGIM und DGPR entschieden haben, sich nach einem sehr aufwändigen Prozess der NVL-Erstellung aus der Mitherausgeberschaft zurückzuziehen – zumal die genannten Fachgesellschaften sämtliche Empfehlungen der NVL KHK über Jahre mit konsentiert haben. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit wird dadurch empfindlich gestört. Gerade bei der KHK braucht es den Zusammenschluss aller beteiligten Fachgesellschaften“, kommentiert Prof. Martin Scherer, Präsident der DEGAM.
Die drei ausgestiegenen Fachgesellschaften hatten argumentiert, dass die NVL nicht aktueller wissenschaftlicher Evidenz entspreche. Dieser Kritik widerspricht die DEGAM deutlich: „Für alle NVL gelten höchste Qualitätsstandards, alle Empfehlungen müssen mit wissenschaftlicher Evidenz unterlegt sein, um Qualität und Effizienz in der medizinischen Versorgung zu gewährleisten“, ergänzt Dr. Günther Egidi, Mandatsträger für die DEGAM bei der NVL KHK. „So gehen jeder NVL umfangreiche systematische Evidenz-Recherchen und entsprechende Bewertungen voraus. Gerade die interdisziplinäre Perspektive ist bei diesen Bewertungen besonders hilfreich.“
Insofern irritiert der geäußerte Vorwurf, die NVL KHK widerspreche wissenschaftlicher Evidenz. Es erscheint aus der Perspektive der DEGAM unverständlich, dass die genannten Fachgesellschaften ihre Kritik nicht im Rahmen der Arbeit an der NVL eingebracht, sondern stattdessen nach Abschluss des Leitlinienprozesses als öffentliche Stellungnahme formuliert haben. „Dass wissenschaftliche Ergebnisse und Studien unterschiedlich interpretiert werden, liegt in der Natur der Sache. Umso wichtiger ist es, dass wir auch weiterhin den transparenten und ergebnisoffenen Dialog im gemeinsamen Ringen um die bestmögliche Evidenz suchen“, so Martin Scherer abschließend.
Die gemeinsame Stellungnahme der o.a. wissenschaftlichen Fachgesellschaften finden Sie hier: https://www.degam.de/files/inhalt/pdf/positionspapiere_stellungnahmen/positionsp...
Pressekontakt:
Natascha Hövener
DEGAM-Pressesprecherin
Telefon: 030 – 20 966 98 16
E-Mail: hoevener@degam.de
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Schumannstraße 9, 10117 Berlin, http://www.degam.de
Präsident: Prof. Dr. med. Martin Scherer (Hamburg)
Über die DEGAM
Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft. Ihre zentrale Aufgabe ist es, die Allgemeinmedizin als anerkannte wissenschaftliche Disziplin zu fördern und sie als Rückgrat der Patientenversorgung weiterzuentwickeln. Die DEGAM ist Ansprechpartnerin bei allen Fragen zur wissenschaftlichen Entwicklung der Allgemeinmedizin an den Hochschulen, zur Fort- und Weiterbildung sowie zum Qualitätsmanagement. Sie erarbeitet eigene wissenschaftlich fundierte Leitlinien für die hausärztliche Praxis und beteiligt sich auch an interdisziplinären Leitlinien anderer Fachgesellschaften. Die Aktivitäten der Nachwuchsförderung werden überwiegend von der Deutschen Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DESAM) realisiert.
Prof. Dr. med. Martin Scherer, Präsident der DEGAM
E-Mail: m.scherer@uke.de
https://www.degam.de/files/inhalt/pdf/positionspapiere_stellungnahmen/positionsp... - gemeinsame Stellungnahme von DEGAM und unterstützenden Fachgesellschaften
Gerade Herz-Kreislauf-Erkrankungen bedürfen der intensiven fachgruppenübergreifenden Zusammenarbeit
Sargis Zubov
iStock / Sargis Zubov
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, Students, all interested persons
Medicine
transregional, national
Science policy, Transfer of Science or Research
German
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